Toy Story 3 Filmkritik

Wohin wir Menschen gehen, wenn uns das Leben nicht mehr lieb hat, steht in den Sternen. Was mit aussortiertem Spielzeug geschieht, ist hingegen klar: Es landet auf dem Dachboden oder in der Kindertagesstätte! Das jedenfalls ist die Prämisse von „Toy Story 3“, dem jüngsten Streich der erfolgsverwöhnten Pixar Animation Studios. Natürlich lässt sich jene Sensation aus dem Jahr 1995 nicht mehr wiederholen, als „Toy Story“ der erste komplett computeranimierte Trickfilm in den Kinos war. Auch wenn noch rasch auf den fahrenden 3D-Zug aufgesprungen wurde: „Toy Story 3“ setzt auf die alten Stärken: Perfekte Animation und vor allem liebenswerte Charaktere.

Ob dies allerdings genügt, um das Publikum im Jahr 2010 noch zu überzeugen? Wir werden sehen und lesen! Exklusiv in dieser 2D-Kritik.

Der Plüschbär, der mich liebte
Schlimme Zeiten für Cowboy Woody (Originalstimme: Tom Hanks), Buzz Lightyear (Originalstimme: Tim Allen) und ihre Spielzeugfreunde: Andy ist endgültig erwachsen geworden und zieht von zu Hause aus, um aufs College zu gehen. Woody & Co sollen deshalb auf dem Dachboden verstaut werden. Durch einen dummen Zufall gelangen diese jedoch in die Mülltonne, aus der sie sich in letzter Sekunde befreien können, ehe sie in der Müllpresse in ihre Einzelteile zerlegt werden würden.

Copyright: ©Disney/Pixar. All Rights Reserved.
Enttäuscht glauben Woodys Freunde, Andy hätte sie absichtlich in den Abfall befördert. Umso glücklicher sind sie, als sie in der Kindertagesstätte „Sunnyside“ landen. Dort treffen sie auf anderes Spielzeug wie dem nach Erdbeeren riechenden Plüschbären Lotso oder Ken, das männliche Gegenstück zu Barbie. Der freundliche Ersteindruck täuscht jedoch: Woody, Buzz und ihre Freunde werden vom alteingesessenen Spielzeug absichtlich in eine äußerst wüst agierende Kindergruppe gelotst. Erst jetzt zeigt der liebenswert wirkende Lotso sein wahres Gesicht: Dieser herrscht mit strenger Hand über sämtliches Spielzeug in der Tagesstätte und kennt keinerlei Skrupel, den Status Quo zu bewahren. Nach einem Ausbruchversuch gelingt es Lotso sogar, Buzz zum Verbündeten zu machen, der gegen seine eigenen Freunde vorgeht …

Aufstand im Spielzeugland
Dritter Teil einer Erfolgsserie – das klingt natürlich nach kalkulierter Vorsicht, wie sie in Hollywood von Jahr zu Jahr immer stärker betrieben wird. Da wird entweder ein Sequel nach dem nächsten auf die Leinwand geklatscht, bis sich kein müder Cent mehr rausquetschen lässt, Klassiker werden einem Remake unterzogen oder Literaturbestseller verfilmt. Oberflächlich betrachtet ist „Toy Story 3“ nur die logische Konsequenz einer solchen Risikovermeidung: Die ersten beiden Teile spielten über eine Milliarde Dollar ein und zählen bis heute zu den erfolgreichsten computeranimierten Filmen überhaupt. Was kann da schon aus finanzieller Sicht schief laufen? Kaum etwas, zumal man sich um das im Besitz des Disney-Konzerns befindliche Pixar Studio keine großen Sorgen machen muss.

Erfreulicherweise beweist das immer noch höchst innovative Studio trotzdem Mut zum Risiko und wärmt nicht einfach die Vorgängerfilme neu auf, sondern erzählt eine clever inszenierte Story mit Witz und Tiefgang. Wie schon in „Oben“ wird der Alterungsprozess in den Mittelpunkt des Filmes gestellt. Denn während Woody & Co äußerlich niemals altern, gehen die Spuren der Zeit an den Kindern nicht vorbei. Aus diesen werden, wie eben Andy, junge Erwachsene, deren Interessen sich rasch ändern, womit das Spielzeug ausgemustert wird.

