Scott Lang (Paul Rudd) war ein erfolgreicher, höchst talentierter Dieb, der eine langjährige Haftstrafe abgesessen hat. Mit seiner illegalen Vergangenheit will er jetzt aber abschließen und sich nach seiner Entlassung ganz seiner Tochter Cassie (Abby Ryder Fortson) widmen, die bei seiner Ex-Frau lebt. Doch schon kurze Zeit nach der Rückkehr ins „normale“ Leben, steht Scott vor ganz anderen Problemen: er verliert seinen Job und kann daher schon bald die Unterhaltszahlungen an seine Ex-Frau nicht mehr leisten. Also steigt er doch wieder in das Diebstahl-Geschäft ein und versucht sein Glück im Haus des wohlhabenden Biochemikers Dr. Hank Pym (Michael Douglas). Doch anstelle von Geld oder Schmuck erbeutet Scott einen geheimnisvollen Anzug, der ihn auf Ameisengröße schrumpfen lässt und ihm Superkräfte verleiht. Für ihn steht fest: der Anzug kommt wie gerufen, um künftig noch mehr lukrative Diebstähle zu begehen. Doch Anzug-Erfinder Pym hat mit Scott ganz andere Dinge vor.
„Ant-Man“ ist die neueste Comic-Verfilmung aus dem Hause Marvel, wobei der Film in seiner Handlung und Stimmung deutlich von den Original-Comics abweicht. In den Ursprungs-Comics ist es Hank Pym selber, der in den Anzug schlüpft und als Superheld agiert. Seinen ersten Comic-Auftritt erlebte der kleine Held Anfang der 60er-Jahre, erfunden hat ihn Stan Lee (Spider-Man). Seine Weltpremiere hatte „Ant-Man“ Ende Juni in Los Angeles. Inszeniert wurde die 130-Millionen-Dollar-Produktion von Peyton Reed, wobei Marvel mit dessen Verpflichtung durchaus ein Risiko einging. Reed war bisher vor allem für romantische Liebes-Komödien wie „Down with love“ oder „Trennung mit Hindernissen“ verantwortlich. Doch alle Befürchtungen schienen unnötig: bereits am ersten Wochenende spielte der Film bereits fast sein komplettes Budget wieder ein, und das, obwohl er in Europa größtenteils noch gar nicht angelaufen war.
Es kommt nicht auf die Größe an – diese altbekannte, ein wenig abgegriffene Weisheit trifft voll und ganz auf den kleinsten im Marvel-Heldenuniversum zu. „Ant-Man“ rückt einen auf Ameisengröße geschrumpften Helden ins Zentrum, der seine Kämpfe und Abenteuer im Mikrokosmos atemberaubender, außergewöhnlicher Mini-Welten bestreitet. Hier ist alles eine deutliche Spur kleiner, zurückhaltender und reduzierter gehalten als in den oftmals Special-Effects-überladenen, bombastischen Materialschlachten der jüngsten Marvel-Filme, allen voran des letzten „Avengers“-Events. Das tut dem Film sehr gut und es verleiht ihm eine ganz eigene, sympathische Aura. Die „Avengers“-Reizüberflutung droht hier also keineswegs: es gibt weniger Hauptpersonen, weniger Schauplätze und eine klare Handlung mit stringentem Spannungsbogen, ohne viele Nebenstränge.
Regisseur Reed lässt hier keine Millionenmetropole in Schutt und Asche legen, nein, das „Größte“, das hier zerstört wird, ist schlichtweg ein Kinderzimmer. Hier spielt sich auch der actionreiche Showdown ab, der trotz seiner minimalistischeren Ausmaße und Ausstattung zu jederzeit fesselt und viel fürs Auge bietet. Apropos Optik: die visuellen Effekte sind trotz des deutlich zurückgefahrenen Budgets herausragend, vor allem wenn Hauptfigur Lang immer wieder in die Welt der Ameisen-Winzlinge abtaucht, mit ihnen durch ihre Hügel schnellt, auf ihnen zum nächsten Gefecht reitet oder sich mit Bösewicht Yellowjacket – auf die Größe eines Fingernagels geschrumpft – rasante Fights liefert. Die ein oder andere Schwäche gibt es aber: wie so oft in Superhelden-Filmen bietet das Werk einen eher blassen, wenig charismatischen Antagonisten und auch der etwas unnötige Vater-Tochter-Konflikt wirkt zu oft seltsam künstlich und aufgesetzt. Hier wollten die Macher den emotionalen Anteil erhöhen und Scott Lang als ganz normalen Menschen mit gewöhnlichen Gefühlen und Ängsten offenlegen. Dennoch: die positiven Aspekte bei dieser amüsanten, geisteichen Liebeserklärung an die Ameisen dieser Welt, überwiegen deutlich.
Fazit: Höchst kreative, sympathische Superhelden-Verfilmung, die beweist, dass es nicht immer den üblichen „Avengers“-Bombast braucht, um Comic-Vorlagen filmisch überzeugend und dennoch massenkonform umzusetzen.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.