Lange mussten Comic-Fans auf die Verfilmung von Marvel’s „The Avengers“ warten – jener Superhelden-Truppe, in der sich die größten Comic-Helden des Marvel-Universums vereinen, um gemeinsam die Menschheit vor fiesen und nach der Weltherrschaft strebenden Bösewichten zu schützen. Der Filmproduzent und Studio-Chef von Marvel, Avi Arad, kündigte bereits 2005 an, das Superhelden-Kollektiv auf die große Leinwand zu bringen. Vorher jedoch sollten die Helden in Einzelfilmen separat eingeführt werden, um sie anschließend in „The Avengers“ aufeinandertreffen und ein Team bilden zu lassen.
Ein kühnes, gigantisches Projekt, dass Marvel über all die Jahre nie aus den Augen verlor und konsequent vorantrieb: In „Der unglaubliche Hulk“ (2008), „Iron Man“ (2008), „Iron Man 2“ (2010) sowie „Thor“ und „Captain America: The First Avenger“ von 2011, gewährte Marvel seinen Helden eben jene Einzelfilme, die als actiongeladene, massentaugliche Popcorn-Blockbuster allesamt zu Kassenhits wurden. In diesen durften sich Hulk, Thor und Co. ordentlich austoben und wurden dem Zuschauer mit all ihren Charakterzügen, Besonderheiten und Eigenschaften Film für Film ausführlich vorgestellt. Die übrigen Mitglieder der Avengers, die Agentin Black Widow und der Bogenschütze Hawkeye, hatten ihre ersten Auftritte in „Iron Man 2“ und „Thor“. So stellte Marvel in den vergangenen vier Jahren alle Mitglieder der Helden-Vereinigung ausführlich vor, die nun im 225-Mio.-Dollar-Spektakel „The Avengers“ in einer pompösen und üppig ausgestatteten Comic-Verfilmung gemeinschaftlich ein extrem unterhaltsames, gewaltiges Action-Feuerwerk zünden.
Thors verbitterter und rachsüchtiger Adoptivbruder Loki (Tom Hiddleston) führt Teuflisches im Schilde: Mit Hilfe einer Alien-Armada und eines kosmischen Energiewürfels will er die Erde erobern. Nick Fury (Samuel L. Jackson), Chef der Geheimdienstorganisation S.H.I.E.L.D., reaktiviert daraufhin die Rächer-Initiative und lässt eine schlagkräftige Truppe aus den größten Superhelden der Welt zusammentrommeln, die „Avengers“. Bestehend aus dem grünen Wutmonster Hulk (Mark Ruffalo), dem egozentrischen Iron Man (Robert Downey Jr.), Kriegsheld Captain America (Chris Evans), Donnergott Thor (Chris Hemsworth) sowie der Agentin Black Widow (Scarlett Johansson) und dem Bogenschützen Hawkeye (Jeremy Renner), versucht die Superhelden-Truppe die Pläne Lokis zu durchkreuzen. Doch bevor sie zum Gegenschlag ausholen können, müssen sich die Superhelden samt ihrer Super-Egos erst einmal zusammenraufen und Unstimmigkeiten untereinander bei Seite schaffen.
Regisseur Joss Whedon gelingt mit seinem ersten Kinofilm seit „Serenity“ von 2005 ein visuell imposantes Action-Spektakel, das in erster Linie mit seinen optischen Schauwerten und eindrucksvollen Spezialeffekten beeindruckt. Über den Zuschauer lässt sich ein krachendes, lautes Effektgewitter nieder, das in seiner technischen Perfektion und Brillanz zum Eindrucksvollsten zählt, was es in dieser Hinsicht bis heute auf der Kinoleinwand zu sehen gab. Vor „Transformers“ oder „Battleship“ brauchen sich die „Avengers“ in Sachen Tricktechnik in jedem Fall nicht zu verstecken. Allein die Tatsache, dass die Macher die Effektmaschinerie hier von Beginn an auf Hochtouren laufen lassen und die technische Umsetzung höchsten Genuss für Augen und Ohren bedeutet, sollte sicherstellen, dass Comic- und Superhelden-Fans bei „The Avengers“ voll auf ihre Kosten kommen. Vorausgesetzt, sie nehmen Abstriche bei Handlung und Charakterzeichnung in Kauf. Denn was der Film an Action, Effekten und die technischer Umsetzung bietet, geht auf Kosten einer doch recht simplen und arg schlicht geratenen Story, der die ein oder andere überraschende Wendung sicherlich gut getan hätte. Inhaltlich bietet der Film daher nicht viel Neues und erlaubt Regisseur Whedon darüber hinaus nicht, seinen Helden den nötigen Raum zu gewähren, die sie für die Entfaltung ihrer extrem verschiedenen Persönlichkeiten (eigentlich) benötigen. Und so werden die einzelnen Protagonisten hier im Eilverfahren und in Fließband-Manier eingeführt, um dann endlich gemeinsam dem scheinbar übermächtigen Gegner entgegenzutreten. „The Avengers“ richtet sich hier vor allem an diejenigen, die mit den Vorgängerfilmen und den einzelnen Helden sowie deren Manierismen vertraut sind. Alle anderen könnten sich aufgrund der nur knapp und hektisch angerissenen Vorgeschichten der Helden ein wenig überfordert und verwirrt fühlen. Die Chancen stehen jedoch gut, dass der Film diese Verwirrung später durch seine brillante Optik schnell vergessen macht. Zudem hätte eine ausführliche Darstellung der Vorgeschichten, den zeitlichen Rahmen des ohnehin schon sehr langen Films (ca. 140 Minuten) gesprengt.
