Inception Filmkritik

Seit Jahrzehnten versorgt uns die Traumfabrik Hollywood mit ihren mal mehr, mal minder gelungenen Werken. Paradoxerweise scheinen die technischen Möglichkeiten zur Illustration dieser Traumwerke mit einem Niedergang der Phantasie einherzugehen. Auf der optischen Ebene mögen Werke wie „Transformers“ oder „2012“ für Erstaunen sorgen. Doch die Magie des Staunens verschwindet hinter einem dichten Schleier phantasielosen Krawallkinos.

Der Brite Christopher Nolan macht es sich offenbar zur Aufgabe, diesen Trend umzukehren. Mit „Memento“ schuf er einen der brillantesten Thriller des neuen Jahrtausends, konnte mit seinen „Batman“-Filmen sogar Kritiker überzeugen, die Superhelden für gewöhnlich mit Verachtung strafen, und legt mit „Inception“ den mit höchsten Lorbeeren bedachten Sommerblockbuster 2010 hin. Ob das Verwirrspiel aus Traum und Realität seine hohen Meriten verdient oder sich letztendlich als cineastischer Alptraum entpuppt, wird nachfolgend erläutert.

A Dream Within A Dream?
In seinem Metier ist Cobb (Leonardo DiCaprio) schlichtweg der Beste: Mit Hilfe modernster Technologie dringt er in Träume seiner „Opfer“ ein und bemächtigt sich deren Geheimnissen, um sie gewinnbringend an den Meistbietenden zu verscherbeln. Seinen Meister findet er im Unternehmer Saito (Ken Watanabe), der den Hackerangriff auf seine Träume geschickt abwehrt. Anstatt Cobb und seine Komplizen der Polizei auszuliefern, spannt sie Saito in seine eigenen Pläne ein. Sie sollen Fisher (Cillian Murphy), den Erben seines mächtigsten Konkurrenten, dazu bringen, das von dessen Vater aufgebaute Imperium zu zerschlagen. Ermöglichen soll dies ein in Fishers Unterbewusstsein implantierter Gedanke, den dieser aber als eigenen Gedanken anerkennen muss.


© 2010 Warner Bros. Ent.

Eine angeblich bislang nie erfolgreich durchgeführte Aufgabe, die Cobb mit dem Mute der Verzweiflung annimmt. Denn: Saito verspricht ihm die Rückkehr in die USA, die Cobb unmöglich geworden ist, da er dort wegen Mordes an seiner Frau Mal (Marion Cotillard) gesucht wird. Seither konnte er seine Kinder Phillipa (Claire Geare) und James (Magnus Nolan) nicht mehr sehen. Cobb stellt ein Team von Spezialisten zusammen, unter ihnen die begabte „Traumarchitektin“ Ariadne (Ellen Page), um den Auftrag zu erfüllen. Doch nicht nur Fishers Unterbewusstsein erweist sich als hartnäckiger Gegner der Eindringlinge in seine Träume. Cobbs eigenes Unterbewusstsein sabotiert die Mission …

Verwirrspiel auf vier Ebenen
Mit „The Dark Knight“ gelang Christopher Nolan das Kunststück, nicht nur einen außergewöhnlich erfolgreichen, sondern auch von Kritikern umjubelten Streifen zu inszenieren. Über eine Milliarde Dollar spielte der wohl beste Batman-Film alleine in den Kinos ein. Grund genug für Warner Bros, dem neuen Regiestar rund 200 Millionen Dollar für sein nächstes Projekt bereitzustellen. Einem Projekt, das weder auf einem Superheldencomic, noch auf einem Bestseller basierte, und kein Sequel einer bereits erfolgreichen Filmreihe darstellte.


© 2010 Warner Bros. Ent.

