Tod den Hippies!! Es lebe der Punk! Kritik

Tod den HippiesKaum ein anderer Ort lädt in den frühen 80er-Jahren derart zu einem exzentrisch-ausschweifenden Leben ein wie West-Berlin. Das sieht auch der in der Provinz in der Nähe von Berlin lebende Robert (Tom Schilling) so, der seinem langweiligen Vorort-Dasein ein Ende bereitet und sich – mit frisch geschorenem Irokesenschnitt – in die „Welthauptstadt der Drogen“ aufmacht. In West-Berlin angekommen, verfällt der junge Mann schnell dem verführerischen Mix aus Sex, Rock´n´Roll und dem nächsten Drogentrip. An Geld kommt er jedoch vorerst nur, indem er die Wichs-Kabinen im Erotik-Club seines Kumpels Schwarz (Wilson Gonzalez Ochsenknecht) säubert. Kein Job mit Zukunft. Kurz darauf lernt er in dem Club die laszive Tänzerin Sanja (Emilia Schüle) kennen, mit der sich Robert ein gemeinsames Leben vorstellen kann. Zusammen begeben sie sich auf die Suche nach dem Sinn des Lebens.

„Tod den Hippies“ ist der neue Film von Oskar Roehler, der seinen größten Erfolg mit dem autobiografisch gefärbten Drama „Die Unberührbare“ mit Hannelore Elsner feierte. Seit mittlerweile zwanzig Jahren gilt Roehler nun als einer der fähigsten und profiliertesten Spielfilm-Regisseure Deutschlands, der schon häufiger seine Stärke im realistischen, wahrhaftigen Abbilden vergangener Zeiten gezeigt hat. Mit „Tod den Hippies“ gelingt ihm ein intensives Jugend-Drama mit authentischer Ausstattung, das nicht nur außerordentlich gut unterhält sondern auch einen perfekten Eindruck vom fiebrigen, schwülen Nachtleben im West-Berlin der 80er-Jahre vermittelt.

West-Berlin zu Beginn der 80er: ein Schmelztiegel für gefallene Helden, Träumer, Hippies, Punks und Rock´n´Roller. Alle kommen sie hier zusammen und schätzen die Stimmung und (drogengeschwängerten ) Trips im unvergleichlichen Nachtleben. Sogar Weltstars und Künstler wie David Bowie oder Depeche Mode zieht es um die Jahrzehnt-Wende in die geteilte Stadt. „Tod den Hippies“ fängt diese einzigartige Stimmung gekonnt in verruchten, schummrigen Bildern ein. In den Clubs der Stadt trifft Protagonist Robert dabei immer wieder auf bekannte deutsche Gesichter, die sich zur der Zeit tatsächlich in der Stadt aufhielten, wie z.B. den Musiker Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten oder Regisseur Rainer Werner Fassbinder, der locker-leger am Geländer eines Schwulen-Clubs lehnt.

Diese kreativen, nicht immer zu erwartenden Einsprengsel sind großartig und machen einen großen Reiz des Films aus. Roehlers Berlin kommt dreckig, marode und verlottert daher – ebenso wirkt Hauptfigur Robert nicht selten, mit seinem Iro, dem Revoluzzer-Denken und der anarchischen Grundhaltung, wie eine junge Version von Robert de Niros „Taxi Driver“-Kultfigur Travis Bickle. Tom Schilling liefert hier wohl die überzeugendste Performance seit der Tragikomödie „Oh Boy“ (2012) ab, in der bezeichnenderweise auch Berlin eine Hauptrolle spielte. Die Stadt scheint ihm zu liegen. Ebenso wie Oskar Roehler immer wieder das Unerwartete, das Überraschende liegt, was sich oft auch in optischen Spielereien und der Bildsprache wiederspiegelt: dies sieht man z.B. am unvermittelten Wechselspiel zwischen Farb- und Schwarz-/Weiß-Aufnahmen. „Tod den Hippies“ ist ein wilder, schriller Trip von einem Film, getreu Roberts Motto: “ Ich will ficken und Drogen nehmen“.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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Ein Kommentar

  1. Oskar Roehlers bester Film bisher. AUch dank Schilling, dessen „Oh Boy“ übrigens heute auf ARTE läuft:)

    Sheila

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