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Was folgt, ist eine reichlich fiese, wie auch hintergründige Satire auf Generationenprobleme: Wohin mit dem „alten“ Spielzeug? Die Kinder der Tagesstätte wissen damit kaum etwas anzufangen, was für Woody und seine Freunde mit der Einäscherung in der Müllverbrennungsanlage zu enden droht. In diesem Spielzeugland ist nur auf den ersten Blick alles Eitel Wonne. Schon nach kurzer Zeit kristallisiert sich der methodische Wahnsinn in „Sunnyside“ – ein Euphemismus, der eines Pensionistenheimes würdig wäre – heraus. Der auf einem Krückstock gehende Plüschbär Lotso ist in Wahrheit ein fieser Tyrann und Meister der Manipulation. Seine „alten Tage“ verbringt er auf Kosten ahnungslosen, neuen Spielzeugs in beschaulicher Ruhe. Um diesen Zustand zu erhalten, hat er ein perfides Überwachungsnetz aufgebaut.

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Flotter Dreier
Bis es zum Aufstand gegen Lotsos Schreckensregime kommt, dauert es somit eine ganze Weile, die mit einer Reihe netter Gags gefüllt wird. Wie in jedem Sequel werden neue Charaktere eingeführt, unter denen ausgerechnet die Puppe Ken heraussticht, die man bislang nur als grinsenden Schönling an Kultpuppe Barbies Seite kannte. In „Toy Story 3“ zeigen sich dessen für die meisten Lacher sorgenden Abgründe.

Obligatorisch sind die vielen Anspielungen auf Pixar-Produktionen oder Referenzen an andere Filme, etwa „Chucky“ oder zahlreiche Streifen, in denen eine erfolgreiche Flucht aus dem Gefängnis oder einem Straflager im Mittelpunkt steht. Besonders ironisch ist die Besetzung eines Spielzeugaffen als wachsames Auge an von Kameras überwachten Monitoren.

Freilich: Die Gag-Dichte ist weniger hoch wie in so manchem Konkurrenzprodukt. Denn „Pixar“ setzt traditionell auf das Erzählen emotional mitreißender Geschichten. Um eine solche handelt es sich bei „Toy Story 3“ definitiv. Es ist schon erstaunlich, wie sich hinter all dem betriebenen Aufwand an Bits & Bytes dennoch eine herzerwärmend rührende Geschichte verbirgt. Ohne zu viel verraten zu wollen: Eventuell wurden die Weichen für eine weitere Fortsetzung gelegt.

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Auf jeden Fall stimmt das Verhältnis zwischen Witz und Herz erneut, was die„Toy Story“-Reihe, aber natürlich auch „Wall-E“ oder „Oben“, von „Ice Age 3“ oder „Shrek 4“ trennt. In letztgenannten Produkten bekommt der Zuschauer lediglich eine Slapstick-Nummernrevue geboten. Pixar stellt hingegen immer noch das erzählerische Element ins Zentrum des Geschehens. Deshalb erweist sich „Toy Story 3“ wiederum als Film für die ganze Familie.

Fazit: Perfekt animiert, ausgewogene Mischung aus Gags und ernsthaften Szenen.


Sprecher

  • Tom Hanks … Woody (Originalstimme)
  • Tim Allen … Buzz Lightyear (Originalstimme)
  • Joan Cusack … Jessie (Originalstimme)
  • Ned Beatty … Lotso (Originalstimme)
  • Don Rickles … Mr. Potato Head (Originalstimme)
  • Estelle Harris … Mrs. Potato Head (Originalstimme)
  • Michael Keaton … Ken (Originalstimme)
  • Wallace Shawn … Rex (Originalstimme)
  • John Ratzenberger … Hamm (Originalstimme)
  • John Morris … Andy (Originalstimme)
  • Jodi Benson … Barbie (Originalstimme)
  • Emily Hahn … Bonnie (Originalstimme)
  • Laurie Metcalf … Andys Mutter (Originalstimme)
  • Blake Clark … Slinky Dog (Originalstimme)
  • Teddy Newton … Spielzeugtelefon (Originalstimme)
  • Bud Luckey … Chuckles (Originalstimme)

Regie
Lee Unkrich

Produktionsland, Jahr
USA, 2010

Toy Story 3 Trailer

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