Die Fee Kritik

Das belgisch-französisch-kanadische Perfomance-Trio Dominique Abel, Fiona Gordon und Bruno Romy kommt ursprünglich aus dem Metier des Theaters, der Pantomime und des Slapstick. In ihren Filmen verzichten sie weitgehend auf Dialoge, nutzen lediglich eine Handvoll filmischer Stilmittel und legen den Schwerpunkt auf Situationskomik in der Tradition eines Buster Keaton oder Charlie Chaplin. Die Filme der drei stellen daher auch immer eine Hommage an die Stummfilm-Ära und ihrer größten Helden dar. „Die Fee“ ist nach „L’iceberg“ (2005) und „Rumba“ (2008) das bereits dritte Werk des perfekt harmonierenden Teams. Dieses füllt in seinen Filmen auch stets die Hauptrollen aus. „Die Fee“ steht ganz im Zeichen seiner beiden Vorgänger und kombiniert auf ähnlich skurrile Weise den typischen Slapstick-Humor des Regietrios mit bizarren Figuren und einer Story, die stark von traditionellen Sagen und Märchen beeinflusst ist. Abel, Gordon und Romy gelingt mit „Die Fee“ ein in Sachen Ästhetik und Stil außergewöhnlicher Film, der vor allem Cineasten und Fans der klassischen Stummfilm-Zeit erfreuen wird.

Dom (Dominique Abel) arbeitet als Nachtwächter in einem kleinen Hotel in Le Havre. Er hat keinen guten Tag erwischt: Bei strömendem Regen reißt ihm auf dem Weg zur Arbeit die Kette seines alten Fahrrads und er kommt viel spät zum Dienst. Dazu kommt, dass ihn Anrufe und die Hotelgäste am Verspeisen seines Sandwichs hindern. Wenig später kommt eine geheimnisvolle Frau (Fiona Gordon) barfuss und ohne Koffer in sein Hotel und stellt sich als Fiona vor. Sie gibt vor, eine Fee zu sein und gewährt ihm drei Wünsche, von denen Tom gleich zwei einlöst. Kaum zu glauben, aber wahr: Am morgen darauf sind diese zwei Wünsche erfüllt, im Hotel steht der gewünschte brandneue Motorroller mit unendlichem Vorrat an Benzin. Zur Erfüllung des dritten Wunsches kommt es jedoch nicht mehr, da Fiona das Hotel verlassen und in eine psychiatrische Anstalt zurückkehren muss. Der schrecklich verliebte Dom setzt nun alles daran, die Frau seiner Träume wiederzusehen und beschließt, Fiona aus der Klinik zu „befreien“.

„Die Fee“ ist ein bizarrer, märchenhafter Film voller witziger Momente und grotesker Absurditäten. Dies sollte man sich vor dem Gang ins Kino bewusst machen: Er ist mehr in einer Traumwelt und in der Imagination als in der Realität verankert und verschließt sich zumeist Logik und Rationalität. „Die Fee“ ist ein modernes Märchen, erzählt mit den wesentlichen Elemente und Stilmitteln des klassischen Stummfilms. Der Film kommt fast ohne Dialoge aus, setzt auf sympathische, sonderbare Charaktere und die Musik spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die Slapstick-Einlagen. Wer Freude an den Filmen der Marx Brothers, Laurel und Hardy oder auch den Werken eines Jacques Tati („Monsieur Hulot“) hat und Gefallen an dem darin enthaltenen körperbetonten Humor findet, kommt am dritten Film des Trios eigentlich nicht vorbei. Die Highlights des Films sind dann auch in erster Linie die gezielt eingesetzten Slapstick-Momente, in denen sich die Perfomance-Künstler voll ausleben können.

Beispielhaft für den im Film auftretenden Humor ist etwa die Szene, in der ein halbblinder Kellner innerhalb von einer Minute fünfmal in Folge gegen dieselbe Wand rennt. Oder wenn Nachtwächter Dom unzählige Male versucht, sein Sandwich zu essen, und dabei immer wieder von den Hotelgästen oder dem klingelnden Telefon unterbrochen wird. Darüber wird aber wohl nur lachen können, wer ein Faible für die oben erwähnten Stummfilm-Stars und deren Filme hat, weshalb sich „Die Fee“ eben vor allem an dieses Publikum richtet. Die Darsteller agieren voller Leidenschaft und Spiellust, das Overacting aus der Stummfilm-Epoche liegt ihnen wahrlich im Blut. In einer der stärksten Szenen des Films, versucht Fiona den Nachtwächter von einem verschluckten Stück Sandwich zu befreien – auf extrem körperbetonte und fast schon brutale Art und Weise. Im Anschluss an diese lebensrettende Tat, versorgt Fiona Dom mit einer ganz speziellen Art der Fuß-Massage, die sogar die Schwerkraft der Körper aufzuheben scheint. Auch diese Szene steht bezeichnend für die spezielle Komik des Films. Darüber hinaus ist „Die Fee“ voller bizarrer, ungewöhnlicher Figuren und Typen – ein weiteres typisches Merkmal der drei Filmemacher und Künstler. Angefangen beim zumeist seltsam dreinblickenden, liebeskranken Nachtwächter, der nicht weiß, wie ihm geschieht über einen britischen Hotelgast, der alle Tricks einsetzt, um seinen Hund aufs Hotelzimmer zu schmuggeln bis hin zur anmutigen, zerbrechlichen Fee Fiona.

Der Handlungsort, die sagenumwobene Hafenstadt Le Havre, erweist sich mit seiner märchenhaften, betörenden Atmosphäre als idealer Schauplatz und Ort für andersartigen Figuren und die besondere Story. So entfaltet die Stadt ihre einzigartige, oft melancholische Stimmung bereits in der Eröffnungsszene, wenn sich Dom in trüben Farben und gräulichen Bildern mit seinem Fahrrad durch den strömenden Regen auf einer Straße entlang der Seine kämpft. Dem gegenübergestellt sind einige Szenen, in denen die charakteristische, farbige Betonarchitektur der Stadt besonders zur Geltung kommt, etwa, wenn Fiona in ihrem bunten Kleid durch die Innenstadt rennt und die leuchtenden, neonfarbenen Schriftzüge und Reklamen der Geschäfte hinter sich lässt.

Fazit: Mit „Die Fee“ gelingt dem Perfomance-Trio Dominique Abel, Fiona Gordon und Bruno Romy eine märchenhafte Hommage an die Stummfilm-Epoche mit bizarren Einfällen und skurrilen Figuren. Die Situationskomik und der fast vollständige Verzicht auf Dialoge eignen sich aber nicht für jeden Zuschauer.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Dominique Abel
  • Fiona Gordon
  • Philippe Martz
  • Bruno Romy
  • Vladimir Zongo
  • Destiné M’Bikula Mayemba
  • Willson Goma
  • Didier Armbruster
  • Anaïs Lemarchand
  • Lenny Martz
  • Emilie Horcholle
  • Sandrine Morin

Regie:

  • Dominique Abel
  • Fiona Gordon
  • Bruno Romy

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