Der Soldat James Ryan (Originaltitel Saving Private Ryan) ist ein mehrfach preisgekrönter US-amerikanischer Kriegsfilm. Die Regie führte Steven Spielberg, das Drehbuch schrieb Robert Rodat und in der Besetzung sind unter anderem Tom Hanks (Hauptrolle), Vin Diesel oder aber auch Matt Damon zu sehen. Alles Voraussetzungen für einen riesen Erfolg, den der Film und deren Macher auch feiern durfte. Doch ist dies gerechtfertigt? Dazu mehr in der ausführlichen Filmkritik
Der Zweite Weltkrieg ist eines der dankbarsten Themen aus Hollywood-Sicht: Filme die sich dieses Sujets bedienen, werden zumindest in den USA zu sicheren Blockbustern, ob sie es verdienen oder nicht.
Dies darf nicht Wunder nehmen: Im Bewusstsein der Amis stellt der Zweite Weltkrieg einen durch und durch gerechten Krieg dar, den die Amis glanzvoll gewannen und ihnen die Dankbarkeit der Menschheit auf ewig sichern sollte.
Dass dem nicht so war und die Rolle Amerikas mehr als fragwürdig scheint (so wurde Hitler finanziell anfangs unterstützt und ihm freie Bahn in Europa gewährt; der Kriegseintritt Amerikas erfolgte viel zu spät, nämlich in einer Phase, als der Krieg längst entschieden war – aus amerikanischer Sicht verständlich, doch muss die Frage erlaubt sein, warum man dem Blutvergießen nicht viel eher Einhalt geboten hatte; zudem ist die Mär, man habe die Rote Armee mit Waffen beliefert und somit ihren Erfolg gewährleistet an den Haaren herbeigezogen – aus amerikanischer Sicht war das zähe Ringen der beiden Mächte denkbar günstig) wird kaum erwähnt.
Zu beruhigend ist die Gewissheit, sich als Vertreter einer moralisch überlegenen Nation fühlen zu können.
Steven Spielberg, lange Jahre Garant unterhaltsamer, harmloser Popcorn-Filmchen, entdeckte Anfang der 1990er Jahre seine jüdischen Wurzeln und schuf mit Schindlers Liste den wohl besten Film über den Holocaust überhaupt. Völlig zu Recht erhielt er dafür mehrere Oscars.
Wenige Jahre später nahm er sich des Zweiten Weltkriegs erneut an, diesmal aus Soldaten-Sicht, und scheiterte völlig. Dennoch erhielt Der Soldat James Ryan durchwegs hymnisches Lob sowie erneut mehrere Oscars.
Ein amerikanischer Soldatenfriedhof, Gegenwart: Der Kriegsveteran James Ryan erinnert sich am Grabe des im Krieg gefallen Captain John Miller (Tom Hanks) an die Kriegstage.
Rückblende, 1944, Normandie: Die US Army bereitet die Erstürmung der Normandie-Küste vor, um einen Brückenkopf zu bilden, von dem aus die Wehrmacht zurückgedrängt werden soll. Captain John Miller hat dabei eine heikle Mission zu erfüllen: Er soll einen vermisst gemeldeten Soldaten namens James Ryan aufspüren und sicher nach Hause bringen.
Der Hintergrund: Die Familie Ryan hat von ihren vier Söhnen, die sie in den Krieg ziehen ließ, bereits drei verloren. Die Militärs halten es deshalb für eine gute Idee, zumindest den vierten Sohn aus Propagandazwecken zu retten – auch, wenn dies den Tod anderer Soldaten nach sich ziehen sollte.
Nach erfolgter Erstürmung des Küstenstreifens macht sich Captain John Miller mit seiner Truppe auf, den Vermissten zu suchen.
Die ersten 20 Minuten des Filmes sind in ihrer Brutalität – dutzende amerikanische Soldaten werden im Kugelhagel der Deutschen zerfetzt – tatsächlich beklemmend. Danach folgt ein konventioneller Kriegsfilme: Gute American Boys retten ein paar Franzosen und killen nebenher gesichtslose Krauts.
Emotional ist der Film einerseits überfrachtet durch teilweise unerträglichen Pathos (der Film beginnt so, wie er endet: Mit einer Großaufnahme des Sternenbanners), andererseits eine trostlose Nullnummer. Weder zu den US-Helden, noch gar zu den Deutschen stellt sich emotionale Nähe her. Die Charakterisierungen sind schwach – Profil haben allenfalls die Jeep-Reifen.
Wenn Captain John Miller erklärt, er wisse nichts von diesem James Ryan und er sei ihm im Grunde auch egal, kann man ihm nur beipflichten.
Worin sich diese Kriegsschmonzette von gleichartigen, wenngleich nicht mit Preisen überhäuften Kriegsfilmen unterscheiden soll, hat sich mir jedenfalls nicht erschlossen. Völlig unkritisch erzählt der Film aus der Perspektive eines zwar etwas zynischen, letztendlich aber natürlich heroischen Soldaten, der sein Leben gibt, um das eines anderen zu retten.
Alles andere ist Staffage und wird fein säuberlich Punkt für Punkt abgehakt: Hier die Befreiung eines französischen Städtchens, da ein kleiner zwischenmenschlicher Konflikt, hier ein Scharmützel mit hinterhältigen Krauts, dort ein paar schwülstige Dialoge.
Der Soldat James Ryan ist gediegene Durchschnittsware, keinesfalls mehr. Hätte nicht Steven Spielberg Regie geführt und Tom Hanks die Rolle des Captain John Miller übernommen, wäre er vermutlich kaum dermaßen überschwänglich gefeiert worden.
Kritik an dieser Geschichtsstunde darf natürlich nicht geübt werden, und wenn, dann bezieht sie sich auf letztendlich völlig belanglose, inkorrekte Waffensysteme (die deutschen Panzer sollen angeblich eher russischen geähnelt haben, was nur den wenigsten aufgefallen sein dürfte) anstatt etwa darauf, dass bei der Erstürmung der Normandie die erste Angriffswelle vorwiegend aus Schwarzen bestand – im Film sind jedoch sämtliche Soldaten gestandene Weiße… Und dagegen regt sich kein Protest?
Auch nicht dagegen, dass die Deutschen mal wieder völlig entmenschlichte Schießbudenfiguren sind, die man ruhigen Gewissens abknallen kann, als befände man sich in einem alten Western, wo Indianer blutrünstige Unmenschen waren?
Nein, dagegen regt sich kein Protest. Vielmehr wird höchstens bemängelt, dass James Ryan am D-Day gar nicht teilgenommen hatte und somit die Rückblende angeblich falsch montiert sei. Unsinn! An welcher Stelle wird denn behauptet, er krame in seinen Erinnerungen an diesen Tag?
Mitunter frage ich mich, wo die Damen und Herren Kritiker ihre Augen und ihren Verstand eigentlich haben. Interessant finde ich, dass dieses verlogene Machwerk gerade in deutschen Landen Beifall erhält, während ein grandioser (Anti-)Kriegsfilm wie Apocalypse Now teilweise heftigen Widerstand erntet.
Darsteller
- Tom Hanks
- Tom Sizemore
- Edward Burns
Regie
Steven Spielberg
Produktionsland, Jahr
USA, 1998
Der Soldat James Ryan Trailer