Monsieur Pierre geht online Kritik

Monsieur Pierre geht online Filmkritik

Pierre (Pierre Richard) ist ein etwas verbitterter, grantelnder Rentner weit über 80, der sich damit abgefunden hat, die letzten paar Jahre die ihm bleiben in Einsamkeit zu verbringen. Mit der Hektik und Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft, hat er nicht viel am Hut. Das ändert sich, als er über den Schriftsteller Alex (Yaniss Lespert) mit der schönen, für Pierre bis dato unbekannten Welt des World Wide Web vertraut gemacht wird. Als er unerwartet auf eine Online-Dating-Börse stößt, findet er allmählich gefallen am Internet und seinen Möglichkeiten. Zumal er auf dem Single-Portal seine Künste als Frauenheld, von denen er in jungen Jahren ordentlich gebraucht machte, ausleben kann. Prompt verabredet er sich mit der sympathischen Flora (Fanny Valette). Das Problem: er hat sich online als Alex ausgegeben und auch ein Bild von ihm benutzt. Deshalb schickt Pierre nun auch Alex zum Date mit Flora Es kommt, wie es kommen muss: Alex und Flora verlieben sich. Nur ist Pierre auch an Flora interessiert. Stress ist vorprogrammiert.

Regisseur Stéphane Robelin und Hauptdarsteller Richard arbeiteten bereits bei der Erfolgs-Komödie „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ (2011) zusammen. Auch darin ging es um einen rüstigen Rentner, der mit den (technischen) Errungenschaften der modernen Gesellschaft konfrontiert werden. Der 82-jährige Komiker und Schauspieler Pierre Richard gehörte einst zu den bekanntesten und beliebtesten französischen Darstellern überhaupt. Seine größten Erfolge erlebte der groß gewachsene Richard in den 70er-Jahren mit Komödien wie „Der Zerstreute“ (1970) oder „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“ (1972). Einer der populärsten Schauspieler Frankeichs der Gegenwart ist Yaniss Lespert, der hier in der Rolle von „Internetlehrer“ Alex zu sehen ist. Von 2007 bis 2017 war er in der erfolgreichen französischen Serie „Fais pas ci, fais pas ça“ zu sehen.


Es ist kein Zufall, dass die Hauptfigur aus Robelins neuem Film genauso heißt wie sein Hauptdarsteller. Denn viel floss von Richards tatsächlichem Wesen und Charakter in die Rolle mit ein. Vor allem die Tatsache, dass die sog. „Best Ager“ heute oft um die 70 oder gar noch älter sind. Ältere (oder alte) Menschen, die vielfach noch ein selbstbestimmtes Leben führen, mit der Zeit gehen und auch neuen Techniken gegenüber durchaus aufgeschlossen sind. So hat auch Pierre Richard selbst z.B. ein eigenes Smartphone, mit dem er – laut eigener Aussage – „gut umgehen kann“, wie er vor kurzem in einem Interview verlauten ließ. Zwar sträubt sich sein Pierre im Film erst ein wenig gegen das Medium Internet, aber langsam erkennt er die damit einhergehenden, neuen Gelegenheiten.

Der Film zeigt: Heutzutage haben viele Rentner ein Smartphone, nutzen What’s App, surfen täglich oder sind sogar auf Dating-Portalen angemeldet – wie Hauptfigur Pierre. Dieser Aspekt verleiht dem Film einen hohen Grad an Realismus. Daraus ergibt sich auch die gelungene Verknüpfung aus typischen Elementen einer von allerlei Irrungen und Wirrungen durchzogenen Liebeskomödie, mit den Themen „moderne Online-Welt“ und „Best Ager“.

Dramaturgisch geht „Monsieur Pierre geht online“ keine großen Risiken ein, hier folgt der Film dem Muster ähnlich angelegter Romantik-Komödien und französischen Feel-Good-Movies. Nur verfügen die wenigsten von ihnen über ein derart charmantes, charismatisches Schauspieler-Gespann. Pierre Richard verkörpert den liebenswürdigen Anti-Helden mit viel Spielfreude und aufrichtigem Charme. Ihn umweht gerade im ersten Drittel ein melancholischer Wind, wohl auch deshalb, weil er sich ständig alte Videoaufnahmen von seiner Frau ansieht und sich damit ganz der Nostalgie und Trauer hingibt. Er hat ihren Tod noch immer nicht verwunden. Wunderbar aber ist mit anzusehen, wie Pierre langsam aber sicher aufblüht, wieder verstärkt am Leben teilnimmt und sich ab und an ganz so verhält wie ein verliebter Teenager – dank des Einflusses von Flora, die es dem alten Kauz gehörig angetan hat. Freilich schert es Pierre da wenig, dass der Altersunterschied zwischen den Beiden über 50 Jahre beträgt. Ganz im Gegensatz zu seiner Tochter, die schockiert auf die Nachricht einer möglichen neuen Liebe in Papas Leben reagiert.

Pierre Richard ist damit einer der großen Pluspunkte eines Films. Ein Film, der mal mit spitzbübisch-frechem, mal mit subtil-wehmütigem Humor punktet. Zudem haben auch Fanny Vallette und Yaniss Lespert die Sympathien auf ihrer Seite, auch wenn man beim „Zweikampf“ zwischen Pierre und Alex unweigerlich dann doch eher auf der Seite des alten Herren steht. Der Umstand, dass Robelin ein paar (Neben-)Figuren zu viel seine Aufmerksamkeit schenkt, ist letztlich Geschmackssache. Es zeugt einerseits von seinem Ansinnen, Figuren und ihren Entwicklungen Zeit einzuräumen. Was löblich und gut ist. Andererseits dreht sich das Figurenkarussell gerade zu Beginn ein wenig zu rasant, wenn auch noch Pierres Enkelin und dessen Tochter – ohne Not – verstärkt mit ins erzählerische Boot geholt werden.

Fazit: Trotz kleinerer dramaturgischer Schwächen funktioniert die mal melancholische, mal spitzbübisch-freche aber immer charmante Liebes-Komödie ausgesprochen gut. Nicht zuletzt auch dank eines hinreißenden, ungemein liebenswürdigen Pierre Richard in der Hauptrolle.


Bewertung 4/5

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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