Sucker Punch Filmkritik

Sucker PunchComicverfilmungen machten Zack Snyder zu einem der begehrtesten und erfolgreichsten Hollywood-Regisseure. Vor allem sein Heldenepos „300“ katapultierte ihn an die Spitze der Crème de la Crème der Traumfabrik und ließ ihm bei der Auswahl seiner nächsten Projekte freie Hand. Nach dem kommerziell enttäuschenden „Legende der Wächter“ möchte der in Wisconsin geborene US-Amerikaner zurück auf die Erfolgsspur finden. „Sucker Punch“ heißt sein ziemlich eindeutig betitelter neuer Film, dessen Trailer bereits die Richtung vorgab: Action, schöne Darsteller und natürlich surreale Bilderwelten. Ob der Film auch inhaltlich überzeugen kann, erfahrt ihr in dieser umwerfenden Rezension!

Hello, Dolly!
USA in den konservativen 1960er-Jahren. Babydoll (Emily Browning) und ihre jüngere Schwester zittern vor dem tyrannischen Stiefvater (Gerard Plunkett), der über den Tod seiner Frau keine Träne vergießt. Dummerweise hat ihm Babydolls Mutter keinen Cent hinterlassen und den gesamten irdischen Besitz ihren Töchtern vermacht. Wutentbrannt rächt sich der Mann auf perfide Weise: Er missbraucht Babydoll und ihre Schwester! Dabei geht er jedoch zu weit und tötet die Jüngere der beiden. Den Mord schiebt er Babydoll in die Schuhe, die deshalb in ein Irrenhaus eingeliefert wird, wo sie einer Lobotomie unterzogen werden soll.

Um der grausamen Wirklichkeit zu entfliehen, träumt sich die junge Frau in eine Phantasiewelt, die sie mit den Patientinnen Sweet Pea (Abbie Cornish), Rocket (Jena Malone), Amber (Jamie Chung) und Blondie (Vanessa Hudgens) teilt. In eben jener Phantasiewelt befinden sich die fünf hübschen Frauen in der Gewalt des sinistren Blue Jones (Oscar Isaac) und dienen ihm als Edelprostituierte. Die einzige Chance auf Flucht bietet eine weitere Traumebene, in der Babydoll, Sweet Pea, Rocket, Amber und Blondie gefährliche Aufträge übernehmen müssen. Ob in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs, wo sie gegen Zombiesoldaten des Deutschen Kaiserreiches kämpfen, oder im Einsatz gegen Cyborgs und Drachen: Eine Mission ist gefährlicher als die andere …

Mädchen als Buben-Spielzeug?
„Sucker Punch“ erfuhr bereits viel negative Resonanz. Die Vorwürfe lassen sich unter einem Stichwort zusammenfassen: Sexismus. So billig und abgegriffen dieser Begriff auch anmuten mag, ist er in dieser Fantasy-Action-Mischung nicht von der Hand zu weisen. In einer Szene bezeichnet Bordell-Besitzer Blue „seine“ Mädchen als Spielzeug. Und tatsächlich: Rund hundert Minuten lang darf der Zuschauer erstaunt beobachten, wie ein fesches Frauen-Quintett möglichst freizügig – natürlich, ohne den Sittenwächtern ins Auge zu stechen! – Männerphantasien bedient. Allen voran Hauptdarstellerin Emily Browning, deren Rollenname „Babydoll“ den Charakter sehr treffend umschreibt. Mit ihren großen Augen, dem Schmollmund, Zöpfchen und kurzem Röckchen wirkt sie wie die Zelluloid-Ausgabe einer „Manga“-Schönheit.

Auch ihre Schauspielkolleginnen treten bevorzugt in engen Blusen, Strapse und High-Heels auf. Der Fokus ist somit in erster Linie auf die attraktive Erscheinung der fünf Grazien gerichtet. Nicht, dass man sich als männlicher Zuschauer darüber beschweren möchte. Aber so vorteilhaft Emily Browning, Vanessa Hudgens & Co. auch optisch herausgeputzt sein mögen, kann dies nicht über den dürftigen Plot und die praktisch nicht existenten Charakterisierungen hinwegtäuschen.

