Die Kinderpsychologin Mary (Naomi Watts) hat sich nach dem Unfalltod ihres Mannes in die Abgeschiedenheit der Natur Neuenglands zurückgezogen. In ihrem entlegenen Haus muss sie sich zudem um ihren Sohn (Charlie Heaton) kümmern, der bei demselben Unfall schwer verletzt wurde. Er ist ein vollständig gelähmter Pflegefall. Mary hat nicht viel Kontakt zu anderen Menschen, und wenn, dann kommuniziert sie am ehesten noch über die Skype-Videotelefonie mit ihrer Umwelt. Etwas Positives scheint in ihr Leben Einzug zu halten, als sie sich dazu entscheidet, sich um den Waisenjungen Tom (Jacob Tremblay) zu kümmern. Der sensible Junge könnte ihr ein wenig Abwechslung vom Pflege-Alltag verschaffen. Sie bietet ihm sogar an, für eine gewisse Zeit in ihrem Haus zu wohnen. Doch alles ändert sich, als Tom eines Tages in einem heftigen Schneesturm verschwindet. Die Polizei erklärt ihn für Tod – und für Mary beginnt eine Zeit der Albträume und mysteriösen Geschehnisse. Ist Tom vielleicht gar nicht tot und hat er möglicherweise etwas mit den seltsamen Ereignissen zu tun?
Mit dem Horrorthriller „Shut In“ legt Regisseur Farren Blackburn seinen zweiten Langfilm vor. In den letzten Jahren inszenierte er Episoden für bekannte Serien und TV-Produktionen, etwa für „Luther“, „Die Musketiere“ oder auch „Daredevil“. 2013 gab er mit dem wenig beachteten B-Actionfilm „Hammer of the Gods“ (2013), seinen Einstand als Spielfilm-Regisseur. Zu dieser Zeit fristete das Drehbuch zu „Shut In“ bereits schon lange ein Dasein als Teil der bekannten „Black List“ – eine Liste der besten unverfilmten Skripte. 2015 begann dann der Dreh des Films im kanadischen Quebec, für den die Produktionsfirma (Universum Film) zehn Millionen Dollar zur Verfügung stellte. Thriller- und Horror-Erfahrung sammelte Hauptdarstellerin Naomi Watts bereits in Filmen wie „Ring“ (2002), „Funny Games U.S.“ (2007) oder auch jenem Werk, das sie 2001 schlagartig berühmte machte: „Mulholland Drive“ von David Lynch.
Rein handwerklich und formal betrachtet, macht Regisseur Blackburn bei „Shut In“ nicht allzu viel falsch. Er kennt die Regeln des Genres und bedient sich dieser immer wieder mit Lust und Laune. So dürften bei dem Film all jene auf ihre Kosten kommen, die überraschungsarme, aber solide Horrorthriller-Kost mögen, etwa jüngere Filme dieser Art wie „Annabelle“, „Oujia“ oder „The Boy“. All diese Produktionen orientieren sich an den Regeln des Genres und bieten für 90 Minuten kurzweilige Gruselkost mit einigen gelungenen Schreckmomenten. Aber exakt dieses starre Festhalten an den Horrorfilm-Konventionen und der Versuch, dem Publikum genau das zu geben, was es erwartet, sorgt auch für Austausch- sowie Eintönigkeit und zeugt von wenig Einfallsreichtum. Was bleibt, sind filmische Beiträge von der Stange. Exakt so verhält es sich auch mit „Shut In“.
Der Zuschauer bekommt die altbekannten Schockeffekte und -momente serviert: so verschrecken wie aus dem Nichts auftauchende Tiere die Hauptfigur oder der obligatorische Stromausfall sorgt für die nötige Dunkelheit. Am Ende kommt es dann zwar zu einer (tatsächlich so nicht zu erwartenden) Wendung, dennoch wirkt diese – ebenso wie das Finale mit vergleichsweise hohem Tempo und Action-Anteil – eher wie mit der Brechstange serviert. Es hat den Anschein, als wollte Blackburn am Ende nochmals alle Register ziehen und den Zuschauer in den letzten Minuten mit einer Art Reizüberflutungs-Showdown, für sich einnehmen. Der Versuch misslingt. Apropos Reizüberflutung: unangenehm aufdringlich und viel zu hektisch bzw. lautstark, tönt es bei dem Film aus den Boxen. Bei seiner akustischen Untermalung und den Toneffekten – egal ob vereinzelte Sounds oder längere instrumentale Passagen – verhält es sich ebenso wie mit dem Finale: weniger wäre mehr gewesen. Alles einfach eine Nummer reduzierter, sanfter, gedämpfter.
Gelungen sind hingegen die (Alb)Traumsequenzen und Visionen, unter denen Mary leidet. Sie sind zu weiten Teilen stimmungsvoll und zeugen von einer beklemmenden Atmosphäre. Außerdem machen einige davon klar (Stichwort: Badewanne), dass Mary alles andere als mit sich und ihrer Situation bzw. ihren selbst auferlegten Pflichten im Reinen ist: der Aufgabe, den schwer kranken Sohn den ganzen Tag zu pflegen und nichts an seinem Zustand ändern zu können. Sie hadert mit ihrem Leben und der Eintönigkeit ihres Alltags. Diesen Konflikt fördert Naomi authentisch und glaubhaft zu Tage. Durch ihr ausgefeiltes, vielschichtiges Minen-Spiel wird jener Konflikt immer wieder deutlich und bestätigt Watts als mit ihren Rollen verschmelzende Ausnahme-Charaktermimin, die auch in einem Horrorfilm vom Reißbrett, darstellerische Glanzpunkte setzen kann.
Fazit: Überraschungsarmer, gängige Gerne-Stereotype und -Klischees bemühender Horrorthriller vom Fließband, der am ehesten noch für eingefleischte Fans des Genres zu empfehlen ist. Immerhin bewahren die passend besetzte Naomi Watts sowie die bedrohlich anmutenden Traumsequenzen, den Film vor dem Totalausfall.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.
Es ist toller Film. Ich möchte den unbedingt sehen!