Das Ergebnis dieses riskanten Schrittes ist „Inception“. Formal ein Science-Fiction-Film, der aber gleichsam als Actionthriller, wie auch experimenteller Kunstfilm funktioniert. Zwar ist Nolans Streifen mit Stars wie Leonardo DiCaprio (der sich längst vom „Titanic“-Image gelöst hat, auch wenn viele Mainstreammedien dies offenbar immer noch nicht verstanden haben) oder Michael Caine gespickt. Doch der wahre Star ist die atemberaubende Story, die dem Zuschauer wie schon bei „Memento“ volle Konzentration abverlangt. Angesichts dessen kann das hohe Einspielergebnis von „Inception“ als kleine Sensation bezeichnet werden. Während Blockbuster der Güteklasse „Michael Bay“ den Rezipienten mit Bildern und Geräuschen mästen, bis der Verstand endgültig aufgibt und nur noch passiv konsumiert, regt Nolans neuer Geniestreich zum Nachdenken an.

Gleich „Matrix“ präsentiert er eine zunächst seltsame Welt, die jedoch nicht fern sämtlicher Regeln und Gesetzmäßigkeiten existiert, sondern in sich selbst halbwegs schlüssig ist. Den schieren Wahnsinn, die Realität mittels dreier Traumebenen zu übersteigern, meistert Nolan ebenso geschickt wie den Spagat zwischen Mainstream und Arthouse. Kaum einem anderen Regisseur gelingt die Inszenierung von Actionsequenzen, denen intellektueller Schnörkel folgt, dermaßen perfekt wie Hollywoods neuem Liebling.

Meisterwerk „Inception“
Man muss über „Inception“ alleine deshalb keine großen Worte verlieren, weil es schier unmöglich ist, die komplexe Handlung, die zahlreichen Details der Bilder, die vielen Anspielungen innerhalb weniger Zeilen auch nur annähernd beschreiben zu können. Natürlich kann der Rezipient sein Erstaunen ob einer Sequenz äußern, in welcher eine Pariser Straße zunächst gespiegelt und anschließend wie ein Würfel gefaltet wird. Nur: Derlei Bilder muss man gesehen haben, um sie würdigen zu können. Denn sie stellen keinen plumpen Selbstzweck dar, um mit den technischen Möglichkeiten zu protzen, sondern sind untrennbar mit der Handlung verbunden. Eben wie echte Träume, die der Schläfer zwar unterbewusst, doch mit einer bestimmten Absicht erschafft und steuert.

Natürlich kann man auch hierin das eine oder andere Haar vermuten, so man nur mäkelig genug ist. Ellen Paiges Rollenname „Ariadne“ ist eine direkte Referenz an die gleichnamige mythologische Figur der Ariadne, die Theseus jenes Wollknäuel schenkte, mit dessen Hilfe er aus dem sagenumwobenen Labyrinth wieder herausfand. Apropos: Das Konzept des Labyrinths zählt zu den Eckpfeilern des Films. Tatsächlich wird Ariadne auf Grund ihres Talents der Erschaffung von Labyrinthen angeheuert.

Hans Zimmers wuchtiger Score wird sicher ebenso wenig jeden Geschmack bedienen, wie das offene Ende oder die meist konventionell anmutenden Actionsequenzen. Sicher: Nolan hätte seine Bilder noch weitaus surrealer gestalten können. Aber wäre er dann nicht in die typische Blockbuster-Falle der reinen technologischen Leistungsbeschau getappt? „Inception“ bedient vertraute Situationen und Welten, was das Eintauchen in die Story erheblich erleichtert.


© 2010 Warner Bros. Ent.

Christopher Nolans „Inception“ ist schlichtweg ein Meisterwerk, das trotz seiner opulenten Laufzeit von Zweieinhalb Stunden keine Sekunde zu lange geraten ist. Freilich müssen potenzielle Zuschauer wissen, womit sie es zu tun haben: Kopfkino mit verführerisch glänzendem Anstrich. Hier sind es nicht Riesenroboter oder außerirdische Monstren, die den Menschen das Leben schwer machen; vielmehr erweist sich das eigene Unterbewusstsein der Protagonisten als Feind im eigenen Verstand. Wenn ganze Gebäude pulverisiert werden, stecken keine Laserkanonen, sondern das Ende von Illusionen dahinter.

Am Schluss war natürlich alles nur ein von mehreren Menschen geteilter Traum, der den Makrokosmos der Realität zwar nicht physikalisch, aber emotional erschüttert. Also die Umkehrung des Michael-Bay-Prinzips. Oder vereinfacht ausgedrückt: Wem „Transformers“ zu anspruchsvoll war, sollte nicht einmal einen Gedanken an „Inception“ verschwenden. Alle anderen setzen diesen Streifen auf die Liste der Filme, die man gesehen haben muss.


