Mother! Kritik

Mother! Filmkritik

Ein Ehepaar (Jennifer Lawrence, Javier Bardem) lebt in einem viktorianischen Haus auf dem Land, weit weg von jeglicher Zivilisation. Er ist Schriftsteller und hofft, in der Idylle der Natur und Abgeschiedenheit, Inspiration für seinen neuesten Roman zu finden. Sie hingegen kümmert sich unterdessen um die Einrichtung des Hauses und den Haushalt. Der Frieden wird gestört, als ein mysteriöser Fremder (Ed Harris) vor der Tür steht, der sich wenig später als großer Fan und Bewunderer des Schriftstellers herausstellt. Dann erscheint auch noch seine nicht minder geheimnisvolle Frau (Michelle Pfeiffer), die, ebenfalls wie ihr Mann, von dem Dichter äußerst gastfreundlich aufgenommen wird. Der Autor lädt die Beiden sogar ein, für länger im Haus zu bleiben – ganz zum Missfallen seiner Frau. Die Situation droht endgültig zu eskalieren, als zu guter Letzt auch noch die beiden Söhne (Domhnall und Brian Gleeson) des Ehepaars aufkreuzen. Denn die Brüder liegen im heftigen Clinch miteinander und tragen diesen direkt vor den Augen des Ehepaares aus.

Regie bei dieser hochkarätig besetzten, vordergründigen Mischung aus Home-Invasion und Drama, führte Star-Regisseur Darren Aronofsky. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde der Filmemacher und Drehbuchautor durch sein Drogen-Drama „Requiem for a dream“ (2000). Große Publikums- und Kritiker-Erfolge feierte er später u.a. mit düsteren Dramen wie „The Wrestler“ und vor allem „Black Swan“. Aronofsky drehte „Mother!“ von Juni bis August 2016 im kanadischen Montréal. Während der Dreharbeiten begannen er und Hauptdarstellerin Lawrence eine Beziehung. Für Aufsehen sorgte die Veröffentlichung des Filmplakats wenige Wochen vor Kinostart: im Stile eines kunstvollen Porträts, ist darauf Lawrence zu sehen, deren Hände voller Blut sind. Darin trägt sie ihr Herz. Das Motiv nimmt die unheilvolle Stimmung des Films vorweg.


„Mother!“ spaltete bereits bei den ersten Premieren die Zuschauer- und Kritiker-Reaktionen tief in zwei Lager. Die einen hielten den Film für eine Zumutung, betrachteten ihn als skandalös oder viel zu chaotisch, mindestens aber als zu esoterisch aufgeladen und spirituell. Als halbgares, übertrieben und künstlich aufgebauschtes Home-Invasion-Machwerk ohne Botschaft. Das andere Lager war der Ansicht, dass es sich bei „Mother!“ um ein inszenatorisches Meisterwerk handelt, anspielungsreich und voller großartiger metaphorischer Entsprechungen. Ein Film bei dem es lohnt, hinter die Fassade einer gängigen Horror- oder Psychothriller-Story zu schauen, um die Botschaften entschlüsseln und die Rätsel lösen zu können.

Im Prinzip haben beide Parteien recht mit ihren Ansichten und Meinungen über den Film. Der Autor dieser Zeilen zählt sich dann aber doch zum zweiten Lager, aber auch nur, weil er sich nach dem Film auf Recherche-Reise begab und die verschiedenen Interpretations-Möglichkeiten sowie Entsprechungen im Film, nachlas. Selbst Michelle Pfeiffer gab nach dem Lesen des Drehbuchs zu, den Inhalt nicht verstanden zu haben. Erst als Aronofsky ihr den Sinn und die Aussagen des Werks erläuterte, war sie begeistert. So könnte es auch dem Zuschauer gehen – wenn er versteht, dass der Film im Kern hochkonzeptionell ist, zutiefst durchdacht und nichts dem Zufall überlassen bleibt.

Denn „Mother!“ ist nur vordergründig ein Psycho-Horror-Film nach bekanntem Muster, in dem ein Ehepaar von Fremden terrorisiert und in einen Strudel der Gewalt gesogen wird. Auf kryptische Art und Weise, staffiert Aronofsky seinen Film mit Unmengen an religiöser Metaphorik, biblischen Querverweisen sowie (alt- und neu-testamentarischen) Anspielungen aus. Dies sollte der Zuschauer vor dem Gang ins Kino wissen, um den Saal nicht vielleicht vollends verstört und enttäuscht zu verlassen. Figuren, Erzählungen und Motive aus der Bibel, die im Film angeschnitten werden und – im übertragenen Sinne – auftreten, sind u.a.: Maria und Josef, Kain und Abel, die Apokalypse, Adam und Eva, der Baum der Erkenntnis, die Hölle, der Teufel. Vielmehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, denn jetzt ist es am Zuschauer, diese Inhalte und Querverweise den richtigen Szenen und Charakteren im Film zuzuordnen.

Von Beginn an liegt über den Geschehnissen eine dunkle, unheilvolle Stimmung und bedrohliche Atmosphäre. Dies stellt sich bereits vor der Ankunft der Fremden ein, noch lange bevor das Chaos über das Ehepaar hereinbricht. Ein Grund dafür ist der minimalistische Einsatz der visuellen wie auch akustischen Stil- und Gestaltungselemente. Ein Beispiel dafür: der Score. Die Filmmusik ist kaum hör- und wahrnehmbar, vermittelt aber dennoch immer wieder unterschwellig und auf reduzierte Weise, ein Gefühl der Angst und Enge.

Eine Einheit bildet der Soundtrack mit der Bildsprache, die oft eine Stimmung von Einsam- und Hilflosigkeit vermittelt. Etwa, wenn das Haus in all seiner Abgeschiedenheit, immer wieder in der Totalen gezeigt wird. Um die Verzweiflung in erster Linie der Ehefrau (alle Figuren bleiben im Film namenlos) deutlich zu machen, setzt Aronofsky bei den Szenen mit seinen Figuren, nicht selten auf Nahaufnahmen. So rückt er u.a. mit Hilfe starrer Perspektiven und Einstellungen, das Gesicht von Lawrence wieder und wieder ins Zentrum – und damit ihre inneren Qualen sowie die sich kontinuierlich steigernden Ängste.

Fazit: Anspielungsreiche, perfekt durchdachte Flut an religiösen Botschaften sowie biblischen Verweisen und Referenzen. Es lohnt, hinter die kryptischen Anspielungen sowie die komplexe Inszenierung zu blicken, da „Mother!“ nur vordergründig ein Home-Invasion-Psycho-Thriller ist.


Bewertung: 9/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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