Tesla Kritik

Der aus Kroatien stammende, hochmotivierte Ingenieur Nikola Tesla (Ethan Hawke) beginnt eine Anstellung in der Firma des großen Erfinders Thomas Edison (Kyle MacLachlan). Tesla ist intelligent und fleißig, nimmt sich selbst jedoch zu wichtig und tritt mit der Zeit  übertrieben ehrgeizig auf, weshalb es zwischen ihm und Edison zum Bruch kommt. Und so wendet sich der Immigrant bald darauf an Edisons Konkurrenten, den Großindustriellen George Westinghouse (Jim Gaffigan), der Tesla dabei unterstützt, sein eigenes Stromsystem zu realisieren. Und auch mit Privatbankier J. P. Morgan unterhält Tesla geschäftliche Beziehungen. Als er dessen Tochter kennenlernt, ist er hin und weg: Anne Morgan (Eve Hewson) ist die Liebe seines Lebens. Doch der stets auf Leistung und Erfolg getrimmte Tesla ist geprägt von Zweifeln: Wenn er eine Beziehung eingeht, könnten seine Arbeit und die Karriere leiden.

Erst vor wenigen Wochen startete (mit zweijähriger Verspätung) das mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle besetzte Biopic „Edison“ in den Kinos, das sich dem Leben des gleichnamigen Elektrizitäts-Pioniers und Erfinders widmete. Der US-amerikanische Regisseur Michael Almereyda richtet in “Tesla” seinen Blick nun auf Edisons Gegenspieler. Der Film debütierte Anfang 2020 auf dem Sundance Filmfest. Bekannt wurde Almereyda durch sein 2000 erschienenes Drama “Hamlet”, das er ebenfalls mit Ethan Hawke in der Hauptrolle besetzte.

„Tesla“ und „Edison“ könnten sich nicht deutlicher voneinander unterscheiden. Während der Texaner Alfonso Gomez-Rejon seinen Film formal und dramaturgisch klar bzw. stringent anlegte sowie auf jegliche Experimente verzichtete, entscheidet sich Almereyda für das glatte Gegenteil. So unterwandert er gängige Sehgewohnheiten und unterläuft die Erwartungshaltungen des Betrachters, wenn er einige der Hauptfiguren, allen voran Anne Morgan, immer wieder die vierte Wand durchbrechen lässt – und diese sich mit ihren Ausführungen ganz unmittelbar und direkt an die Kinobesucher wenden.

Das kennt man natürlich von Filmen wie „Deadpool“, in einem auf trockenen Fakten und vergangenen, tatsächlichen Ereignissen basierenden biografischen Porträt wie „Tesla“ wirkt dieses Stilmittel allerdings noch ungewöhnlicher und erfrischender. Überhaupt verweigert sich Almereyda gekonnt den Spielregeln des Genres, indem er (wie man es z.B. aus Filmen wie „Marie Curie“ oder eben „Edison“ kennt) nicht nur die späteren Folgen und positiven Auswirkungen von Teslas Ideen und Erfindungen – gekonnt subtil – in den Film einstreut. Er verschränkt Vergangenheit und Gegenwart zudem auf augenzwinkernde Art, indem er „moderne“ Geräte und Gadgets, vom Smartphone bis zum Laptop, wie selbstverständlich in die Handlung einbaut und sie zu fast alltäglichen Gebrauchsgegenständen der Charaktere werden lässt.

Darüber hinaus überzeugen die enorme erzählerische Ruhe sowie Ethan Hawke mit einer präzisen, sensiblen Darstellung des introvertierten Eigenbrötlers Tesla. Gekonnt legt er seine Figur als innerlich fragilen, zwischen seiner wissenschaftlichen Arbeit und der Beziehung zu Anne hin- und hergerissenen, genialischen Sonderling an. Leider verkommen neben seiner Brillanz und Leinwandpräsenz die anderen Protagonisten teils zur blassen Staffage, etwa sein Widersacher Edison oder der Industriemagnat Westinghouse. Apropos „Leinwand“. Vieles in „Tesla“ wirkt nicht wie für die große Leinwand, das Kino, gemacht und konzipiert. Eher für das Theater. Dahinter stecken natürlich Absicht und Kalkül, dennoch erscheinen manche Szenen, die Almereyda auf einer Art Theaterbühne und vor Projektionen sowie Dia-artigen Hintergründen ansiedelt, doch arg gewöhnungsbedürftig und vielmehr wie ein Fremdkörper in einem ansonsten raffinierten, wagemutigen Film.

Fazit: Cleveres, mit einem starken Hauptdarsteller besetztes und stellenweise (im wahrsten Sinne) ungemein „elektrisierendes“ Biopic, das mit gängigen Sehgewohnheiten bricht, seinen interessanten Nebenfiguren allerdings zu wenig Beachtung schenkt.

Bewertung: 7/10

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