Romantische Komödien erfreuen sich seit jeher größter Beliebtheit, vor allem naturgemäß unter den weiblichen Zuschauern. Eine der erfolgreichsten Darstellerinnen dieses Genres ist zweifellos Sandra Bullock. Die US-Amerikanern mit deutschen Wurzeln muss jedoch in „Selbst ist die Braut“ eine Rolle einnehmen, die für gewöhnlich von männlichen Darstellern ausgefüllt wird. Nämlich jene des mürrischen, die Liebe verweigernden Zynikers.
Ob die Romantikkomödie auch das Herz eines armen, alten, vom Zipperlein geplagten, seine Sorgen in Alkohol ertränkenden Filmrezensenten erobern kann, sei nachfolgend verraten.
Kühl in New York, warmherzig in Alaska
Margaret Tate (Sandra Bullock) ist Chefin eines großen, erfolgreichen New Yorker Verlags. Ihre Macht spielt sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit aus. Betritt sie das Gebäude, flüchten sich die Angestellten hinter ihre Computerbildschirme und informieren per ICQ ihre Kollegenschaft von der Ankunft der „Hexe“. Auch ihr persönlicher Assistent Andrew Paxton (Ryan Reynolds) leidet unter den Allüren und den ständigen verletzenden Kommentaren Margarets. Dennoch erduldet er die steten Demütigungen tapfer.
Unverhofft bietet sich ihm eines Tages die Möglichkeit zur Revanche. Margarets Anwälte eröffnen der gebürtigen Kanadierin, dass ihr Visum ausläuft und sie deshalb die USA verlassen müsse, was ihren Abschied von der Firma bedeuten würde. Rechtzeitig erhellt ein Geistesblitz das Oberstübchen der hübschen, aber fiesen Karrierefrau: Sie verkündet die baldige Hochzeit mit Andrew!
Dieser willigt, völlig überrumpelt, ein, womit die Probleme erst so richtig beginnen. Denn die Einwanderungsbehörde versteht in Punkto Scheinehen keinen Spaß und der für Margarets Fall zuständige Angestellte macht den Beiden klar, welche drakonischen Strafen ihnen drohen, sollte er herausfinden, dass es sich tatsächlich um eine Scheinehe handeln sollte. Doch davon lässt sich die resolute Margaret nicht beirren und fliegt mit Andrew zu dessen Familie nach Alaska, wo die Hochzeit steigen soll. Ausgerechnet in der Kälte taut sie jedoch auf und findet heraus, dass Karriere und Macht nicht alles im Leben sind …
Bullocks Romantik-Comeback
Seit gut zwei Jahrzehnten ist Sandra Bullock im Filmgeschäft, und in diesen zwei Jahrzehnten durchlief sie zahlreiche Höhen und Tiefen. Berühmt wurde sie an der Seite von Keanu Reeves in „Speed“, woraufhin sie endlich Hauptrollen ergatterte, anstatt, wie etwa in „Demolition Man“, lediglich als hübscher optischer Aufputz zu dienen. Romantische Komödien wie „Während du schliefst“ untermauerten ihren Status als einer der größten weiblichen Filmstars. In den letzten Jahren mehrten sich jedoch, auch auf Grund unglücklicher Rollenauswahl die Flops. Mit „Selbst ist die Braut“ kehrt sie aber in die Erfolgsspur zurück und dürfte ihren größten Hit nach „Speed“ geschafft haben.
Unter der Regie von Anne Fletcher (deren Karriere als Tänzerin in der 1994er Verfilmung der „Familie Feuerstein“ startete!) findet Bullock zu alten Tugenden zurück. Sie mag keine überragende Schauspielerin sein, aber sie hat eine sehr unverfälschte und warmherzige Ausstrahlung, die sich in dem Streifen voll und ganz auf den Zuschauer überträgt.
