Ich bin dein Mensch Kritik

Ich bin dein Mensch Kritik

Obwohl Alma (Maren Eggert) zunächst wenig davon hält willigt sie ein, für die Ethikkommission ein Gutachten zu einer hochkomplexen Frage einzureichen: ob man humanoide, menschenähnliche Roboter in naher Zukunft hierzulande zulassen soll. Zu verlockend sind die Forschungsgelder, die Alma, die im Berliner Pergamonmuseum arbeitet und forscht, im Gegenzug erhält. Und so kommt es, dass sie drei Wochen lang einen exakt auf ihre Bedürfnisse hin abgestimmten Roboter der Firma Terrareca bei sich aufnimmt. Es handelt sich um den Partnerschafts-Roboter Tom (Dan Stevens), der optisch von einem Menschen nicht zu unterscheiden ist. Und der darauf programmiert ist, dass Alma sich in ihn verliebt. Einerseits überkommt sie ein Gefühl der Genervtheit aufgrund Toms übertriebener Fürsorge und Hilfsbereitschaft, andererseits aber genießt sie es, umworben und umgarnt zu werden. Gelingt das Experiment?

Der im Sommer und Frühherbst 2020 unter Corona-Bedingungen gedrehte Film ist die dritte Regie-Arbeit von Maria Schrader. Ihr Debüt feierte die gelernte Schauspielerin 2007 mit dem Drama „Liebesleben“. Für Furore sorgte sie im vergangenen Jahr mit ihrer Netflix-Miniserie „Unorthodox“. In „Ich bin dein Mensch“, der 2021 auf der Berlinale debütierte, befasst sie sich mit Themen der Moral, Ethik, Liebe, Sexualität sowie der Frage, was den Menschen zum Menschen macht.

Maria Schrader erweist sich wie in ihren vorherigen Filmen erneut als sensible, wachsame Beobachterin, die ihr großartig aufgelegtes Darsteller-Ensemble mit ironischer Leichtigkeit durch einen klugen, vergnüglichen Film führt. Dabei verzichtet Schrader allerdings nicht auf die nötigen ernsten Zwischentöne und die Schwermut, welche sich zumeist im Blick der komplexen Hauptfigur manifestiert.

Denn Alma ist eine spannende Figur, der man gerne zusieht und mit der man mitfühlt. Auch wenn sie es ihren Mitmenschen tatsächlich nicht immer einfach macht. Sie ist hin und hergerissen zwischen ihren beruflichen Ambitionen als selbstbewusste Wissenschaftlerin und Selbstverwirklichung einerseits, andererseits aber sehnt sie sich tief im Inneren nach Zuneigung, Liebe und Berührung. Nach außen wirkt sie oft introvertiert, skeptisch und kühl, doch unter der rauen Schale schlummert eine fragile, hochsensitive Seele.

Aus der Unterschiedlichkeit der beiden Hauptfiguren entstehen viele fabelhafte, urkomische Momente und bizarre Situationen. Denn wenn die übertrieben höfliche und auf die Emotionen der Menschen programmierte Künstliche Intelligenz Tom auf die verschlossene, rational agierende Akademikerin trifft, die nicht auf all die pathetischen, rührseligen Anmachsprüche, Komplimente und Avancen anspringt, dann ergeben sich eben jene schwarzhumorigen, fein ironisierenden Szenen. Die immer auch etwas über die unterschiedlichen (Beziehungs-) Vorstellungen von Mann und Frau aussagen und darüber, dass diese doch nicht selten auf unterschiedlichen Frequenzen „funken“, heißt: kommunizieren.

Während in der ersten Hälfte vor allem der Humor, die Komik und die Leichtigkeit dominieren, geraten die nachdenklichen Töne und philosophischen Fragestellungen mit zunehmendem Handlungsverlauf und fortschreitender Laufzeit vermehrt ins Zentrum. Besonders schön ist das Ende, in dem „Ich bin dein Mensch“ auf poetische, feinfühlige Weise Vergangenheit und Zukunft kulminieren lässt. Die vergangenen Erlebnisse und die Erfahrungen unseres Lebens machen uns erst zum Menschen und prägen unser Wesen wie wenig sonst. Und es ist genau das, was uns von Robotern unterscheidet, die genau über dieses essentielle Merkmal nicht verfügen: eine eigene Vergangenheit.

Fazit: Vergnügliche, hintersinnige romantisch- philosophische Komödie, verspielt und mit Verve inszeniert. Regisseurin Maria Schrader gelingt gekonnt die Balance zwischen ungezwungener Leichtigkeit, absichtsvoller Inszenierung und Reflexion über zentrale Themen wie Technologisierung, Sexualität und Beziehung.

Bewertung: 10 / 10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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