In „Sucker Punch“ bevölkern ausschließlich zwei Sorten Menschen die Filmwelt: Weibliche Opfer, die ihre Gerechtigkeit in Phantasiewelten erkämpfen müssen, und männliche Täter, die sich völlig skrupellos an eben jenen Opfern vergehen und diese auch noch verhöhnen. Die angebliche Botschaft des Filmes, sich seiner Haut zu erwehren und das Kämpfen zu erlernen, wird von der geschilderten Realitätsebene konterkariert: Darin ist Babydoll lediglich als wehrloses Opfer zu sehen, das wie eine Puppe ihrem (männlichen) Besitzer willenlos ausgeliefert ist.

Gutes Aussehen ist alles!
Immerhin fügt sich das makellose Aussehen der Protagonistinnen nahtlos in die Optik des Filmes ein. Wieder einmal siegt bei Zack Snyder der schöne Schein über das schnöde Sein. Gewaltige Bilderwelten, wuchtiger Soundtrack, perfekte CGI-Animationen: Was in „300“ die Massen begeisterte und beeindruckte, wird in „Sucker Punch“ die Wirkung gleichfalls nicht verfehlen. Allerdings basierte das Spartaner-Epos nicht nur auf einem Comic, sondern auch einer realen historischen Begebenheit (lose adaptiert, natürlich), welche die Motive der einzelnen Charaktere nachvollziehbar herausarbeitet. Mit tragischen, bis zum bitteren Ende aber standhaften Helden kann der Zuschauer mitfühlen.

In „Sucker Punch“ bleiben Protagonisten, wie auch Antagonisten komplett blass und austauschbar. Somit errichtet Snyder eine emotionale Mauer zwischen den Welten, die jegliche empathische Nähe verhindert. So großartig die präsentierten Bilderwelten auch sein mögen: Ohne irgendeine emotionale Bindung lassen sie völlig kalt.

Gerade angesichts der mitunter originellen Steampunk-Atmosphäre muss man dies bejammern und kann nur darüber spekulieren, welch großartiges Epos aus dieser optischen und akustischen Herausforderung mit etwas mehr Ernsthaftigkeit und Konsequenz hätte werden können.

Fazit nach 100 Minuten „Sucker Punch“: Visuell gibt es an Snyders Werken ohnehin nichts zu bemängeln. Die Kritik richtet sich wie so oft an die unausgegorene Story, die den Zuschauer außen vor lässt und de facto lediglich als Aufhänger für die gewaltigen Bilderwelten dient. Vielleicht schafft es der Regisseur bei seinem nächsten Werk, an die emotionale Tiefe von „300“ anzuknüpfen. Gerüchteweise soll er bereits an einer Fortsetzung des Heldenepos arbeiten …

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Rainer Innreiter


Darsteller

  • Emily Browning … Baby Doll
  • Abbie Cornish … Sweet Pea
  • Jena Malone … Rocket
  • Vanessa Hudgens … Blondie
  • Jamie Chung … Amber
  • Oscar Isaac … Blue Jones
  • Carla Gugino … Dr. Vera Gorski
  • Jon Hamm … Doktor
  • Scott Glenn… Weiser Mann
  • Richard Cetrone … CJ
  • Gerard Plunkett … Stiefvater
  • Malcolm Scott … Koch
  • Ron Selmour … Danforth
  • Alan C. Peterson … Bürgermeister

Regie
Zack Snyder

Produktionsland, Jahr
USA, 2011

Sucker Punch Trailer



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Ein Kommentar

  1. Wenn das Drehbuch nicht stimmt, kann es auch die beste Regie nicht mehr richten. Ob ich eine Fortsetzung von 300 brauche, weiß ich echt nicht. Es gab zwar auch Ausnahmen, bei denen Fortsetzungen mal die besseren Filme wurden, aber allgemein verdirbt man sich die Geschichte damit. Man denke allein an Matrix, Pirates o.t.C., Terminator 3+, usw.

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