Dessau Dancers Kritik

Dessau Dancers

Die DDR im Spätsommer 1985: Der US-Breakdance-Film „Beat Street“ sorgt dafür, dass die Subkultur der Breakdancer und des Hip-Hop auch in der DDR bekannt wird. Zuvor trat der Film seinen Siegeszug in den westlichen Industriestaaten an. Viele junge DDR-Bürger eifern den Tänzern im Film nach, so auch der 18-jährige Frank (Gordon Kämmerer), der zusammen mit Alex (Oliver Konietzny) und der hübschen Matti (Sonja Gerhardt) eine eigene Breakdance-Gruppe gründet, die sich „Break Beaters“ nennt. Bald jedoch sehen die SED-Oberen und einige Parteifunktionäre der Kommission für Unterhaltungskunst diese Entwicklung kritisch, sie sehen unsozialistische Tendenzen. Sie schlagen der Gruppe um Alex einen Deal vor: entweder sie unterstützen die Staatsmacht in ihren Plänen, den „Breakdance sozialistisch zu machen“ und lassen sich von der Politik vereinnahmen oder es droht ihnen Zuchthaus.

Kaum ein anderer Film verdeutlichte so sehr die Bedeutung und den Einfluss der Breakdance- und Hip-Hop-Subkultur auf die Ghetto-Jugend wie „Beat Street“, der 1984 von den USA aus seinen Siegeszug um die Welt antrat. 1985 konnte sich auch der sozialistische Machtapparat in der DDR nicht mehr dieser Welle erwehren, die mit Zeigen des Films 1985 auch in der DDR über den zweiten deutschen Staat schwappte. „Dessau Dancers“ ist nun der erste Film, der sich mit dem Aufkeimen der Breakdance-Bewegung in der DDR eingehender befasst. Es ist der neue Film des Kölner Regisseurs Jan-Martin Scharf, der sich in der Vergangenheit vor allem mit seinen intelligenten Drehbüchern zu Serien wie „Der letzte Bulle“ oder „Wilsberg“ einen Namen machte.

„Dessau Dancers“ wird in erster Linie durch seine sympathischen Hauptfiguren bestimmt, die glaubwürdig vermitteln, wie eine in den 70er-Jahren in New York City entstandene Subkultur einer ganzen Generation von Jugendlichen auch im sozialistischen Osten zu neuem Selbstvertrauen, ja gar zu einem neuen Selbstverständnis verhilft. Vor allem Hauptdarsteller und Kino-Neuling Gordon Kämmerer und Sonja Gerhardt als charismatische Turnerin Matti legen ihre Figuren alles andere als oberflächlich, sondern vielschichtig und wahrhaftig an. Optisch kann der Film nicht immer das Mitte der 80er-Jahre in der DDR vorherrschende Bilder der düsteren, zerfallenen Ortsteile, schäbigen Hinterhöfe und grauen Fassaden aufrecht erhalten, dafür wirkt „Dessau Dancers“ stellenweise visuell zu „positiv“ und schlicht zu farbenfroh.

Angenehm und körperbetont gestalten sich die Tanzszene, wobei hier deutlich erwähnt werden muss, dass diese zu keinem Zeitpinkt so akrobatisch, aufwendig choreografiert und spektakulär daherkommen wie etwa in US-Tanzfilmen wie der Step-Up-Reihe. Daher geht „Dessau Dancers“ auch nicht wirklich als reiner Tanzfilm durch, vielmehr als DDR-Ostalgie-Komödie mit Tanzfilm-Elementen. Denn allzu oft spielen im Film bereits dutzendfach bemühte DDR-Klischees und Allgemeinplätze eine zu große Rolle: angefangen von den SED-Parteibonzen, die gewohnt streng, humorlos und trist erscheinen bis hin zu den Aussprachprobleme der Politiker bei amerikanischen Fachbegriffen („Crew“, „Breakdance, „Battle“ etc.).

Fazit: Mit sympathischen Figuren ausgestatte, augenzwinkernde und luftig-leichte DDR- Komödie mit gelungenen Tanz-Einlagen, die das ein oder andere Ostalgie-Klischee zu viel bedient.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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