The Happening

The HappeningKnapp ein Jahrzehnt nachdem dem indischstämmigen Regisseur und Drehbuchautor M. Night Shyamalan mit „The Sixth Sense“ der größte Kinnladenrunterfaller seit der Reunion von „Modern Talking“ gelang, serviert uns das einstige Hollywood-Wunderkind „The Happening“.
Ob er seine Scharte nach dem Flop von „Das Mädchen aus dem Wasser“ auswetzen kann, Shyamalan noch alle fünf (oder sechs?) Sinne beisammen hat und diese Filmkritik einen genialen Plottwist aufweist, soll im Folgenden ergründet werden.

Massenselbstmorde
Wie aus heiterem Himmel begehen in New York zahlreiche Menschen auf spektakuläre Weise Selbstmord. Damit nicht genug, weitet sich das Phänomen von Massen-Suiziden auf immer größere Teile des Landes aus. Der Verdacht, es handle sich um einen Terroranschlag mit chemischen Kampfstoffen, die zum Selbstmord führen, erhärtet sich nicht.
Umso erschreckender mutet das mysteriöse Phänomen an. Auch der Biologielehrer Elliot (Mark Wahlberg) bekommt es mit der Angst zu tun und möchte mit seiner Frau Alma (Zooey Deschanel) und seiner Tochter Jess (Ashlyn Sanchez) in ein scheinbar sicheres ländliches Gebiet flüchten. Aber der Zug, der sie in Sicherheit bringen soll, erreicht sein Ziel nicht – und plötzlich sehen sich Elliot, Alma und Jess der tödlichen Gefahr schutzlos ausgeliefert …

Grüner Stinkefinger
Die spannende Grundidee entpuppt sich als die Stärke des Filmes: Anstatt wie üblich irgendwelche Fanatiker oder Terroristen als Ursache des Schreckens vorzuführen, sind es diesmal ausgerechnet die so harmlos scheinenden Pflanzen, die den Menschen den grünen Stinkefinger zeigen.

Leider ist mit dieser „Auflösung“ des Mysteriums bereits nach dem ersten Drittel die Luft völlig aus dem Film, der wie eine künstlich aufgeblähte Episode einer Mysteryserie wirkt. Schaltet „The Happening“ schon nach der fesselnden Eröffnungssequenz vier Gänge zurück, so befindet sich der Motor der Story nach Enthüllung der Pflanzen-Konspiration permanent im Leerlauf.

Let’s do the Twist … oder auch nicht
Wer sich durch die restliche Laufzeit in der Hoffnung quält, wenigstens mit dem bislang obligatorischen Shyamalan-Schlusstwist ein wenig versöhnt zu werden, wird sich bitter enttäuscht fühlen. Es gibt schlichtweg keinen, es sei denn, das Äquivalent zu „Helden vernichten alle Monster bis auf eines, das die Fortsetzung garantiert“ sollte den Versuch eines solchen Twists darstellen, was eher unwahrscheinlich sein dürfte.
Überhaupt wirft „The Happening“ unablässig Fragen auf, die mit dem Geschehen auf der Leinwand wenig zu tun haben und den Verdacht aufdrängen, das Filmstudio habe Shyamalan kräftig ins Regie-Steuerrad gegriffen.

The Un-Happening
Dabei lautet die wichtigste Frage gar nicht, wie Pflanzen plötzlich so etwas wie ein globales Bewusstsein entwickeln können, sondern vielmehr, ob Shyamalan seinen eigenen Film auch nur ein einziges Mal angeschaut hat, bevor er ihn als reif für die Kinos betrachtete.
„The Happening“ dümpelt nach starkem Beginn bestenfalls lustlos, schlimmstenfalls gähnend langweilig dahin. Es sei denn, man betrachtet die „Flucht“ vor unsichtbaren Feinden als rasend spannend.

Zudem schafft Shyamalan das Kunststück, die ohnedies mehr als dünne Story noch der wenigen Fäden zu entledigen, die sie notdürftig zusammenhalten. Etwa, indem ein paar Jugendliche, die sich Elliot und Alma anschließen, auf geradezu absurde Weise wieder aus dem Plot entfernt werden.

Fehlende Chemie
Obwohl sich der Film primär um Chemie, nämlich pflanzliche „Kampfstoffe“, dreht, fehlt diese leider in sämtlichen Szenen zwischen Wahlberg und Deschanel. Beide wirken einander völlig fremd. Tatsächlich drängt sich beinahe der Verdacht auf, Shyamalan habe ihnen keinerlei Regieanweisungen gegeben. Die Schauspielleistungen passen sich dem Streifen in Punkto Lustlosigkeit nahtlos an.
Umso ärgerlicher, wenn man sich Mark Wahlbergs phantastische Performance in dem schwer unterschätzten „I love Huckabees“ vergegenwärtigt.

9/11-Trauma-Trauma
Wie beinahe jeder in der Gegenwart spielende amerikanische Film der letzten Jahre, will sich auch „The Happening“ als Anspielung auf das 9/11-Trauma verstanden wissen. So furchtbar die Ereignisse auch waren: Mittlerweile entwickelt man als von den Terroranschlägen nicht unmittelbar Betroffener ein 9/11-Trauma-Trauma. Und mehr noch: Es wirkt manchmal eher wie eine lahme Ausrede, wenn sich Filmschaffende darauf berufen, den Geschehnissen von 2001 einen filmischen Tribut leisten zu wollen.

Die unfreiwillig komischen Szenen – Mark Wahlberg entschuldigt sich bei einer Plastikpflanze! – sowie ein grotesker Filmfehler – nachdem der Zug mitten auf der Fahrt gestoppt wurde marschieren die Reisenden in eine Bar, trinken etwas und fahren mit ihren Autos, die rein zufällig auf dem Parkplatz stehen, nach Hause – runden das filmische Debakel ab.

Auch wenn „The Happening“ ein veritabler Kassenhit war lässt sich nicht übersehen, dass Shyamalan in einer tiefen künstlerischen Krise steckt. Die gute Nachricht ist: Nach diesem erschreckend langatmigen und uninspirierten Machwerk kann es wohl nur noch bergauf gehen mit Shyamalans nächstem Projekt. Zu wünschen wäre es ihm und uns: Bei aller berechtigter Kritik an seinen Filmen zeugten sie immerhin von dem Mut, neue Wege zu beschreiten und sich dem Mainstream nicht bedingungslos zu verschreiben.

Ende.
Ernsthaft: Es gibt hier weder mehr zu lesen, noch einen Filmkritik-Twist!


Darsteller

  • Mark Wahlberg … Elliot Moore
  • Zooey Deschanel … Alma Moore
  • John Leguizamo … Julian
  • Ashlyn Sanchez … Jess
  • Betty Buckley … Mrs. Jones
  • Spencer Breslin … Josh

Regie
M. Night Shyamalan

Produktionsland, Jahr
USA 2008

The Happening Trailer

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