Darsteller

  • Leonardo DiCaprio … Cobb
  • Joseph Gordon-Levitt … Arthur
  • Ellen Page … Ariadne
  • Tom Hardy … Eames
  • Ken Watanabe … Saito
  • Dileep Rao … Yusuf
  • Cillian Murphy … Robert Fischer
  • Tom Berenger … Peter Browning
  • Marion Cotillard … Mal
  • Pete Postlethwaite … Maurice Fischer
  • Michael Caine … Miles
  • Lukas Haas … Nash
  • Tai-Li Lee … Tadashi
  • Claire Geare … Phillipa
  • Magnus Nolan … James
  • Tohoru Masamune … Wachmann
  • Yuji Okumoto … Saitos Berater
  • Ryan Hayward … Anwalt
  • Miranda Nolan … Stewardess
  • Russ Fega … Taxifahrer
  • Talulah Riley … Blondine in Bar

Regie
Christopher Nolan

Produktionsland, Jahr
USA, 2010

Inception Trailer



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8 Kommentare

  1. Lustig, da fällt mir eine Nachricht ein, ich glaube ich habe es im Teletext gelesen, da hieß es, dass Leonardo DiCaprio erst ganz am Ende den Film wirklich kapiert hätte …

  2. es gibt da nichts zu kapieren, es geht gar nicht darum, worum es in dieser film anscheinend geht. Das thema ist eigentlich irrelevant, es ist einfach nur ein sack voll klischees heftig durchgeschüttelt und ausgeleert.

    FAZIT: Grauenhafter streifen, die „grossen“ Filmmacher der heutigen zeit sind ja an einem echten tiefpunkt angelangt.
    NOCH SCHLIMMER: sie haben erfolg damit!

    hoffentlich habe ich nur gerade einen albtraum….

  3. der film ist einfach richtig schlecht. da spricht hollywood von film des jahres. (das ich nicht lache)

    die story ist so lahm, dafür allerdings mit ganz viel pompöse erzählt und verfilmt.

    Fazit: also ich kann und werde jedem raten sich diese ca. 90 minuten seines lebens zu sparen !!

  4. Also ich weiß nicht was die Herrren nils und heck meckern, wenn ich letzteren aber von 90 Minuten reden höre, glaube ich fast, dass da ein anderer Film geguckt wurde.

    Inception ist, wenn man sich darauf einlässt, einer der besten Filme aller Zeiten.

  5. Gestern lief der Film dann mal im Fernsehen. Ich kam einfach nie davor mir den Film anzuschauen.
    Man kann sich den Film mal anschauen, er ist ganz nett, aber da ist nichts verwirrendes dran, bietet keine neuen Überraschungen und konnte mich nicht in seinen Bann ziehen.
    Mein Eindruck war, dass man als Zuschauer sehr wohl an die Hand genommen wird und alles wird schön brav erklärt, damit auch der letzte Hollywood-Konsument es versteht.

    Ein weiteres Mal schaue ich den Film nicht an und empfehle ihn auch nicht weiter.

  6. Dieser Film vereinigt das Beste aus Cloud Atlas, Matrix und Oceans-Eleven in einem bunten Strudel der Rätsel. Wo er dabei noch Platz findet für eine wirklich romantische Liebesgeschichte (Leonardo und seine verstorbene Frau. Schon vergessen? Wir sind im Traumland) das wissen die Götter. Wahrscheinlich ist es die Wirkung der Zeitdehnung in den unteren Traumebenen… Die Aufnahmen sind cool, Tricks sind gut, Leonardo spielt sich das Herz raus, nur Ellen bleibt als Traumarchitektin etwas blass (ich mag sie trotzdem, das Leben ist ungerecht). Eigentlich ist INCEPTION das bessere Matrix. Ich empfehle den Film uneingeschränkt, aber erst für schlaue 13-jährige.

  7. Ein Meisterwerk der Filmkunst! Wer da was zu merkern hat ist meist jemand der sowieso an allem etwas zu merkern findet!

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