Dramaturgisch wird „The Avengers“ also weniger von seiner Story vom wahnsinnigen Loki und seinen verrückten Plänen von der Eroberung der Welt zusammengehalten, als vielmehr von der zunächst heillos zerstrittenen Superheldentruppe. Die Avengers bestehen aus sechs völlig unterschiedlichen, komplexen Charakteren, die sich zum Zwecke der Rettung der Erde zusammenraufen müssen. Es ist den Machern hoch anzurechnen, dass ihnen die Übertragung dieser vielschichtigen Persönlichkeiten inklusive der (bereits aus den Einzelfilmen bekannten) Wesenszüge problemlos gelingt. Und so sorgt das Aufeinandertreffen der Superhelden auch für reichlich Situationskomik und Unterhaltungswert. Dieser kommt z.B. dann auf, wenn der selbstverliebte, Sprüche klopfende Tony Stark/Iron Man auf den heroischen, ein wenig bieder daherkommenden Captain America/Steve Rogers trifft, der zunächst gar nicht viel mit der überheblichen, coolen Art und Vorgehensweise des „Eisernen“ anfangen kann. Oder wenn sich der edle, stets überlegt vorgehende Halbgott Thor, dessen Rolle zu Beginn des Films noch alles andere als klar ist, mit dem zerstörerischen, notorisch schlecht gelaunten Wüterich Hulk arrangieren muss. Für den Hulk wurde (im Gegensatz zu seinem Auftritt in „Der unglaubliche Hulk“) übrigens erstmals das Motion-Capture-Verfahren angewandt, was eine äußerst realistische Darstellung des grünen Monsters zur Folge hat.
Diese gelungenen humorvollen Einlagen und Einfälle stellen ein angenehmes Gegenwicht zu den wuchtigen Action-Szenen dar und gestatten dem Zuschauer darüber hinaus wenige Augenblicke des Verschnaufens. Diese hat er vor allem nach der spektakulären Schlacht auf einem Flugzeugträger in der Mitte des Films auch bitter nötig. Zuletzt beeindruckt natürlich auch die hochkarätige Darsteller-Riege, die jegliche Hauptdarsteller der Einzelfilme versammelt und in ihre angestammten Rollen schlüpfen lässt. Die einzige Ausnahme bildet Mark Ruffalo als Hulk, der die Nachfolge von Edward Norton antritt. Mit seiner rationalen, gelassenen und ruhigen Art auf der einen (Bruce Banner) und der blinden Zerstörungswut auf der anderen Seite (Hulk), gelingt Ruffalo ein durchweg überzeugender Einstand.
„The Avengers“ zündet ein fulminantes, krachendes Action-Feuerwerk mit überragenden Spezialeffekten und enormer visueller Kraft. Zudem punktet der Film mit selbstironischen Untertönen und einer gelungenen Situationskomik, die die Story-Schwächen und eine allzu hektische Einführung der Charaktere schnell vergessen lassen.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.
Darsteller:
- Chris Hemsworth
- Robert Downey Jr.
- Scarlett Johansson
- Chris Evans
- Mark Ruffalo
- Jeremy Renner
- Stellan Skarsgård
- Samuel L. Jackson
- Gwyneth Paltrow
- Cobie Smulders
- Tom Hiddleston
- Clark Gregg
- …
Erscheinungsjahr:
2012
Regie:
Joss Whedon
Für mich eine der besten Comic-Verfilmungen der letzten Jahre!
Es grenzt an unerreichbare Genialität, wie es Marvel schaffte, die letzten 5 Jahre mit den Einzelfilmen alles auf dieses Bombast-Actionmeisterwerk hinauslaufen zu lassen. Ihr müsst unbedingt den Abspann abwarten! „The Avengers 2 kann kommen