Wall-E – Der letzte räumt die Erde auf

Wall-E Der letzte räumt die Erde aufRoboter sind zwar untrennbar mit dem Science-Fiction-Genre verbunden, doch reicht die Faszination gegenüber künstlich geschaffenen Wesen, die dem Menschen dienen, Jahrhunderte weit zurück. Kein Wunder also, dass sich Hollywood seit jeher dieser Thematik angenommen und sie mal romantisiert-naiv, mal extrem düster, wie etwa in den „Terminator“-Filmen, aufgegriffen und verarbeitet hat. In „Wall-E – Der letzte räumt die Erde auf“ wird die Thematik mit viel Humor und einer familiengerechten Verpackung präsentiert. Es folgt die ausführliche Film-Rezension…

Das mittlerweile dem Disney-Imperium einverleibte Pixar-Studio stellt mit „Wall-E“ nicht zum ersten Mal Roboter ins Zentrum des Geschehens. Ein gewagtes Unternehmen, denn drei Jahre zuvor, nämlich 2005, konnte das von Fox produzierte„Robots“ weder Zuschauer, noch Kritiker überzeugen und erwies sich als ziemlicher Fehlschlag.
Ob es Pixar mit „Wall-E“ besser macht, wollen wir im Folgenden ergründen.

Piep, piep, piep, ich hab’ dich lieb!
In ferner Zukunft ist die Erde eine einzige, menschenleere Müllhalde. Einzig und allein der Roboter Wall-E ist damit beschäftigt, die gigantischen Abfallhaufen in Würfel zu pressen und zu stapeln. Im Laufe der vielen hundert Jahre seiner monotonen Existenz hat er eine eigene Persönlichkeit entwickelt, was sich etwa in seinem Sammelzwang äußert oder seiner Vorliebe für das Musical „Hello, Dolly!“. Gesellschaft leistet ihm eine vorwitzige Kakerlake.
Wie aus heiterem Himmel erscheint der feminine Roboter Eve, in den sich Wall-E Stahl über Motherboard verliebt. Doch die Romanze nimmt ein unvermitteltes Ende, als ein riesiges Raumschiff Eve aufliest und sie für immer Wall-E zu entreißen droht. Aber der putzige Roboter denkt gar nicht daran, seine Liebe einfach so aufzugeben und reist als blinder Passagier an Bord des Raumfrachters mit.
Der Beginn eines aufregenden Abenteuers – nicht nur für Wall-E, sondern für die gesamte Menschheit …

Auch Roboter haben Gefühle
Was dem auch nur halbwegs filmbeschlagenen Betrachter sofort auffällt, ist natürlich die optische Verwandtschaft des Protagonisten Wall-E mit R2-D2 aus „Star Wars“ sowie dem Roboter aus „Nummer 5 gibt nicht auf!“. Geschickt wird auf das bekannte Kindchen-Schema gesetzt, um dem Zuschauer Wall-E sofort ins Herz schließen zu lassen: Die riesigen Augen und die etwas tollpatschige Art des kleinen Roboters entlocken so manchem Zuschauer spontan ein „Süß!“.

Im Gegensatz dazu wird bei Eves Design auf die weibliche Verführungskraft gesetzt: Eve ist ästhetisch „wie aus einem Guss“ gefertigt, bewegt sich grazil und erinnert wohl nicht zufälligerweise an einen iPod.

Das eigentliche Erfolgsgeheimnis Pixars verbirgt sich aber im emotionalen Zugang zur Handlung: Anders als etwa bei „Robots“, sind die technisch perfekten Animationen kein reiner Selbstzweck, sondern stellen eine direkte Verbindung zum Betrachter her. Bereits nach wenigen Minuten Laufzeit erzeugt Wall-E ein Gefühl der Vertrautheit. Die Charakterisierung des putzigen Roboters kommt dabei ohne eine einzige Dialogzeile aus.

Die obligatorische „Love-Story“, die nicht aufgesetzt wirkt, sondern für den Fortgang der Handlung entscheidend ist, wird in wunderbaren, metaphorischen Bildern eindringlich veranschaulicht. Trotz des düsteren Szenarios – die Erde ist ein öder, zugemüllter Planet – versteht es „Wall-E“ meisterhaft, die romantischen Gefühle des Protagonisten unmittelbar zu vermitteln.

Zwei Filme in einem
Die technische Brillanz – anderes ist man von Pixar ohnehin nicht gewohnt – und die emotionale Tiefe können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Wall-E“ den Eindruck hinterlässt, zwei Kurzfilme wären notdürftig zu einem abendfüllenden Film zusammengeflickt worden.
Während das melancholische erste Drittel ohne Dialoge auskommt und sich Zeit für die Charakterisierung der Protagonisten nimmt, wirken große Teile des weiteren Filmes überhastet und geradezu hektisch. Der Übergang vom gemächlichen Alltagstrott eines Roboters zu einem handfesten Science-Fiction-Film, verläuft weder geschmeidig, noch subtil. Gerade für jüngere Zuschauer könnte dies überfordernd wirken.

Satire mit dem Holzhammer
Einen weiteren Kritikpunkt stellen die überreichlich servierten satirischen Handlungsbögen dar. Die dem Müllplaneten Erde entflohenen Menschen fristen ein paradiesisches Leben an Bord eines gigantischen Raumschiffs. Jeder Wunsch wird ihnen von den Lippen abgelesen, niemand ist mehr zur Arbeit gezwungen, die verweichlichten, aufgedunsenen Leiber werden auf schwebenden Stühlen transportiert.

Der gewiss gut gemeinte konsumkritische Ansatz hakt an der Umsetzung: Da die Menschen als kindlich-naive Gemüter ohne jeglichen Eigenantrieb dargestellt werden, fällt die Satire zu schwach aus, um Wirkung zu entfalten. Keiner dieser Menschen trägt an der Verschandelung der Erde Schuld, genau so wenig wie an der eigenen Unmündigkeit und Verfettung.
Eine etwas differenziertere Umsetzung der Kritik an Konsumwahn und freiwilliger Entmündigung hätte dem Film bestimmt nicht geschadet.
Vielleicht handelt es sich dabei um einen Kompromiss an die jugendliche Klientel, die mit diesen Themen möglicherweise etwas überfordert gewesen wäre.

Kein Müll, sondern gute Unterhaltung!
Alles in allem bietet „Wall-E“ hervorragende Unterhaltung, ohne jedoch einen neuen Meilenstein setzen zu können. Dafür sind weite Teile des Plots einfach zu hektisch und simpel abgehandelt und die satirischen Spitzen nicht scharf genug, sodass oftmals ein schaler Nachgeschmack den optischen Genuss trübt.
Ganz junge Zuschauer könnten sich vor allem im ersten Drittel des Filmes langweilen, sodass „Wall-E“ trotz des „Disney“-Labels nicht unbedingt ein typischer Film für die ganze Familie ist, sondern sich eher an ein reiferes Publikum wendet.
Science-Fiction-Fans werden sich übrigens an den vielen Anspielungen, vor allem auf Kubricks „2001“, aber auch etwa auf „Silent Running“, erfreuen.

Wer kein überragendes Meisterwerk, sondern beste Pixar-Unterhaltung sucht, kann mit „Wall-E“ nichts falsch machen.

Regie
Andrew Stanton

Produktionsland, Jahr
USA, 2008

Wall-E Trailer

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