Es sollte nach der Männer-Fußball-WM 2006 im eigenen Land das nächste große Sommermärchen werden: im Sommer 2011 war Deutschland Gastgeber der Fußball-WM der Frauen. Der Dokumentarfilm „11 Freundinnen“ von Sung Hyung Cho – die in „Full Metal Village“ bereits das Groß-Event „Wacken“ filmisch äußerst unterhaltsam und interessant dokumentierte – begleitet die Frauen-Fußball-Nationalmannschaft auf dem Weg zur WM und beobachtet sie schließlich auch während des Turniers. Aus dem erweiterten Material der TV-Doku „Nachspiel“ über die Fußball-WM 2011 hat Hyung Cho nun also noch einen Kinofilm gebastelt. „11 Freundinnen“ besticht durch sorgfältige, umfassende Beobachtungen des sportlichen Alltags der Frauen und zeigt auf gelungene Weise beispielhaft unterschiedliche Lebensentwürfe auf. Einzig schade ist es, dass der Film mit einer gehörigen Verspätung – erst zwei Jahre nach dem Turnier – nun in den Kinos startet und daher veraltet erscheint.
„11 Freundinnen“ zeigt die Spielerinnen der Fußball-Nationalmannschaft hautnah beim Training, den Vorbereitungen auf die Fußball-WM und schließlich auch in privaten, intimen Stunden. Vom ersten Trainingslager an ist Regisseurin Sung Hyung Cho bei der Mannschaft dabei und macht deutlich, wie viel Arbeit und Anstrengung es bedarf, um sich auf ein Turnier der Größenordnung einer Weltmeisterschaft – noch dazu im eigenen Land – vorzubereiten. Leider entwickelte sich der Turnierverlauf für die Profi-Sportlerinnen nicht zu einem Sommermärchen, wie es bei den Männern fünf Jahre zuvor der Fall war. Im Viertelfinale war für die Mannschaft gegen Japan bereits Endstation. Ein Umstand, der dafür sorgt, dass man „11 Freundinnen“ schon von Beginn an immer mit ein wenig Wehmut betrachtet, schließlich weiß man um das frühe Aus der Mannschaft und es ist klar, dass der Film nicht mit einem Spiel um den Titel oder um Platz drei enden wird. Auch das bot Sönke Wortmanns emotionale Doku „Deutschland. Ein Sommermärchen“. Eine Tatsache, für die Filmemacherin Sung Hyung Cho aber freilich nichts kann.
Dennoch ist es ein Highlight des Films, wenn er die Bilder vom Viertelfinale gegen Japan zeigt. 74 000 Zuschauer waren im ausverkauften Berliner Olympiastadion und verwandelten die Arena in einen Hexenkessel. Die Szenen vom Spiel und der Atmosphäre sowie Anspannung drum herum, fängt „11 Freundinnen“ packend und gelungen ein. An dieser Stelle kommt tatsächlich wieder so etwas wie Gänsehaut auf. Dass das Team schließlich gegen Japan scheitert und dem Film daher kein Happy-End beschieden ist, wie bereits erwähnt, nicht der Regisseurin geschuldet. Sie zeigt sich hier als kluge, sensible Beobachterin und beschreibt zudem anschaulich die Situation des Frauenfußballs hierzulande.
Daneben interessiert sich „11 Freundinnen“ für die Spielerinnen selbst und deren Privatleben. Exemplarisch greift sie sich einige der Frauen raus und porträtiert deren Lebenswirklichkeit und Alltag, darunter den von Bianca Schmidt, Lira Bajramaj und Dzsenifer Marozsán. Dadurch werden die völlig unterschiedlichen Lebensentwürfe der Frauen deutlich, von denen die meisten neben dem Sport noch einer „normalen“ Arbeit nachgehen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren ( so z.B. als Physiotherapeutin oder Sachbearbeiterin). Zudem beleuchtet sie in mehreren Gesprächen mit den Spielerinnen deren Träume, Wünsche und auch Ängste – stets vor dem Hintergrund der unmittelbar bevorstehenden WM.
Fazit: Ausführlich und mit viel Hingabe und Leidenschaft für ihr Thema porträtiert „11 Freundinnen“ die Vorbereitungen und den (sportlichen wie privaten) Alltag der Frauen-Fußball-Nationalmannschaft vor und während der WM 2011 in Deutschland. Leider kommt der Film mit einiger Verspätung in die Kinos, das Thema erscheint daher leider ein wenig veraltet.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider
Regie:
Sung-Hyung Cho
Das Pendant zu Wortmanns „Sommermärchen“ ist auf jeden Fall sehr unterhaltsam und erfreut mit echt privaten, sehr intimen Einblicken ins Team. Aber: es fehlt die kritische Komponente ein wenig, finde ich. So wird das Hick-Hack um Rekordnationalspielerin mit keinem Wort (oder Bild) im Fim erwähnt.