5 Jahre nach seinem Welterfolg „I. Robot“ setzt Alex Proyas erneut auf eines der beliebtesten SF-Themen. Anstatt CGI-animierte Roboter auf Menschenjagd zu präsentieren, stimmt er in „Knowing“ zwar ruhigere, aber keineswegs beruhigende Töne an. Nicht weniger als die Apokalypse bedroht in seinem neuesten Werk die Menschheit. Kann Hauptdarsteller Nicolas Cage diese noch abwenden? Und sind die zahlreichen Verrisse für diesen Film gerechtfertigt? Lest einfach selbst, und ihr werdet wissen …
Know(ing) how
An einer Schule in Massachusetts sollen 1959 Schüler ihre Vorstellungen von der Zukunft zu Papier bringen, um die Blätter hernach in einer Zeitkapsel für die Nachwelt zu erhalten. Während sich die meisten Kinder ihren Träumereien und Schwelgereien hingeben, kritzelt die Außenseiterin der Klasse geradezu manisch sinnlos scheinende Zahlenkolonnen.
50 Jahre danach wird die Zeitkapsel feierlich geöffnet und jeder Schüler der Schule erhält eines der Jahrzehntelang verschlossenen Blätter. Caleb Koestler (Chandler Canterbury) weiß mit seinem Dokument wenig anzufangen: Es handelt sich um jenes mit den anscheinend sinnlosen Zahlenreihen. Sein Vater, der Wissenschaftler John (Nicolas Cage) entdeckt jedoch das unglaubliche Geheimnis hinter den Zahlen. Sie beschreiben Ort und Zeit schrecklicher Katastrophen der letzten Jahrhunderte. Und mehr noch: Die letzten Zahlen reichen in die unmittelbare Zukunft. Entsetzt versucht er, seine Entdeckung anderen Menschen mitzuteilen. Doch niemand will ihm glauben, bis er Diane Wayland (Rose Byrne) trifft – die Tochter jener einstigen Schülerin, die ein halbes Jahrhundert zuvor all diese Katastrophen vorhergesehen hatte. Und ihnen bleibt nicht mehr viel Zeit um herauszufinden, wie und ob die Apokalypse verhindert werden kann …
Mystery goes SciFi
Was an „Knowing“ von Anfang an auffällt, ist die enge Verwandtschaft zum vor allem in den 1990er Jahren prägenden Genre des Mystery-Filmes. Tatsächlich erwartet man in manchen Szenen, Fox Mulder würde sich des Rätsels annehmen und es auf seine unvergleichlich amüsant-sarkastische Weise lösen. Trotz allem vermag Proyas’ neuester Streich dem Ganzen eine eigene, ungewöhnliche Note abzugewinnen, denn: Bereits nach wenigen Minuten wird das grundlegende Mysterium der rätselhaften Zahlenkolonnen gelöst, ohne die Spannung aus dem Film zu nehmen. Im Gegenteil: Durch die Einführung stummer, adrett gekleideter Männer, die mit Johns Sohn in Verbindung stehen, knüpft der Streifen einen weiteren Handlungsfaden an den Basisplot, der schlussendlich halbwegs sinnvoll aufgelöst wird.
Dies erweist sich als reichlich clever, da auf diese Art das Interesse des Zuschauers konstant auf einem ansprechenden Level gehalten wird. In diesem Punkt überrascht „Knowing“ durchaus positiv: Auch wenn der Rezipient nicht gerade die Zehennägel vor Spannung kaut, so weiß der Film ein gerüttelt Maß an Spannung zu bieten, was in den Fragen endet, ob die Apokalypse unvermeidbar ist, wer die geheimnisvollen Männer sind und in welchen Zusammenhang all dies steht.
Freilich: Die „Auflösung“ dieser Rätsel wird nicht jedermanns Geschmack treffen. Vielmehr stellt sie den wohl größten Kritikpunkt an dem unterhaltsamen Zweistunden-Streifen dar. Einen gewissen Reiz kann man dieser zumindest aus visueller Sicht nicht abstreiten, doch lässt sie unbefriedigt zurück und vermag letztendlich nicht wirklich zu überzeugen, weil sie wiederum Fragen aufwirft. Da eine weitere Ausführung nicht möglich ist ohne zu spoilern, verzichten wir ausnahmsweise darauf.
