Mit der Historie spielt man nicht! Diese Lektion wollten überstrenge Kritiker dereinst Zack Snyder erteilen, als er mit „300“ die legendäre Schlacht bei den Thermopylen zwischen den Spartanern und den Persern thematisierte und ironisch verzerrte. Dem Publikum war es egal: „300“ war einer der größten Filmhits 2007. Nach dem Flop „Watchmen“ suchte Snyder eine neue Herausforderung und fand sie in der Verfilmung der „Die Legende der Wächter“-Reihe von Kathryn Lasky. Auch die Einspielergebnisse seines neuen Films waren nicht gerade ermutigend. Zu ergründen, woran dies liegen könnte, ist natürlich Aufgabe des legendären Filmkritikers, dessen Rezensionen zu lesen eure Bestimmung ist!
Wenn Legenden wahr werden
Der Eulenjunge Soren (Originalstimme: Jim Sturgess) liebt es, die Legende vom Sieg der Wächter von Ga’Hoole unter Führung des tapferen Lyze über die dunklen Mächte nachzuspielen. Seinen Bruder Kludd (Originalstimme: Ryan Kwanten) nervt Sorens Besessenheit von dieser Legende, während deren kleine Schwester Eglantine (Originalstimme: Adrienne DeFaria) Sorens Leidenschaft teilt. Noch sind die drei Geschwister zu jung und unerfahren, um das elterliche Nest zu verlassen. Als ihre Eltern auf nächtlichen Beutezug gehen, respektive fliegen, unterläuft dem Brüderpaar ein verhängnisvolles Missgeschick: Beim Spielen fallen sie vom Baum und werden sogleich von einem Raubtier angegriffen.
Wie durch ein Wunder werden die Beiden von ihnen fremden Eulen gerettet. Diese meinen es jedoch nicht allzu gut mit ihnen und bringen sie ins Reich der Reinsten, wo Königin Nyra (Originalstimme: Helen Mirren) mit eiserner Faust herrscht. Dort müssen sie Sklavenarbeit verrichten, um die so genannten „Tupfen“ zu finden, winzige Diamanten mit einer magischen Energie, die sich der grausame Eisenschnabel (Originalstimme: Joel Edgerton) zunutze machen möchte, um sämtliche Eulenreiche unter seiner Herrschaft zu erobern.
Soren gelingt die Flucht an der Seite der Wüsteneule Gylfie (Originalstimme: Emily Barclay) und mit vereinten Kräften schaffen sie es, das sagenumwobene Ga’Hoole zu finden. Zur Enttäuschung Sorens nehmen die weisen Wächter seine Warnungen nicht ernst. Bis die Kunde von Eisenschnabels wahnsinnigen Plänen den Wächterrat erreicht. Zu allem Überfluss muss Soren auch noch feststellen, dass sein inzwischen der dunklen Macht verfallener Bruder Kludd Eglantine entführt und dem Sklavenheer einverleibt hat …
Same procedure as every fantasy flick
„Die Legende der Wächter“ basiert wie eingangs erwähnt auf der gleichnamigen Buchreihe. Und hierin liegt bereits das größte Problem des Films. Während etwa Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie auch ohne Vorkenntnisse zumindest halbwegs verständlich bleibt, dürfte Zack Snyders Fantasy-Beitrag bei jenen Zuschauern, die mit „Die Legende der Wächter“ nicht vertraut sind, ein ums andere Mal Stirnrunzeln hervorrufen.
Sicher: Es ist nur ein Film über sprechende Eulen, die eiserne Masken tragen, die Kunst des Töpferns beherrschen und zur besseren Unterscheidung zwischen Gut und Böse rote Augen aufweisen, sobald sie zu den ganz, ganz Bösen gehören. Zudem ist der Basisplot von ausgesuchter Belanglosigkeit: Die Guten müssen gegen die Bösen zu Felde ziehen. Mittendrin zwischen den Fronten: Ein unscheinbarer Junge, der plötzlich über sich hinauswächst und die Guten rettet. So weit, so banal und altbekannt. Allerdings knallt einem Snyder jede Menge seltsamer Namen und Legenden vor den Latz, was schon nach wenigen Minuten zu völliger Verwirrung führt. Da wimmelt es vor merkwürdigen Fantasynamen wie Eglantine, Kludd (ein Verwandter von Klaatu?) und Gylfie, die das magische Ga’Hoole suchen, das hinter dem Hoolemeer liegen soll. Keinesfalls sollte man sich dabei mit den Tyto-Eulen anlegen, die sich als „die Reinsten“ ansehen, im Gegensatz zu den Wächtern.
