The Promise – Die Erinnerung bleibt Kritik

The Promise Kritik

Konstantinopel 1914: Der Armenier Michael (Oscar Isaac) reist ins Osmanische Reich, um dort Medizin zu studieren. Kurz nach seiner Ankunft in der Stadt, trifft er auf den Fotoreporter Chris (Christian Bale), der mit seiner Lebensgefährtin Ana (Charlotte le Bon) aus Paris nach Konstantinopel gekommen ist. Schon beim ersten Anblick der Schönen, ist es um Michael geschehen: er verliebt sich unsterblich. Auch Ana, die wie Michael aus einfachsten Verhältnissen stammt und armenische Wurzeln hat, fühlt sich zu dem Studenten hingezogen. Sie beginnen eine Affäre. Doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhindert, dass sich die Beiden voll und ganz ihren Gefühlen hingeben können. Unterdessen wird die armenische Minderheit im Zuge des Krieges, systematisch unterdrückt und in Todeslager deportiert. Für Michael und Ana beginnt ein Kampf ums Überleben, während Chris versucht, den Völkermord zu dokumentieren.

„The Promise“ ist der erste Film des nordirischen Regisseurs Terry George seit dem Independent-Drama „Whole Lotta Sole“ von 2011. Gleich mit seinem Filmdebüt, „Mütter & Söhne“ (1996), gelang George ein großer Erfolg, vor allem bei der Kritik: das Drama wurde mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet. Für „The Promise“ befasste sich George intensiv mit der systemischen Ausrottung der Armenier im Osmanischen Reich vor allem in den Jahren 1915 und 1916, der vermutlich weit über eine Millionen Menschen zum Opfer fielen. Bis heute bestreitet die Türkei, dass es sich um einen Genozid handelte, Historiker aus aller Welt sind da jedoch anderer Ansicht. „The Promise“ wurde mit einem Budget von 90 Millionen Dollar im Herbst und Winter 2015 realisiert. Gedreht wurde in Spanien, Portugal und auf Malta.


Den Machern des Films ist es hoch anzurechnen, akkurat über die Denunzierung, die Unterdrückung und den Mord an den Armeniern, aufklären zu wollen. Der Genozid an der ethnischen Minderheit wurde filmisch bis heute sträflich vernachlässigt und fand auf der großen Leinwand nennenswert bisher einzig in Fatih Akins Drama „The Cut“ statt. Jedoch sind die inszenatorischen Mittel, die Regisseur George und sein Team zur Umsetzung ihres Vorhabens nutzen, schlicht unglücklich gewählt. Das fängt schon damit an, dass „The Promise“ mit seinen hübschen Kulissen, der edlen Ausstattung und den immer wieder ins Bild gerückten Prachtbauten Konstantinopels, zu gelackt und perfekt aussieht.

Die ausgewählte, erlesene Hochglanzoptik lenkt zu oft von den Gräueltaten ab – also von dem, das eigentlich klar im Zentrum eines solchen Films stehen sollte. Dabei ist es nicht so, dass George auf Szenen und Bilder, die den Genozid illustrieren, verzichten würde. Aufnahmen von den Gefangenenlagern und von Zugwaggons, in denen Menschen eingepfercht sind, gibt es durchaus. Allerdings lassen diese Momente weitestgehend kalt. Oder anders formuliert: sie erschüttern bei weitem nicht in dem Maße, wie sie erschüttern und betroffen machen sollten.

Dafür geht der Filmemacher auch zu sachte sowie sensibel mit der Thematik um und zeigt die Schrecken oft nur angedeutet sowie an der Oberfläche – auf Hollywood-typische Konsumierbarkeit hin ausgelegt, wenn man so will. Denn genau das möchte „The Promise“ eben auch sein: ein massentauglicher Mainstream-Blockbuster. Dieses Ansinnen ist für einen als Aufklärungsarbeit geplantes Werk stets wenig sinnvoll. Es verharmlost die realen Verbrechen, auf dem der Film basiert und die er dem Kinobesucher nahe bringen will. Dabei mühen sich die Schauspieler durchaus ab.

Oscar Isaac und Charlotte le Bon liefern solide Leistungen und vermitteln ihre Gefühle durchaus glaubhaft und wahrhaftig. Sogar noch überzeugender agiert Christian Bale, dessen Figur eine gewisse Komplexität und Ambivalenz bietet – was man von den ein wenig klischeehaft und Reißbrett-artig gezeichneten anderen Beiden, nicht gerade behaupten kann. Denn Chris hat auf der einen Seite seine Stimmungsschwankungen, ist immer wieder mal schwer zu durchschauen und auch dem Alkohol in keiner Weise abgeneigt. Andererseits aber wird er angetrieben von dem Ehrgeiz und Ziel, den Genozid mit seiner Kamera festzuhalten und die Welt darüber zu informieren.

Noch ärgerlicher als die glatte, auf Perfektion getrimmte Optik ist jedoch das obligatorische, allzu vorhersehbare und plakativ wirkende Liebes-Wirrwarr in Zeiten der Tragödie (Erster Weltkrieg, Völkermord). Für Hollywood-Kriegs-Dramen scheinbar obligatorisch. Die Dreiecksbeziehung um Michael, Chris und Ana nimmt deutlich zu viel Raum ein und lenkt abermals vom eigentlich Wichtigen ab: der allumfassenden, informativen Aufklärung über den ersten systematischen Völkermord des 20. Jahrhunderts.

Fazit: Das Ansinnen der Macher, über den Genozid an den Armeniern zu informieren, ist löblich und einige Ansätze sind gut gelungen. Dennoch lenken die glattpolierte Edel-Optik sowie die in vorhersehbaren Bahnen verlaufende, unnötige Dreiecksbeziehung vom Hauptinhalt ab. Da können auch die solide agierenden Darsteller nichts mehr retten.


Bewertung: 4/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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