Als wir träumten Kritik

Als wir träumten filmkritikLeipzig, kurz nach der Wende: Eine wilde, freie Zeit, in der alles möglich zu sein scheint – vor allem für junge Menschen. Das erleben auch die Freunde Dani (Merlin Rose), Paul (Frederic Haselon), Mark (Joel Basman), Pitbull (Marcel Heuperman) und Rico (Julius Nitschkoff). Das System ist zerbröckelt und keiner weiß so genau, wie es weitergehen soll, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Nach der ersten Euphorie geraten die Jungs jedoch schnell auf die schiefe Bahn. Ihr Alltag wird bestimmt von Diebstählen, Schlägereien und Ärgernissen mit dem überzeugten Nazi „Schneeleopard“ (Thomas Brandt). Wenige Zeit später wollen die Freunde mit den kriminellen Machenschaften abschließen und einen eigenen Techno-Club gründen. Da tritt Schneeleopard auf den Plan, der seinen Anteil abhaben möchte.

„Als wir träumten“ beruht auf dem gleichnamigen, 2006 erschienenen Roman-Bestseller von Schriftsteller Clemens Meyer, der selber seit Jahren in Leipzig wohnt und in seinem Roman die Ohnmacht nach dem Mauerfall in ostdeutschen Großstädten beschreibt. Regie führte Andreas Dresen, der dank Film- und Kritikererfolgen wie „Sommer vorm Balkon“ und „Wolke 9“ zu den profiliertesten deutschen Filmemachern zählt. „Als wir träumten“ erlebte seine Premiere bei der diesjährigen Berlinale. Der Film ist eine authentische, mit starkem Jung-Cast besetzte Milieu-Studie einer lange vergangenen, aber für viele (vor allem junge DDR-Bürger) intensiv erlebten Zeit. Dafür sorgen auch die unsauberen, ein wenig angestaubt wirkenden Bilder.

Ost-Deutschland nach der Wende: Das polittische und wirtschaftliche System liegt brach, ein Land befindet sich am Abgrund – einerseits. Auf der anderen Seite spüren aber vor allem die jungen Leute nun eine neue Freiheit, alles scheint nach dem Ende der SED-Diktatur nun möglich. Dresen gelingt es, ein wahrhaftiges Bild dieser Aufbruchszeit einzufangen. Der Zuschauer sieht zerfallene Häuser und Barracken, heruntergekommene Stadtviertel und abgeranzte Mietwohnungen. Inmitten dieses brachliegenden privaten Raumes tummeln sich die fünf Freunde, die die Zeit erst mal mit allerlei Illegalem verbringen. Die Chemie unter den Freunden stimmt und ebenso unter den Darstellern. Sie harmonieren prächtig und spielen sich gegenseitig die darstellerischen Bälle zu.

Bei der Beschreibung des Lebens und Lebensgefühls der Freunde streift Dresen immer wieder auch Themen, die junge Männer nun einmal beschäftigen, egal ob Ost oder West, egal ob vor oder nach der Wende: Alkohol, Drogen, Party, Sex. Besonders glaubhaft und gelungen kommen die optische Umsetzung und die Bildsprache daher. Die Bilder wirken dreckig-gräulich, trist und fad – Attribute, die auch für viele Menschen das Leben in der späten DDR kurz vor der Wende beschreiben. Auf Handkamera und improvisierte Dialoge (ein häufiges Merkmal der Filme Dresens) verzichtet der Regisseur hier zwar zumeist, was aber nichts an dem hohen Realismus und der wahrhaftigen Glaubwürdigkeit des Gezeigten ändert.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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Ein Kommentar

  1. Ich liebe die Dresen-Filme. Vor allem Halbe Treppe und Halt auf freier Strecke. Dresen ist ein Talent darin, dringliche soziale Botschaft mit hoher Inszenierungskunst zu verkuppeln. „Als wir träumten“ steht dem in nichts nach. Unbedingt sehenswert!

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