The Visit Kritik

The Visit FilmkritikSeit 15 Jahren herrscht zwischen einer Mutter (Kathryn Hahn) und ihren Eltern Funkstille, dennoch entscheidet sie sich dazu, ihre beiden Kinder Rebecca (Olivia DeJonge) und Tyler (Ed Oxenbould) zu den Großeltern aufs Land zu schicken. Es war der Wunsch der Großeltern, ihre Enkel endlich einmal kennenzulernen, außerdem würden ein paar Tage in einer neuen Umgebung, den Kindern sehr gut tun, so denkt die Mutter. Also machen sich die Geschwister alleine mit dem Zug zu Oma (Deanna Dunagan) und Opa (Peter McRobbie) auf. Dort angekommen, erleben die Beiden einen sehr harmonischen ersten Tag, doch schon bald verwirren die Großeltern Rebecca und Tyler mit ihren diffusen, seltsamen Verhaltensweisen immer mehr. Nicht nur, dass die Beiden das Zimmer nach 21.30 Uhr nicht mehr verlassen dürfen, Opa macht sich auch immer wieder heimlich in den Schuppen auf und des Nachts halten die Geschwister merkwürdige Geräusche aus dem Gang wach. Allmählich wird ihnen klar: mit den Großeltern stimmt etwas gehörig nicht.

Nach sagenhaften vier Regie-Flops am Stück (u.a. „The Happening“ und „After Earth„) und dem Verlust des Rufs als Hollywoods talentiertester Filmemacher, kehrt der indisch-stämmige Regisseur M. Night Shyamalan mit „The Visit“ zu seinen Psychothriller- bzw. Gruselwurzeln zurück („The Sixth Sense“, 1999). Um sich von den Vorgaben und dem Druck der Hollywood-Studios zu lösen, finanzierte er den Film selbst, was ihn ca. fünf Millionen Dollar an Privatvermögen kostete. Gedreht wurde 2014 in Philadelphia und zum ersten Mal realisierte er einen Film im Found-Footage-Format, also im dokumentarischen Handkamera-Stil. Zwar findet der eigenewillige Regisseur mit diesem Film nicht ganz zu alter Stärke und filmischer Qualität zurück, die etwa „Signs“ oder „The Village“ auszeichneten, aber dem 45-jährigen gelingt mit „The Visit“ zumindest ein zufriedenstellendes Comeback.

„The Visit“ ist ein außergewöhnlicher, ein skurriler Film, der wohl am ehesten als Horror-Komödie angesehen werden muss, der genüsslich und auf satirische Weise mit Klischees und geläufigen Regeln des Found-Footage-Subgenres aber auch des Geisterhaus-Horrors allgemein spielt. So richtig gruselig und unheimlich ist der Film weniger häufig als der Trailer vermuten lässt, auch die allgegenwärtige düster-beklemmende Atmosphäre früherer Shyamalan-Filme ist hier nicht anzutreffen. Dennoch ist und bleibt der Filmemacher ein Liebhaber und Kenner klassischer Grusel- und Horrorfilme bzw. -elemente, weshalb die wenigen aber gekonnt und effektvoll platzierten Schockmomente ihre Wirkung alles andere als verfehlen: wenn z.B. die Oma ganz plötzlich und unerwartet beim Versteckspielen unter dem Haus mitmischt oder wenn diese mitten in der Nacht und in mörderischem Tempo auf allen Vieren durch die Wohnung huscht, dann sind das großartige Augenblicke allerfeinsten, schockierenden Psycho-Horrors.

Dazwischen sorgt der Film aber immer wieder auch für gehörigen Spaß und etliche Schmunzler, wofür in erster Linie Tyler verantwortlich ist, der im Angesichte der drohenden Gefahr und des Unheils immer noch auf die aberwitzigsten Ideen kommt: so unterhält er seine Schwester (und damit auch den Zuschauer) mit seinen spontanen Rap-Einlagen sowie spaßigen Reimen aufs Köstlichste und kommt auf die Idee, bei Wutattacken oder wenn ihn etwas ärgert, einfach immer den Namen eines weiblichen Popstarts anstelle eines Schimpfwortes zu äußern. Ebenso abgedreht und bizarr wie dessen Aktionen sind die Verhaltensweisen von Opa und Oma, bei denen Shyamalan enorm viel Fantasie und Einfallsreichtum beweist: denn auf die Ideen, dass Oma nachts splitterfasernackt an der Flurwand kratzt oder Opa im Schuppen neben dem Haus sorgsam und rigide seine eigenen Exkremente sammelt, muss man erst einmal kommen.

Fazit: Skurriler, unterhaltsamer Mix aus Komödie und Horror mit deutlichem Schwerpunkt auf den unheil- und fantasievollen Grusel-Momenten. Ein gelungenes Comeback des ehemaligen Regie-Wunderkindes.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

Das könnte dir auch gefallen:

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.