Proxima Kritik

Proxima Kritik

Astronautin Sarah (Eva Green) ist die einzige Frau unter all den aus Europa stammenden Astronauten, die im Weltraumzentrum in Köln für Einsätze trainieren. Sie steht kurz davor, ihr großes Ziel zu erreichen: die wissenschaftliche Erforschung des Mars. Dafür soll Sarah ein Jahr lang auf der internationalen Raumstation ISS verbringen. Seit sie für die besondere Allmission ausgewählt wurde, steht ihr Leben Kopf. Einerseits dominieren Glück und die große Vorfreude, andererseits aber auch das schlechte Gewissen. Denn die motivierte Astronautin ist Mutter einer siebenjährigen Tochter, die sie auf der Erde zurücklassen muss. Und zu all dem emotionalen Chaos kommen die Herausforderungen des harten Trainings, das Sarah an den Rand des Zusammenbruchs bringt.

Es war ein internationales Team, das an der Realisierung dieses bereits Anfang 2018 gedrehten Sci-Fi-Dramas beteiligt war. Als Regisseurin der deutsch-französischen Co-Produktion fungierte die Französin Alice Winoncour, die bereits an Oscar-nominierten Filmen beteiligt war („Mustang“, 2015). Hinzu kommen sowohl bekannte deutsche als auch US-amerikanische Darsteller: von Sandra Hüller und Lars Eidinger bis hin zu Eva Green und Matt Dillon. Ein Großteil der Dreharbeiten fand am Originalschauplatz im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) in Köln statt.

Alice Winoncour wählt einen völlig anderen, wesentlich subtileren und reduzierteren Ansatz als all jene Filme, die sich in den vergangenen Jahren mit Weltraum-Missionen, Flug-Vorbereitungen und der Erkundung fremder Planeten befassten. Darunter Werke wie „Gravity“, „Aufbruch zum Mond“ oder „Ad Astra“. Denn erstmals schildert ein Film all diese Aspekte und Inhalte konsequent aus weiblicher Perspektive. Und Winoncour verzichtet ebenfalls fast vollständig auf episch-majestätische Aufnahmen endloser Weiten, spektakuläre CGI und mitreißende All-Action. Wer darauf hofft, sollte um „Proxima“ einen Bogen machen.

Stattdessen stehen die inneren Konflikte und emotionalen Befindlichkeiten der Hauptfigur im Zentrum. Eine Protagonistin, die von Eva Green mit Ausdruck und Kraft verkörpert wird. Sarah ist eine zwischen Mutterliebe und der Erfüllung ihres großen beruflichen Ziels hin- und hergerissene, couragierte Frau, die sich in einer Männerdomäne durchsetzen muss. Mit dem alltäglichen Sexismus, der ihr im Rahmen der Vorbereitungen auf die Mission begegnet, spielt „Proxima“ zudem auf die Benachteiligung von Frauen an. In von Männern dominierten Berufen und einer Gesellschaft, in der die Frau noch immer häufig als jene Person angesehen wird, die sich um die Kindererziehung zu kümmern hat – anstatt die Realisierung beruflicher Ziele voranzutreiben und sich der eigenen Selbstverwirklichung zu widmen.

Die intensive, innige Beziehung zwischen Mutter und Tochter bildet einen inhaltlichen Schwerpunkt des Films. So gibt es viele Szenen, in denen die Verbundenheit der Beiden in kraftvollen, starken Einstellungen eingefangen wird oder metaphorische Entsprechungen deren Symbiose versinnbildlichen und darstellen. Das Problem hierbei ist, dass bei all der Konzentration auf das Mutter-Tochter-Verhältnis die übrigen Nebenfiguren leider zu wenig ausgearbeitet wurden und vielfach blass bleiben. Egal ob Matt Dillan als (zu Beginn) sexistischer Crew-Chef oder Lars Eidinger als Sarahs Ex-Mann. Durch die wenige Screentime verkommen sie oft nur zu schmückendem figürlichem Beiwerk. Im Finale aber vergisst man diese Schwächen. Denn das Ende ist einerseits versöhnlich und stiftet Hoffnung, andererseits lässt Winoncour bewusst Leerstellen und Lücken, die der Zuschauer mit eigenen Deutungen und Interpretationen füllen muss.

Fazit: „Proxima“ ist ein leises, betont schlicht inszeniertes und mit Zurückhaltung inszeniertes Drama, in dem Hauptdarstellerin Eva Green Akzente setzt und mit zärtlichem Wohlwollen agiert. Nachteilig ist die unbefriedigende Rolle der Nebenfiguren, die zu wenig ausgearbeitet sind.

Bewertung: 7/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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