Gasmann Kritik

gasmann kritik

Der Schauspieler Bernd (Rafael Stachowiak) arbeitet beim Theater und ist schon länger genervt von seinem Job. Vor allem weil er meist nur mit Nebenrollen abgespeist wird. Da erhält er in dem neuen Stück „Der Gasmann“ die Hauptrolle. Darin soll er einen SS-Offizier spielen, der in einer mobilen Gaskammer durch die Lande zieht und Menschen tötet. Die Proben erweisen sich jedoch als nervenaufreibend, nicht zuletzt da Regisseur Frank (Peter Ott) bislang nur Spielfilme und nicht am Theater inszeniert hat. Hinzu kommen für Bernd private Probleme: Nach seiner Scheidung ist der Kontakt zur Ex fast vollständig zum Erliegen gekommen, wodurch er auch seinen Sohn viel zu selten sieht. Ablenkung verschaffen Bernd einzig die Affäre zu einer jüngeren Frau und die Treffen seines Literaturzirkels, in dem die Mitglieder literarische, pseudo-intellektuelle Debatten führen. Schafft er es, Ordnung in das Chaos namens Leben zu bringen?

„Gasmann“ ist bereits über drei Jahre alt. Fertiggestellt im Jahr 2018, fanden die Dreharbeiten für den Mix aus Satire und politischem Drama bereits ab Herbst 2017 statt. Gedreht wurde in Hamburg und im östlichen Niedersachsen. Seine Premiere feierte der Film im November 2019 bei den Hofer Filmtagen. Hauptdarsteller Rafael Stachowiak ist dem deutschen Publikum vor allem durch seine Auftritte in TV-Filmen und -Serien bekannt geworden, darunter „Tatort“ und „Donna Leon“.

„Gasmann“ macht es einem zugegebenermaßen nicht gerade leicht, Emotionen für irgendeine der Figuren und Handelnden zu empfinden. Von Sympathie oder Mitgefühl ganz zu schweigen. Zu verkorkst und bizarr erscheinen ihre Verhaltensweisen und Ansichten oder zu lethargisch und ohne den Willen zu Veränderungen driften sie durch ihr Leben – wie Protagonist Bernd. Wenn man ihm dabei zusieht, wie er mit ausdrucksloser Mine und lustlos die Proben zum (verhassten) Theaterstück runterspult und wie er allmählich am Leben und den Menschen verzweifelt, dann hat das etwas zutiefst Tragisches. Und Mitleid-erregendes.

Doch hier entsteht gleichsam eine gewisse Spannung, eine Ambivalenz, eben weil Bernd so verschroben, so anders und gegen den Strich gebürstet ist. Die Hauptfigur in „Gasmann“ ist kein strahlender Held sondern ein bisweilen teilnahmslos seine Pflichten erfüllender mittelalter Mann, der sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. Rafael Stachowiak spielt diesen Bernd ohne jeden Anflug von Sentimentalität, stattdessen mit beachtlicher Präsenz. Und vor allem erscheint er menschlich glaubhaft, eben mit Ecken und Kanten. Durch Bernds Augen wagt „Gasmann“ zudem einen persiflierenden, satirischen Blick auf den Kunst- und Kulturbetrieb.

Regisseur Arne Körner nimmt mit schwarzem, äußerst präzisem Humor jegliche Klischees und Vorurteile genüsslich auseinander: von unterbezahlten, unzufriedenen (Neben-) Darstellern bis hin zu selbstverliebten, egozentrischen Regisseuren, denen jegliches Gespür und Beobachtungsgabe fehlen – und die Leistung ihrer Schauspieler (etwa Bernds Spielpartner) katastrophal fehlinterpretieren. Zudem funktioniert „Gasmann“ als melancholische Coming-of-Age-Groteske der etwas anderen Art, in dem sich ein 40-jähriger Mann partout weigert, Verantwortung zu übernehmen und erwachsen zu werden.

Fazit: Mit zärtlichem Wohlwollen, feiner Ironie und satirischen Spitzen zeichnet Filmemacher Arne Körner in „Gasmann“ das Bild eines schwermütigen Träumers. Ein eigenwilliger, augenzwinkernder Film mit einem großartigen Hauptdarsteller, der allerdings Geduld und den Willen einfordert, sich mit den sperrigen Figuren auseinanderzusetzen.

Bewertung: 8/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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