Bei einem Buch kann man wenigstens zurückblättern und nachlesen. Ein Film erschwert die Verständnissuche doch erheblich. Dieses Problem durchzieht den Streifen wie ein Roter Faden: Wie der Verrat eines vorgeblich Guten durchschaut wird erschließt sich ebenso wenig, wie das Zusammenwirken der unterschiedlichen Tiergattungen. Da arbeitet eine Schlange als Eulen-Nanny, während Mäuse nur Beutevieh sind und Fledermäuse für die Bösen die Drecksarbeit machen. Interessant ist einmal mehr die Aufteilung in sprechende und nicht sprechende Tiere. Fledermäuse verfügen in dieser Fantasywelt über keine Sprache und sind deshalb offenbar per se böse und dürfen ruhig in rauen Massen abgeschlachtet werden.
Wo Eulen alberne Masken tragen
Apropos Schlacht: Ausgerechnet die Kampfszenen erweisen sich als unfreiwillig komisches Element. Vermutlich liegt es in der Natur der Natur, dass einander bekämpfende Vögel albern wirken. Ebenso albern, wie die Maske des eulen’schen Darth Vader, Eisenschnabel. Der Legende nach wurde sein Gesicht verstümmelt, weshalb er eine Maske trägt. Wer sich einen Blick auf seine angebliche Hässlichkeit erhofft, wird enttäuscht. Vielleicht fiel die entsprechende Szene ja der Schere der weisen FSK zum Opfer. Um eine möglichst niedrige Einstufung zu erlangen, musste das Werk um mehrere Minuten gekürzt werden.
Visuell ist das Ganze natürlich perfekt gemacht, wie man es von einem sündteuren CGI-Film mittlerweile erwarten darf. Kein Ruckeln, photorealistisch, geschmeidige Übergänge. Alles perfekt. Bis auf die 3D-Umsetzung. Wie auch beispielsweise beim Remake von „Kampf der Titanen“ wirken die Effekte mitunter unscharf, oftmals wie bei einem Klappbuch. Das ist zwar um Längen besser als die grausigen 3D-Zumutungen früherer Jahrzehnte. Mit Ausnahme von „Avatar“ erscheint 3D aber immer noch als Mogelpackung, um höhere Eintrittspreise verlangen zu können.
Natürlich können aber auch die tollen Animationen nicht über die langweilige Story hinwegtäuschen, die für Kinder spannend und aufregend wirken mag, älteren Generationen aber schwer im Magen lieben dürfte, eingedenk des infantilen Humors. Von Charakterisierungen der Figuren kann ohnehin keine Rede sein. Da wird zwar für jede Nebensächlichkeit viel Zeit aufgewendet, doch wenn es darum geht Motivationen verständlich zu machen oder wenigstens simple Erklärungen zu liefern, ist kreativer Stillstand angesagt.
Fazit: Technisch beeindruckend, storymäßig bedrückend. „Die Legende der Wächter“ richtet sich an ein sehr junges Zielpublikum sowie Fantasy-Fans, die gar nicht oft genug ein und dieselbe Story präsentiert bekommen können.
Sprecher
- Emily Barclay … Gylfie (Originalstimme)
- Abbie Cornish … Otulissa (Originalstimme)
- Jim Sturgess … Soren (Originalstimme)
- Essie Davis … Marella (Originalstimme)
- Adrienne DeFaria … Eglantine (Originalstimme)
- Joel Edgerton … Eisenschnabel (Originalstimme)
- Deborra-Lee Furness … Barran (Originalstimme)
- Sacha Horler … Strix Struma (Originalstimme)
- Bill Hunter … Bubo (Originalstimme)
- Ryan Kwanten … Kludd (Originalstimme)
- Anthony LaPaglia … Twilight (Originalstimme)
- Miriam Margolyes … Mrs. Plithiver (Originalstimme)
- Helen Mirren … Nyra (Originalstimme)
- Sam Neill … Allomere (Originalstimme)
- Barry Otto … Echidna (Originalstimme)
- Richard Roxburgh … Boron (Originalstimme)
- Geoffrey Rush … Ezylryb (Originalstimme)
- Angus Sampson … Jutt (Originalstimme)
- Hugo Weaving … Noctus / Grimble (Originalstimme)
- David Wenham … Digger (Originalstimme)
- Leigh Whannell … Jatt (Originalstimme)
- Gareth Young … Pete (Originalstimme)
Regie
Zack Snyer
Produktionsland, Jahr
USA/Australien, 2010
Die Legende der Wächter Trailer