Das Schweigen der Lämmer

Das Schweigen der Lämmer FilmkritikAls 1991 Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“ das Licht der Leinwand erblickte hätte wohl kaum jemand geahnt, zu welchem globalen Phänomen sich der Film entwickeln würde. Nicht weniger als fünf „Oscars“ räumte der Psychothriller ab, und das in einem Genre, über welches Kritiker für gewöhnlich höchstens die Nase rümpfen. Auch das Publikum war begeistert: Fast 300 Millionen Dollar spielte der Streifen weltweit ein und war zugleich der Startschuss, für zahlreiche ähnlich gelagerte Filme und Romane.
Doch verdient sich dieser Film seine Lorbeeren oder wurde und wird er gnadenlos überschätzt? Eine Frage, die die introvertierten Lämmer wohl nicht beantworten werden. Dann werde ich es wohl selber machen müssen …

Ganz und gar nicht belämmerter Killer
Eine Mordserie erschüttert die USA: Scheinbar ziellos ermordet ein Psychopath junge Frauen. Einzige Gemeinsamkeit: Allen Opfern wurden Teile der Haut sorgsam abgezogen. Als schließlich ausgerechnet die Tochter der Senatorin Ruth Martin (Diane Baker) entführt wird und alles darauf hinweist, dass sie eben jenem Wahnsinnigen in die Hände gefallen ist, laufen die Ermittlungen des FBI auf Hochtouren.

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Ausgerechnet die noch mitten in der Ausbildung stehende FBI-Schülerin Clarice Starling (Jodie Foster) soll den ebenso genialen, wie grausamen Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) in dessen Zelle aufsuchen und zu etwaigen Hinweisen nach dem Killer befragen. Nachdem Lecter eine Zeitlang mit der unsicheren Starling gespielt hat, scheint er ihr tatsächlich wichtige Hinweise zur Klärung der Identität des Gesuchten zu verraten. Doch geschieht dies nicht ganz uneigennützig: Im Austausch für die Überstellung in ein anderes Gefängnis, möchte Lecter angeblich den Namen des Killers verraten.
Was niemand ahnt: Der ehemalige Psychiater verfolgt seine ganz eigenen Ziele …

Metamorphose

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Ohne in Küchentischpsychologie zu verfallen kann man ganz nüchtern das zentrale Motiv des Filmes feststellen: Metamorphose. Das Motiv des Mörders ist dabei der offensichtlichste Wunsch nach (radikaler) Veränderung, aber nicht der einzige. Vor allem Starling, brillant von Jodie Foster verkörpert, erfährt eine solche Wandlung: Die von inneren Zweifeln und Ängsten zerfressene junge Frau muss sich selbst überwinden, um zu jener starken Persönlichkeit zu reifen, die es mit der harten Realität aufnehmen kann. Ihr Mentor auf diesem Weg ist dabei über weite Strecken Lecter, der geschickt ihr Trauma des frühen Vater-Verlustes für seine eigenen Zwecke ausnutzt, indem er Starling nach Belieben manipuliert.
Dennoch zollt Lecter der angehenden FBI-Agentin durchaus Respekt, was in einer geradezu scheuen Geste deutlich wird.

Anthony Hopkins war keineswegs die erste Wahl für die Rolle des genialen Ex-Psychiaters, dessen Wurzeln in Osteuropa liegen. Im Nachhinein kann man sich natürlich keinen besseren Lecter vorstellen, als den charismatischen Charaktermimen aus Wales, der die Figur mit einer unheimlichen Präsenz füllt, ohne die der Erfolg des Filmes vermutlich ausgeblieben wäre. Denn auch wenn Lecter nicht der eigentliche Hauptdarsteller ist, so dient er doch als zentraler Dreh- und Angelpunkt: Erst seinen Hinweisen verdankt Starling die richtigen Spuren auf der Jagd nach dem Killer. Gleichzeitig beeinflusst er noch weitere Ereignisse, und das, ohne auch nur einen Schritt aus der Zelle zu setzen.

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Teil 2 der Hannibal-Lecter-Saga
Was viele vermutlich gar nicht wissen: „Das Schweigen der Lämmer“ ist nicht der erste Film mit Dr. Lecter in einer tragenden Rolle. Bereits fünf Jahre vorher hatte Michael Mann den Streifen „Manhunter“ gedreht, welcher in Deutschland sowohl unter dem Titel „Blutmond“, als auch „Manhunter“ vertrieben wurde. Freilich: Der düstere, enorm atmosphärische Film war ein Flop und erregte so wenig Aufmerksamkeit, dass er selbst im Zuge des „Das Schweigen der Lämmer“-Erfolges kaum an Bekanntheit gewann. Zu Unrecht, denn wenngleich Dr. Lecter von Brian Cox verkörpert wurde, steht er dem berühmteren Hopkins-Foster-Vehikel um Nichts nach.