Faktisch bietet der „Twist“ mehrere Probleme: Zum einen mutet er denkbar gezwungen und wenig originell an, zum anderen stellt er den Basisplot in gewisser Weise sogar auf den Kopf. Angeblich feilte Proyas mehrere Jahre lang an dem Drehbuch. Der Eindruck, er hätte eben jenen Basisplot, der zugegebenermaßen enorm spannend und herausfordernd ist, letztendlich nur notdürftig mit einem wenig kreativen Schluss versehen, drängt sich unwillkürlich auf.
Keine totale Katastrophe
Immerhin jedoch unterhält „Knowing“ auf meist sehr zurückhaltende Weise, ohne an irgendeiner Stelle völlig die Handlungsfäden aus der Hand zu geben. Nur in einigen wenigen Szenen springt er dem unvorbereiteten Zuschauer gewissermaßen an die Gurgel und vermag zu überraschen. Die totale Katastrophe, als die viele Kritiker diesen Film sehen (oder sehen wollen?), ist er bei weitem nicht. Vor allem visuell bietet er einige Momente grandiosen Augenschmauses.
Umso enttäuschender fallen die weniger gelungenen optischen Aspekte aus. Vor allem ein Flugzeugabsturz, der eines der Highlights des Filmes darstellen sollte, kann nicht überzeugen. Angesichts des üppigen Budgets von rund 50 Millionen Dollar hätte man eine realistischer anmutende Inszenierung erwarten können.
Schauspielerisch bewegt sich der Film im Grünen Bereich, auch wenn Nicolas Cage nicht an seine besten Performances anknüpfen kann und sich selbst in den emotional stärksten Szenen auffallend zurückhält und mit angezogener Handbremse agiert.
Ein Punkt, der nicht unbesprochen bleiben darf, ist der religiöse Unterton. Ob und wie weit man diesen akzeptiert, ist natürlich Geschmackssache, weist jedoch in „Knowing“ einen ganz eigenen Haken auf: Während Filme wie „Das Omen“ zur Gänze und ausschließlich auf einer solchen religiösen Meta-Ebene fußen, wäre eine solche in „Knowing“ überhaupt nicht nötig gewesen. Der Film hätte auch ohne diese bestens funktioniert, ja, hätte sogar davon profitiert, weil sie den Schluss verwässert und verkitscht.
Apropos: Leider reiht sich „Knowing“ in die Riege jener Filme ein, die den richtigen Zeitpunkt für den Abspann verpassen. Eine nicht nachvollziehbare Schwäche, angesichts einer berührenden, vermeintlichen Abschlussszene, die den Streifen hervorragend beendet hätte. Anstatt dessen serviert Royas eine Reihe kitschiger Bilder, die so gar nicht in den Kontext des Gezeigten passen und eher unfreiwillig komisch, als emotional herausfordernd wirken.
Eingedenk aller Schwächen kann „Knowing“ dennoch als akzeptabler Mystery-SF-Mix angesehen werden, dessen unnötiger religiöser Ballast und das schwache Ende einen großen Teil des Potenzials verschenken.
Darsteller
- Nicolas Cage … Professor John Koestler
- Chandler Canterbury … Caleb Koestler
- Rose Byrne … Diana Wayland
- Lara Robinson … Lucinda Embry / Abby Wayland
- Ben Mendelsohn … Prof. Phil Beckman
- Alan Hopgood … Reverend Koestler
- Adrienne Pickering … Allison Koestler
- Danielle Carter … Junge Miss Taylor
- Alethea McGrath … Alte Miss Taylor
Regie
Alex Proyas
Produktionsland, Jahr
USA, 2009
Knowing Trailer
„Apropos: Leider reiht sich „Knowing“ in die Riege jener Filme ein, die den richtigen Zeitpunkt für den Abspann verpassen.“ — Dem kann ich voll und ganz zustimmen.
„Knowing“ minus „Religionsbullshit“ minus „Superscheissende mit Baum“ = sehr guter Film.
Aber scheinbar brauchen die Amis diesen Müll/Kitsch welches sie von ihren Kirchen her kennen. Leider…