Ihr zur Seite steht der mehr als zehn Jahre jüngere Ryan Reynolds, der mit seinem noch recht unverbrauchten Gesicht sehr gute Figur macht. Sicher: An die Klasse eines Gespanns wie Hepburn-Bogart kommen die Beiden natürlich nicht annähernd heran. Dennoch überrascht es, wie gut die Chemie zwischen ihnen passt. Beileibe keine Selbstverständlichkeit, erinnert man sich etwa an die völlig misslungene Liebesgeschichte in „Nachts im Museum 2“ oder, um im Genre zu bleiben, die komplett aneinander vorbeispielenden Protagonisten aus „Der Glücksbringer“.
Auch der Rest der Darstellermannschaft schlägt sich hervorragend, wobei es hierbei einige bekannte Gesichter gibt. Beispielsweise „Golden Girl“ Betty White oder Mary Steenburgen.
Die üblichen Verdächtigen: Handlung und Witz
Was ist neben der Romantik in einer solchen Komödie noch wichtig? Exakt: Der Witz. Dieser gliedert sich im Wesentlichen in 2 Kategorien: Wortgefechte und Situationskomik. Während die Dialoge streckenweise durchaus zu gefallen wissen, waten die „komischen Situationen“ meist in seichtem, abgestandenem Wasser. Der Damenausflug in einen Strip-Schuppen oder die schrullige Oma zählen geradezu zum Standard-Repertoire moderner Komödien. Und darüber, welche „Zufälle“ und Wendungen dazu führen, dass die sich anfangs nicht unbedingt Liebenden splitternackt gegenüberstehen, sollte man besser das Handtuch des Schweigens legen.
Auch der Plot selbst orientiert sich an bekannten Vorbildern und verläuft komplett überraschungsfrei. Ob man darin eine Stärke oder Schwäche sieht, hängt natürlich von den persönlichen Neigungen ab. Manche Zuschauer werden vom unoriginellen Plot genervt, andere hingegen erfreut sein, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können, nämlich die romantischen Elemente, ohne von verblüffenden Plotwendungen abgelenkt zu werden.
Und die Romantik funktioniert einwandfrei: Die Wandlung des „Biestes“ von der unnahbaren, zynischen Chefin zur warmherzigen, mitfühlenden Frau auf Augenhöhe ist ebenso vorhersehbar, wie flüssig inszeniert. Das eher ungewohnte Ambiente Alaskas trägt zu den hohen Schauwerten bei, die einem der Film beschert. Anders als in vielen ähnlichen Streifen fehlt der „Bösewicht“, der dem Liebespärchen einen Strich durch die Rechnung machen möchte. Dies erscheint insofern seltsam, als gleich zu Beginn ein potenzieller Antagonist eingeführt wird, der jedoch überraschend schnell wieder fallen gelassen wird.
„Selbst ist die Braut“ wendet sich zwar vornehmlich an Frauen, kann aber durch den Verzicht auf allzu viel Kitsch auch Männern gefallen, die für gewöhnlich „solchen Frauenfilmen“ nichts abgewinnen können. Wer sich einfach nur knapp zwei Stunden lang berieseln lassen möchte, wird von Anne Fletchers Überraschungshit bestimmt nicht enttäuscht werden.
Darsteller
- Sandra Bullock … Margaret Tate
- Ryan Reynolds … Andrew Paxton
- Mary Steenburgen … Grace Paxton
- Craig T. Nelson … Joe Paxton
- Betty White … Grandma Annie
- Denis O’ Hare … Mr. Gilbertson
- Malin Akerman … Gertrude
- Michael Mosley … Chuck
- Gregg Edelman … Verleger Malloy
- Oscar Nunez … Ramone
Regie
Anne Fletcher
Produktionsland, Jahr
USA, 2009
Selbst ist die Braut
Dieses Wochenende hat der Film das GOLDEN TICKET bekommen. Das ist eine Auszeichnung in Österreich.
glg rene