Natürlich waren es nicht nur die schauspielerischen Leistungen, die Demmes Meisterwerk zur Thriller-Referenz reifen ließen. Seine Regie-Arbeit und durchaus beeindruckende, oft in kühlen Blau gehaltene Bilder trugen das ihre zum berechtigten Erfolg bei.
Und dennoch gebührt der vielleicht größte Teil des Lobes einem Mann hinter den Kulissen: Ohne die brillanten literarischen Vorlagen von Thomas Harris wären weder Hannibal Lecter, noch das damals unverbrauchte Sujet der unerfahrenen FBI-Agentin mit persönlichen Problemen denkbar gewesen. Mit seinen Hannibal-Lecter-Büchern (bislang vier Stück) katapultierte sich der zurückhaltende US-Amerikaner in den Rang eines Star-Autors. Auch wenn das Drehbuch nicht von Harris verfasst wurde, so hält sich der Film doch erstaunlich nahe an die adaptierte Vorlage.

Eine Nähe, die dem fertigen Film überaus gut zu Gesicht steht: Die feine Charakterisierung der Figuren schimmert auch auf der Leinwand durch und sorgt auf diese Weise für eine deutlich gesteigerte Glaubwürdigkeit. Ein Umstand, der leider bei den „Fortsetzungen“ mehr und mehr verloren ging: War Lecter in „Schweigen der Lämmer“ noch ein durch und durch menschliches Monster, so mystifizierte ihn Ridley Scott wenige später in „Hannibal“ bis zur Selbstparodie.

Neben der ausgezeichneten Charakterisierung, dem originellen Drehbuch und den fabelhaften schauspielerischen Leistungen, glänzt der Streifen natürlich – so viel Treue zum Genre muss sein – durch Spannung. Auch wenn der Film kein Vertreter des „Whodunit“-Subgenres ist, sondern die Identität des Täters überraschend früh offenlegt, leidet der Suspense keinesfalls unter dieser Entscheidung. Denn der größte Teil der Spannung wird im ambivalenten Verhältnis zwischen Starling und Lecter erzielt. Ein Psychoduell, das mit entsprechenden Bildern untermalt wird: Geradezu dämonisch blitzen Lecters dunkle Augen ganz groß in die Kamera oder fokussiert sich das Bild auf die geistig entrückende Starling.

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„Das Schweigen der Lämmer“ erzählt gewissermaßen zwei Filme in einem: Neben der Jagd auf den Killer schildert der Streifen eine weitere Jagd, nämlich jene nach inneren Frieden. Konsequenterweise bleibt unklar, ob Starling diesen jemals finden wird.
All diese Stärken machen Demmes erfolgreichsten Film zu einem der herausragendsten Thriller aller Zeiten. Vor allem jüngere Zuschauer mögen den Eindruck gewinnen, der Zahn der Zeit habe an dem Streifen genagt;

doch dies ist der Tatsache geschuldet, dass viele Autoren und Filmproduzenten auf den Erfolgsfilm aufsprangen und „ihre“ Version einer Killer-Hatz dem Mainstream-Publikum anboten. Manche mit durchaus ansehnlichen Resultaten, wie David Finchers „Sieben“, andere erschreckend einfallslos wie etwa „Untraceable“.

So abgeschmackt es auch klingen mag: Man muss „Das Schweigen der Lämmer“ einfach gesehen haben!

Filmfreaks werden sich übrigens am Cameo-Auftritt von Roger Corman erfreuen, durch dessen Schule Jonathan Demme dereinst ging. In einer noch kleineren Rolle ist Chris Isaaks, der Schnulzen-Sänger mit dem Valium in der Stimme, zu bewundern.


Darsteller

  • Jodie Foster … Clarice Starling
  • Anthony Hopkins … Dr. Hannibal Lecter
  • Scott Glenn … Jack Crawford
  • Anthony Heald … Dr. Frederick Chilton
  • Ted Levine … Jame Gumb
  • Chris Isaak … SWAT-Einsatzleiter
  • Roger Corman … FBI-Direktor Hayden Burke
  • Frankie Faison … Barney Matthews
  • Brooke Smith … Catherine Martin
  • Diane Baker … Senatorin Ruth Martin
  • Ron Vawter … Paul Krendler

Regie
Jonathan Demme

Produktionsland, Jahr
USA, 1991

Das Schweigen der Lämmer DVD Trailer

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Ein Kommentar

  1. Das Schweigen der Lämmer gefällt mir !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Echt tolle Anleitung .

    Finde ich blöd,dass man den Trailer nicht ansehen kann .

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