Verliebte Feinde Kritik

Verliebte-FeindeSchweiz, in der Mitte der 50er-Jahre: In gesellschaftlich unruhigen Zeiten treffen zwei Menschen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Sie, eine offene, selbstständige und in ihrem Auftreten selbstsichere Frau, die voller Idealismus und Tatendrang steckt. Er, ein verschlossener, unsicherer Intelektueller, dem es nur schwer gelingt, sich von seinem katholisch-konservativen Elternhaus zu lösen. Trotz aller Unterschiede, verlieben sich Iris Meyer und Peter von Roten ineinander und heiraten schließlich. An der Seite seiner feministischen, politisch engagierten Frau, entwickelte sich Peter von Roten bald zu einem Ausnahmepolitiker, der mit seinen Ansichten und Anschauungen, und denen seiner Frau, polarisierte.

Ein entscheidender Grund, weshalb sich Iris von Roten so sehr politisch einbrachte und zu einer der bekanntesten Feministinnen ihrer Zeit wurde, war, dass sie sich in keinster Weise mit dem damals vorherrschenden Frauenbild in der Schweiz (Küche und Kinder) identifizieren konnte. Iris von Roten kämpfte für die Einführung des Frauenwahlrechts sowie die Gleichstellung der Frau auf allen gesellschaftlichen und politischen Ebenen. 1958 erschien ihr Lebenswerk, das umstrittene Buch „Frauen im Laufgitter“, indem sie die Lage der Frau in der Schweiz kritisch analysierte. Sie erörterte – ein Novum bis dahin – sexuell-erotische Fragen und entmythologisierte so genannt traditionell-weibliche Werte. Nach der Veröffentlichung des Buches konnte man von Roten und ihre Ansichten nicht mehr ignorieren, man liebte oder hasste sie. Ihre Radikalität und rigorose Härte bewahrte sie sich bis zu ihrem Freitod im Jahr 1990.

Der Schweizer Dokumentarfilmer Werner Schweizer nahm die Lebens- und Liebesgeschichte von den von Rotens, dem polarisierendsten Polit-Ehepaar der Schweiz, zum Anlass für seine faszinierende Dokufiction „Verliebte Feinde“. Mit einer Mischung aus Spielszenen, Zeitzeugenaussagen und seltenen Archivaufnahmen gelingt ihm ein fesselndes Doppel-Porträt.

Trotz aller Unterschiede zwischen der lebenshungrigen, offenen Iris und dem erzkonservativen Peter von Roten, war die Beziehung der Beiden stets von großem Respekt voreinander und inniger, tiefer Liebe geprägt. Davon zeugt Schweizers Film und lässt damit keinen Zweifel an den Gefühlen der zwei Querdenker. „Verliebte Feinde“ basiert zum einen auf dem 2007 erschienenem, gleichnamigem Buch von Wilfried Meichtry und auf den etwa 1300 Briefen, die sich die Zwei zwischen 1943 und 1950 schrieben. In ihren Briefen debattierten sie leidenschaftlich die großen Themen ihrer Zeit: von Feminismus, Religion und Politik über Literatur und Liebe bis hin zur offenen Beziehung und Sexualität. Die große Leidenschaft, mit der die von Rotens diese zentralen Aspekte und Inhalte schriftlich diskutierten, die Art und Weise, wie die Briefe zum Medium für diesen regen, geistigen Austausch wurden, fasziniert bis heute. Die Rollen von Iris und Peter verkörpern die Schauspieler Mona Petri und Fabian Krüger sehr überzeugend und es gelingt ihnen spielend, ihre komplexen Figuren mit Leben und Esprit zu füllen. Geschickt vermengt Regisseur Schweizer schließlich die inszenierten Szenen mit Aussagen und Interviews von Zeitzeugen sowie Archivaufnahmen, vor allem aus den 40er und 50er-Jahren.

Fazit: „Verliebte Feinde“ verbindet gekonnt inszenierte Szenen mit Zeitzeugen-Interviews und Original-Aufnahmen zu einem vielschichtigen, starken Porträt einer unkonventionellen Beziehung.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider


Regie:
Werner Schweizer

Darsteller:
Fabian Krüger
Mona Petri
Thomas Mathys
Annelore Sarbach
Lisa Maria Bärenbold
Steven Buehler
Jean-Pierre Cornu
Andreas Matti
Klaus-Henner Russius
Tobias Fischer
Anouschka Fongione
Severin Gmünder

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