Red Lights Kritik

Red-LightsMit dem Psychothriller „Red Lights“ versucht das spanische Regie-Wunderkind Rodrigo Cortés, sich nun auch in Hollywood zu etablieren. Die Erwartungen sind hoch: Vor zwei Jahren sorgte sein klaustrophobischer Thriller „Buried – Lebendig begraben“ mit Ryan Reynolds in der Hauptrolle weltweit für Furore. Der Film, der 90 Minuten lang das Leid eines in einem Holzsarg lebendig begrabenen LKW-Fahrers zeigt, wurde von der Kritik und vom Publikum („Buried“ spielte das Sechsfache seiner Produktionskosten ein) gleichermaßen euphorisch aufgenommen. Nach diesem Welterfolg dauerte es nicht lange, bis sich die Traumfabrik bei Cortés meldete. Anfang 2011 war es dann soweit: von Februar bis April durfte Cortés seinen ersten Film mit Traumbesetzung und Riesenbudget drehen. Das Ergebnis ist der Psychothriller „Red Lights“, der sich mit der Aufdeckung und Entlarvung paranormaler Phänomen befasst und nun auch in den deutschen Kinos startet. Leider gelingt es Regisseur Cortés mit diesem Werk jedoch nicht, an die Klasse und Qualität von „Buried“ anzuknüpfen. Der zwar handwerklich einwandfrei umgesetzte Film enttäuscht mit seinen zerfahrenen, konfusen Mystery-Elementen in der zweiten Filmhälfte und einem arg überzogenen Finale.

Ob Gedankenlesen, Gespräche mit Verstorbenen oder sich wie von Geisterhand bewegende Tische – dank jahrelanger Erfahrung und eines messerscharfen Verstandes, deckt die routinierte Psychologin Dr. Margaret Matheson (Sigourney Weaver) seit Jahren vermeintliche parapsychologische Phänome auf. Gemeinsam mit ihrem begabten Assistenten Tom Buckley (Cillian Murphy) entlarvt sie Scharlatane und Betrüger, die übersinnliche und –natürliche Fähigkeiten vorgaukeln. Als der legendäre Magier Simon Silver (Robert De Niro) nach 30 Jahren sein Bühnen-Comeback feiert, sieht vor allem Buckley die große Chance gekommen, auch ihn endlich als Lügner zu überführen. Doch Margaret zögert. Ihrer Ansicht nach ist Silver zu gefährlich. Der ehrgeizige Buckley entschließt sich, es im Alleingang zu versuchen. Doch dabei legt er sich mit einem undurchsichtigen Gegner an und entwickelt eine gefährliche Obsession, die am Ende sogar die Beziehung zu seiner Freundin Sally Owen (Elizabeth Olsen) bedroht.

In der ersten Hälfte ist „Red Lights“ ein stringenter, spannender Psycho-Thriller mit Grusel-Touch ohne dramaturgische Lücken. In düsteren, unterkühlt wirkenden Bildern schildert Regisseur Cortés in dieser Phase des Films in erster Linie die Arbeit von Matheson und Buckley, ein perfekt harmonierendes, wissenschaftliches Dream-Team. Mit modernster Messtechnik, viel Erfahrung und messerscharfem Verstand ausgestattet, untersuchen die Beiden paranormale Ereignisse und Fähigkeiten, für die sie jedoch stets rationale und wissenschaftliche Erklärungen parat haben. So wird man als Zuschauer Zeuge, wie die Wissenschaftler zu Beginn des Films das Phänomen eines angeblichen „Poltergeistes“ aufklären, der regelmäßig eine Familie heimsucht. Oder wie sie einen Gedankenleser enttarnen, der sich die relevanten Informationen von einer Assistentin über einen Knopf im Ohr durchgeben lässt. Cortés inszeniert diese Geschehnisse spannend, packend und mit eben jener kühlen, dämmerigen Bildsprache, die so perfekt mit der Thematik des Films harmoniert, wie Assistent Buckley mit seiner Chefin. Sigourney Weaver und Cillian Murphy liefern darüber hinaus gewohnt souveräne Leistungen ab und verleihen ihren Figuren charakterliche Tiefe.

