Dunkirk Kritik

Dunkirk Filmkritik

Mai 1940: Hitlers Nazi-Regime ist dabei, weite Teile Europas zu erobern. Hinzu kommt, dass den Alliierten im nordfranzösischen Dünkirchen (Dunkirk) nun ein vernichtender Schlag droht. 400 000 alliierte Soldaten (darunter Briten, Franzosen, Belgier und Niederländer) sind in der Hafenstadt eingekesselt. Vor ihnen liegt die Nordsee, hinter ihnen rücken die deutschen Panzer immer näher. Kommt es zur Zerschlagung der alliierten Armeen und Korps, ist Hitlers Siegeszug auf dem Kontinent nicht mehr aufzuhalten. Wie durch ein Wunder gelingt es den Eingekesselten aber, den letzten Brückenhafen zu halten und eine in der Geschichte einmalige Evakuierungsaktion in Gang zu setzen: die „Operation Dynamo“. Im Laufe dieser Aktion gelingt es u.a. mit Hilfe vieler privater britischer Yachten und Segelboote, einen Großteil der Soldaten aufs britische Festland überzusetzen. Am Ende gelingt die Rettung von 85 Prozent der 400 000 ursprünglich dem Tode geweihten Männer.

„Dunkirk“ von Meister-Regisseur Christopher Nolan ist die jüngste filmische Bearbeitung der bis dahin größten militärischen Rettungsaktion der Weltgeschichte. Schon in den 50er- und 60er-Jahren gab es je einen Film, der die Geschehnisse beleuchtete. Nolans erstes Werk seit dem vielfach ausgezeichneten und von Kritikerlob überschütteten Sci-Fi-Film „Interstellar“, wurde von Mai bis August 2016 gedreht. Drehorte waren u.a. kleinere Städte in England sowie den Niederlanden (Urk), aber auch in Dünkirchen – dem Originalschauplatz – wurden viele Szenen inszeniert. Für seinen Film konnte Nolan sowohl aufstrebende Jung-Darsteller (u.a. Jack Lowden) als auch gestandene Charakter-Mimen wie Kenneth Branagh, Mark Rylance oder Cillian Murphy gewinnen. Die Produktionskosten beliefen sich auf rund 100 Millionen Dollar.


Christopher Nolan bleibt seinem ganz eigenen, mit hohem Wiedererkennungswert ausgestatteten Inszenierungsstil ebenso bei „Dunkirk“ treu. Er verzichtet auf Erklärendes (so werden z.B. keine erläuternden Hintergrundinfos eingeblendet), wagt Sprünge in der Handlung und entschied sich gegen eine den Sehgewohnheiten entsprechende Erzählstruktur. Vielmehr schildert er die tragischen Geschehnisse vor allem aus der Sicht von drei Personen, die sich an jenen Orten aufhalten, an denen die unterschiedlichen Schlachten tobten: in der Luft (Tom Hardy als Pilot der Royal Air Force), auf dem Wasser (Mark Rylance als britischer „Zivilretter“) und am Strand von Dünkirchen (Fionn Whitehead als junger Angehöriger des Expeditionskorps).

Diese Herangehensweise ist klug gewählt, wird dem Zuschauer dadurch doch klar, mit welch verschiedenartigen Gefahren und Risiken die jeweiligen Involvierten an den Schauplätzen konfrontiert waren. In der Luft kam es im Zuge der „Schlacht um Dünkirchen“ zu hitzigen, spektakulären Duellen und Verfolgungsjagden zwischen britischen und deutschen Jägern, die in „Dunkirk“ in Form ebenso rasanter, dringlicher Action-Szenen eingefangen werden. Diese Momente sind es, die in erster Linie für den Action-Anteil im Film stehen. Am Strand hingegen dominierte die knisternde, kaum auszuhaltende Anspannung und Angst unter den ausharrenden Soldaten, jederzeit aus der Luft angegriffen werden zu können.

Auch dies fängt Nolan in ungeschönten, einnehmenden Sequenzen und Momentaufnahmen ein. Etwa, wenn er die (vornehmlich jungen) Soldaten immer wieder in Nahaufnahme oder der Totalen zeigt und deren sorgenvolle, von Furcht erfüllten Gesichter ins Zentrum rückt. Bei den Szenen auf dem Wasser, dominieren hingegen oftmals die leisen, verhaltenen Töne. Im Mittelpunkt steht hier ein britischer, ziviler Retter (unsentimental und nachdrücklich in seiner Darstellung: Mark Rylance). Dieser macht sich – wie so viele andere Briten, die mit ihren Fischkuttern und Booten Dünkirchen ansteuern – mit seinem Sohn auf den Weg von England nach Dünkirchen. Spätestens nachdem die Beiden einen schiffbrüchigen Soldaten bei sich aufnehmen, entbrennen hitzige Diskussionen über den Sinn dieses waghalsigen Unterfangens. Aber eben auch den melancholischen, ruhigen Einstellungen und Sequenzen gewährt Nolan Raum, indem er z.B. nicht auf Worte setzt sondern ausschließlich die Gestik und Mimik der Beteiligten für sich sprechen lässt.

Respekt gebührt zudem seiner Entscheidung, anhand eines unheilvollen, immer wieder donnernden Sound-Designs, einen Großteil der Spannung und Bedrohung über die Tonspur zu erzeugen. Dabei ist es nicht nur die Filmmusik von Hans Zimmer, die viele der Szenen in bedrohliche (und teils extrem laute) Melodiebögen und Klänge hüllt. Weiterhin tragen auch die kurzen Töne und die mächtigen Sound-Effekte (vom Röhren der Schiffsmotoren über das Rattern der Maschinenpistolen) ihren Teil zur famosen, fesselnden akustischen Untermalung des Films bei.

Fazit: Regie-Visionär Christopher Nolan bleibt seinem Stil auch bei seinem ersten Ausflug ins Kriegsfilm-Genre treu: anhand eines beklemmenden Sound-Designs, einer intelligenten Erzählweise und des Verzichts auf gängige Sehgewohnheiten und chronologische Strukturen, gelingt ihm mit „Dunkirk“ einer der stärksten Kriegsfilme der letzten Jahre.


Bewertung: 10/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

Das könnte dir auch gefallen:

2 Kommentare

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.