Ammonite Kritik

Ammonite Kritik

Der englische Küstenort Lyme Regis, Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Paläontologin und Fossiliensammlerin Mary Anning (Kate Winslet) verkauft Fossilien an Reiche, Touristen und Geologen. Sie lebt zusammen mit ihrer schwer kranken Mutter in ärmlichen Verhältnissen und das Einkommen reicht nur knapp zum (über)leben. Da kommt das Angebot des wohlhabenden Roderick Murchison (James McArdle), der sich auf Durchreise befindet, gerade Recht: Während seiner Weiterreise soll sich Mary um dessen Frau Charlotte (Saoirse Ronan) kümmern. Diese ist schwer traumatisiert und depressiv. Doch da Mary das Geld dringend benötigt, sagt sie zu. Obwohl die zwei Frauen verschiedenen sozialen Ständen und Gesellschaftsschichten angehören, verstehen sie sich im Laufe der Zeit immer besser. Und aus Freundschaft wird allmählich Begierde – doch die Konventionen der Zeit lassen eine Liebesbeziehung nur im Geheimen zu.

„Ammonite“ beruht auf der Lebensgeschichte der echten Mary Anning (1799 – 1847), die als erste professionelle Fossiliensammlerin der Geschichte gilt. Ihr großes Unglück war, in einer von Männern dominierten (Wissenschafts-)Welt gelebt zu haben. Mit der Folge, dass sie für ihre prägenden Leistungen und Arbeiten zeitlebens nie die erforderliche Würdigung erfuhr. Die im Film dargestellte Beziehung allerdings ist rein fiktional: Bis heute ist die sexuelle Präferenz Annings nicht eindeutig geklärt und ob es je eine Beziehung zu einer anderen Frau gab reine Spekulation.

Lange lässt sich Regisseur Francis Lee Zeit, bis sich Charlotte und Mary einander öffnen und die beiden Frauen sich zu ihren Gefühlen bekennen. Zumindest sich selbst gegenüber, nicht vor der „Gesellschaft“ – denn diese war zu jener Zeit noch viel zu antiquiert, rückständig und metertief im Patriarchat verwurzelt, als dass eine Liebe zwischen zwei Frauen geduldet worden wäre. Und somit ist „Ammonite“ auch ein biographisches Drama über eine historische, lange zurückliegende Zeit, in der Frauen ihren Männern gegenüber zurückstanden, weniger Rechte besaßen und ohne die erforderliche Anerkennung blieben.

Wie die Hauptfiguren Mary Anning und Roderick Murchison. Vor allem Murchison merkt man an, dass sie unter den patriarchalen Strukturen sowie unter der Tatsache leidet, letztlich nichts weiter als der Besitz ihres Ehemannes zu sein. Diese gesellschaftlichen Umstände sowie die geschlechtsspezifische Stellung der damaligen Zeit schildert Lee mit guter Beobachtungsgabe und einem exakten Gespür für leise Zwischentöne und subtile Gesten.

Die Stimmung ist von Beginn an eher trist und düster, davon künden bereits die Nebel-verhangenen Bilder. Und die trostlose Farbgebung. Die Visualität passt sich somit gekonnt der gedrückten Atmosphäre an. Und auch zu den Figuren findet man, vor allem zu Beginn, nur schwer Zugang. Sie bleiben einem weitestgehend verschlossen und fremd, allen voran die introvertierte, abweisende Wissenschaftlerin Anning, bei der es lange dauert bis sie aus sich herausgehen kann.

Es stellt ein Problem dar, dass die Liebesbeziehung fiktional ist und damit rein auf Spekulation und Mutmaßung basiert – ebenso wie Annings tatsächliche Sexualität und ihre Position Männern gegenüber. Erschwerend kommt hinzu, dass die Affäre zu weiten Teilen weder echt noch leidenschaftlich wirkt, sondern vielmehr erzwungen und gestellt. So glaubhaft Ronan und Winslet für sich selbst genommen in ihren Rollen agieren: Man nimmt ihnen ihre Lust und ihre Gefühle füreinander schlicht nicht ab.

Fazit: Das biografische Drama „Ammonite“ lebt von seinen spielstarken, charismatischen Hauptdarstellerinnen und den trostlos-schwermütigen Bildern, die sich der Thematik anpassen. Bedauerlicherweise wirkt das zentrale Element, die Liebesbeziehung, viel zu unauthentisch und gestelzt.

Bewertung: 5/10

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