Der wundersame Katzenfisch Kritik

Der wundersame Katzenfisch KritikEines Tages muss sich die 20-jährige Claudia wegen einer Blinddarmentzündung ins Krankenhaus begeben. Dort lernt sie zufällig die selbstbewusste Martha kennen und beide verstehen sich auf Anhieb glänzend. Martha ist jedoch schwer vom Schicksal gebeutelt: Sie hat Aids im fortgeschrittenem Stadium und wohl nur noch wenige Wochen zu leben. Einige Zeit nach der Entlassung aus der Klinik, lädt Martha Claudia zu sich nach Hause ein. Dort schließt die junge Frau die liebenswerten Mitglieder der Großfamilie sofort in ihr Herz. Claudia, die selber viele Jahre allein und einsam gelebt hat, fühlt sich bei der Familie aufgehoben und umsorgt. Im Laufe der Zeit wird sie zu einem wichtigen, unverzichtbaren Teil der Familie und sie muss sich fragen, welche Rolle sie nach dem Tod von Martha spielen will.

„Der wundersame Katzenfisch“ ist das hervorragende, sensible Spielfilm-Debüt der mexikanischen Regisseurin Claudia Sainte-Luces. Inspiriert wurde Sainte-Luces für ihre Geschichte von realen, autobiografischen Begebenheiten: Sie selber verließ mit 17 Jahren ihre Familie und verbrachte lange Jahre in Trauer sowie Einsam- und Orientierungslosigkeit. Bis sie in der mexikanischen Stadt Guadalajara von einer warmherzigen, liebevollen Familie aufgenommen wurde, in deren Zentrum die sterbenskranke aber lebensfrohe Mutter bzw. Ehefrau stand, die alles zusammenhielt. „Der wundersame Katzenfisch“ ist ein fesselndes, einnehmendes Langfilm-Debüt mit überzeugenden Darstellern und einem großen Gespür für die Charakter- und Figurenzeichnung.

Viel Zeit nimmt sich Regisseurin Sainte-Luces für die Einführung und Etablierung ihrer liebevoll gezeichneten Figuren und Charaktere. Zu aller erst natürlich für Claudia, die nicht zufällig den gleichen Vornamen wie die Filmemacherin trägt. Diese erlebte eine ganz ähnliche, auf der einen Seite äußerst beglückende, andererseits aber auch tieftraurige und tragische Geschichte, als sie 17 Jahre alt war. Claudia wird als ein wenig chaotische aber gutherzige Frau gezeichnet, die sich mit Gelegenheitsjobs mehr schlecht als recht über Wasser hält und insgeheim sehr unter ihrer Einsamkeit leidet. Das erklärt auch ihre allgegenwärtige Melancholie und Verträumtheit. Ein bisschen erinnert Martha in all ihrer Abstrusität und Überdrehtheit an die unvergessene Amélie Poulain (Audrey Tautout).

So ganz anders ist die selbstsichere, lebenslustige Frohnatur Martha, die mit ihrer Heiterkeit und großem Optimismus im örtlichen Krankenhaus schnell die Aufmerksamkeit und das Interesse von Claudia erlangt. Und das, obwohl Marthas HIV-Infektion bereits drastisch vorangeschritten ist. Die beiden Frauen freunden sich schnell an und verstehen sich prächtig. Bald wird Claudia fast zu einer Art vollwertigem Familienmitglied, die auch im Haushalt immer mehr Aufgaben übernimmt. Die beiden Hauptdarstellerinnen Ximenia Ayala und Lisa Owen harmonieren dabei großartig. In ihrem nachhaltigen, fast andächtigen Spiel ergänzen sie sich gut, ohne dabei einander an die Wand zu spielen. Sie vermeiden dies durch vorsichtige Zurückhaltung. Ebenso gekonnt und abwechslungsreich sind die übrigen Familienmitglieder der bunten, wundersamen Sippe gezeichnet: von der charismatischen, emotionalen Mariana bis zur niedlichen, leicht übergewichtigen Wendy, die mit ihrer unverblümten Offenheit immer wieder für einige Lacher sorgt.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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