Charles Dickens – Der Mann, der Weihnachten erfand Kritik

Charles Dickens – Der Mann, der Weihnachten erfand Kritik

London 1843: Sein Buch „Oliver Twist“ brachte dem Schriftsteller Charles Dickens (Dan Stevens) einst Anerkennung und Reichtum. Doch der Erfolg liegt bereits fünf Jahre zurück und Dickens letzte Romane erwiesen sich allesamt als Flops. Hinzu kommen Geldsorgen: Dickens pflegt einen kostspieligen Lebensstil und auch sein Vater (Jonathan Pryce) ist immer wieder auf die finanzielle Unterstützung des (einst) wohlhabenden Sohnemanns angewiesen. Hinzu kommt, dass Dickens Verlag nach den Misserfolgen nicht mehr länger bereit ist, große Summen vorzustrecken. Der Autor steht unter großem Druck, das nächte Buch muss ein Erfolg werden. Als Dickens seinem Verleger von seiner jüngsten Idee berichtet, einer Weihnachtsgeschichte über einen geizigen alten Mann, zeigt sich dieser alles andere als begeistert. Dennoch hält Dickens an seiner Idee fest. Kurz darauf entwickelt die Hauptfigur seiner Geschichte, Ebenezer Scrooge (Christopher Plummer), ein bizarres Eigenleben.

„Der Mann, der Weihnachten erfand“ beruht auf einem 2008 erschienenen Buch des Autors und Historikers Les Standiford. Darin befasst sich Standiford mit der zum Teil auf Tatsachen beruhenden Entstehungsgeschichte von Dickens weltberühmter Erzählung „A Christmas Carol“. Die Verfilmung übernahm der indischstämmige Regisseur Bharat Nalluri, der mit den Pilotenfolgen von Serien wie „Life on Mars“ oder „Spooky“ berühmt wurde. Hauptdarsteller Dan Stevens feierte 2017 seinen Durchbruch als das verwunschene Biest in der Disney-Realverfilmung „Die Schöne und das Biest“. Zuvor war er vor allem in Nebenrollen zu sehen.


Um die Familientauglichkeit des Films beizubehalten, dringt Nalluri in „Der Mann, der Weihnachten erfand“ nie zu tief in die Psyche von Dickens ein. Selbst seine Existenzangst erscheint nie als das große dramatische Element, auch wenn Dickens von seinen bisherigen Unterstützern fallen gelassen wird und seine „Weihnachtsgeschichte“ unter großem Risiko alleine herausbringen will. Der gewaltige, auf ihm lastende Druck kommt dabei nur selten durch. All dies legt nahe, dass der Film vor allem eines sein möchte: Ein einfach zu konsumierender, beschaulicher Wohlfühlfilm zum Fest der Liebe. Dass Nalluri genau das gelingt, liegt zum einen am spielfreudigen Cast, zum anderen an der detailverliebten und authentischen Ausstattung.

Denn die wahrhaftigen Kulissen und die tollen Masken lassen tatsächlich das Viktorianische Zeitalter glaubwürdig wieder auferstehen. Dennoch gleitet „Der Mann, der Weihnachten erfand“ nie in verschwenderisches Ausstattungskino ab, da für Nalluri Setting und Kostüme nie zum reinen Selbstzweck verkommen. Die Optik ordnet sich immer der Geschichte unter und dient letztlich einzig dazu, die Handlung in einen glaubhaften historischen Kontext einzubetten. Diesem Hang zu Exaktheit und Authentizität stehen die phantastischen Elemente gegenüber, die mit dem Auftauchen der Hauptfiguren aus der „Weihnachtsgeschichte“ Einzug halten. Allen voran in Gestalt des grummeligen Ebenezer Scrooge.

Der schlecht gelaunte Griesgram wird von Charakterdarsteller Christopher Plummer zum Leben erweckt. Plummer, mittlerweile 88 Jahre alt, ist mit seinem mürrischen Blick und der offen zur Schau gestellten Miesepetrigkeit eine Idealbesetzung. Ihm in nichts steht Dan Stevens als Dickens, der von dem 36-jährigen Briten als sympathischer Gutmensch verkörpert wird, der das Herz am rechten Fleck hat. Auch wenn Nalluri Dickens komplexen Charakter nicht näher ergründet, erscheint der Schriftsteller hier jedoch nie als oberflächliche oder austauschbare Figur. Verantwortlich dafür ist, dass Nalluri die Beziehung zwischen Dickens und seinem Vater (ausdrucksstark: Jonathan Pryce) genauer beleuchtet. Schon Dickens Vater, ebenfalls ein im Grunde gutherziger Mensch, wurde ein verschwenderischer Lebensstil zum Verhängnis. Ist man darüber im Bilde, verändert sich ebenso der Blick auf Dickens – und man bewertet seinen Hang zu Dekadenz ein wenig anders. Ebenso wie die Tatsache, dass dieser nicht mit Geld umgehen konnte.

Der Humor des Films überzeugt nicht ganz. Viele humoristische Einsprengsel wirken erzwungen und aufgesetzt, darüber hinaus zündet der Dialogwitz leider an vielen Stellen nicht. Dies mag auch am schwachen Timing der Gags liegen. Dann aber verfügt „Der Mann, der Weihnachten erfand“ wiederum über ein paar sehr heitere Momente, in denen entweder der verbale Schlagabtausch zwischen Dickens und Scrooge oder das fragile emotionale Gemüt der Hauptfigur im Zentrum stehen. Etwa wenn Dickens krampfhaft und gehörig unter Zeitdruck stehend versucht, einen Namen für den kaltherzigen alten Mann zu finden, der im Mittelpunkt seiner „Weihnachtsgeschichte“ stehen soll.

Fazit: Obwohl längst nicht alle Gags zünden und der wahre Charakter des Protagonisten undurchsichtig bleibt, ist „Der Mann, der Weihnachten erfand“ der passende Film zur Weihnachtszeit: Charmant, sympathisch und großartig ausgestattet.


Bewertung: 7/10

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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