Verplant Kritik

Von Thüringen aus soll es für die beiden Heiligenstädter Tobias John und Matthias Schneemann durch halb Europa und Asien bis nach Ho-Chi-Minh-Stadt gehen – mit dem Fahrrad. In der Rekordhitze des Sommers 2018 starten die beiden jungen Männer ihre 13 000 Kilometer umfassende Rekordreise. Immer mit dabei: Die Kamera, mit der sie ihre Erlebnisse und Begegnungen vor Ort dokumentieren. „Verplant“ ist der filmische Erlebnisbericht von Tobias und Matthias, die zehn Monate lang von Zuhause weg waren und nur mit ihren Rädern einige der geheimnisvollsten, exotischsten Länder der Erde durchquerten.

Von „Australien in 100 Tagen“ und „Weit“ über „Expedition Happiness“ oder „Reiß aus“ bis hin zu „Zwei Familien auf Weltreise“: Spätestens seit den mittleren 2010-Jahren hat sich ein eigener Markt für Reise-Dokus entwickelt, die Privatpersonen und „ganz normale Menschen“ (gemeint sind: keine professionellen Doku-Filmer und Kameraleute) bei ihren Erkundungstouren und (Selbstfindungs-)Trips rund um die Welt zeigen. „Verplant“ ist somit nur ein Film unter vielen, der in der Masse unterzugehen droht – mag man zunächst denken. Doch aufgrund einer enormen inhaltlich-thematischen Bandbreite und eines hohen Unterhaltungsfaktors, lässt „Verplant“ viele seiner Konkurrenten hinter sich.

Denn Eintönigkeit oder gar Langeweile kommen für den Zuschauer nur selten auf. Insgesamt 15 Länder durchqueren die Weltreisenden auf ihren Rädern. In der ersten halben Stunde stehen mittel- und südosteuropäische Staaten wie Österreich, Serbien und Rumänien im Zentrum. Hier geht es noch etwas unspektakulär zu, da viele der Kinobesucher eines oder mehrerer dieser Länder durch eigene Reisen schlichtweg wohl schon kennen. So richtig interessant und spannend wird es, sobald die Freunde in die weniger alltäglichen, exotischeren Orte und Regionen vordringen. Und mit den Widrigkeiten und „örtlichen Gepflogenheiten“ zu kämpfen haben.

Im iranischen Teheran etwa müssen Tobias und Matthias feststellen, dass die dortigen bürokratischen Hürden bisweilen sogar noch höher sind als in ihrer deutschen Heimat. In der am Persischen Golf gelegenen 12-Millionen-Einwohner-Metropole benötigen die Zwei vor allem Ausdauer und Geduld, wenn es darum geht, einen Pass zu beantragen, der zur Weiterreise berechtigt. Später erfahren sie am eigenen Leib, wie antiquiert und rückständig das politische System Chinas ist. Und wie vorurteilsbehaftet sowie restriktiv die Führung harmlosen Touristen gegenüber eingestellt ist: Sieben Mal innerhalb von nur 50 Kilometern werden Tobias und Matthias von Sicherheitsbeamten durchgecheckt und kontrolliert.

„Verplant“ verfügt über detaillierte und liebevoll animierte, kurze Sequenzen, die das Geschehen auf der Leinwand visuell unterstützen. Hinzu kommt allerlei Skurriles und Wissenswertes, das der Zuschauer über die jeweiligen Länder erfährt. Und nicht zuletzt bringen die beiden Protagonisten malerische Aufnahmen und imposante Bilder von Regionen und Städten mit, die eben nicht jedem geläufig sein dürften oder in gefühlt jeder zweiten Reise-Doku im Mittelpunkt stehen. Darunter verlassene Steppen-Dörfer in Kirgisien oder einsam gelegene, unbekannte vietnamesische Siedlungen am südchinesischen Meer.

Fazit: „Verplant“ ist eine charmante, mit Liebe zum Detail realisierte Reise-Dokumentation, die mit ihrem hohen Informationsgehalt, den klugen Animationen und prächtigen Naturbildern überzeugt.

Bewertung: 7,5/10

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Ein Kommentar

  1. 13.000 Kilometer Radweg und das auch noch im Sommer – schon ne ganz schöne Leistung von den beiden Jungs. Reisedokus mag ich ja besonders gerne, besonders jetzt, da die größte Reise, die ich im letzten Jahr unternommen habe, ein Spaziergang in die Innenstadt war. Danke, Corona!

    Werde mir den Film auf jeden Fall reinziehen!

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