Der dritte große Star des Films, der zweifache Oscar-Preisträger Robert De Niro, steht schauspielerisch jedoch klar im Zentrum von „Red Lights“. De Niro spielt den geheimnisvollen, blinden Simon Silver, der sich als weltberühmter Mentalist einen Namen gemacht hat. Und De Niro zeigt hier dank seiner bitterbösen, diabolischen Darstellung des Magiers vermutlich seine gelungenste Leistung seit Jahren. Jedoch vollzieht sich mit zunehmendem Auftreten von Silver im Film auch eine Art stilistischer Bruch. Widmete sich der Film in der ersten Hälfte noch der erfolgreichen Arbeit von Matheson und Buckley in seriöser Polit-Thriller-Manier, driftet „Red Lights“ nach etwa einer Stunde in überzogene Mystery- und Verschwörungs-Gewässer ab. Dann verliert sich der Film in verwirrenden, Traumsequenzen, unnötigen Wendungen und schließlich einem überzogenen, mit allerlei Effekten aufgeblähten Brachial-Finale, das im krassen Gegensatz zu der leise und souverän inszenierten ersten Filmhälfte steht. Am Ende wäre weniger mehr gewesen. Hätte Cortés beim Finale auf den ausufernden Bombast verzichtet und wäre stattdessen seinem Inszenierungsstil der ersten sechzig Minuten (kühle Bildsprache, konsequente Erzählweise ohne Brüche) treu geblieben, wäre ihm mit „Red Lights“ ein tatsächlich sehenswerter Thriller gelungen. So aber bleibt letztlich trotz der bemerkenswerten Besetzung ein fader Nachgeschmack. Wieso die Macher darüber hinaus die Nebenhandlung des im Koma liegenden Sohnes von Dr. Matheson im Film platziert haben, die in keinerlei Bezug zur Story steht und absolut unnötig ist, bleibt zudem ein Rätsel.

Trotz einer erstklassigen Besetzung und einer gelungenen, spannenden ersten Filmhälfte enttäuscht „Red Lights“ aufgrund eines unnötigen Stilbruchs ab der Hälfte sowie des übertriebenen Brachial-Finales.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Darsteller:

  • Robert De Niro
  • Cillian Murphy
  • Elizabeth Olsen
  • Sigourney Weaver
  • Toby Jones
  • Joely Richardson
  • Craig Roberts
  • Burn Gorman
  • Karen David
  • Jan Cornet
  • Leonardo Sbaraglia
  • Jesse Bostick

Regie:
Rodrigo Cortés

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8 Kommentare

  1. „Red Lights“ ist ein gelungener, extrem atmosphärischer Mystery-Thriller, wie ich finde. Er lässt am Ende sicher viele Fragen offen, aber sas ist beabsichtigt – schließlich soll der Film noch eine Weile nachwirken. Neben den psychologischen Effekten und der – wie erwähnt – durchgehend spannungsvollen Atmosphäre hält Regisseur Cortés ein überraschendes A-ha-Finale bereit, auch wenn dabei etwas zu dick aufgetragen wird. Ich habe den Film sehr genossen und kann eine Empfehlung aussprechen!

  2. Sehr spannend! Der Film ist intelligent und bringt den Zuschauer zum Nachdenken. Und: er bringt ihn dazu, sich eine eigene Meinung zu bilden – ob man nun an übernatürliche Kräfte glaubt oder nicht. Dazu wird der Film von einer tollen Musik begleitet. Freu mich schon auf die DVD.

  3. Ich kann der Kritik von Björn Schneider nur zustimmen. Der Film fängt spannend an, aber irgendwann kommt ihm die Handlung abhanden. Buckley verhält sich urplötzlich total jähzornig und reagiert völlig überzogen, seine Freundin wird als Nebenfigur eingeführt und hat dann trotzdem keine Bedeutung mehr,

    [SPOILER]

    und dann erwischt es auch noch eine der Hauptfiguren, was einen totalen Bruch zur Anfangskonstellation bedeutet.

    [SPOLER ENDE]

    Als ich dann das Ende gesehen habe, musste ich noch mal im Internet nachgoogeln, weil ich es einfach nicht glauben konnte …

    In der Konsequenz eher ein mittelmäßiger Film, der einen irgendwie unzufrieden zurück lässt.

  4. Trotz Starbesetzung schafft es der Film leider nicht sich vom üblichen Mainstream abzuheben, was zum grössten Teil auch am Drehbuch liegt. Es wird zwar ein wenig Spannung aufgebaut, welche aber nicht wirklich überzeugen kann und so hofft man einfach nur, dass der Film bald zu Ende ist und die ersehnte Auflösung endlich kommt.

  5. Ich stimme der Kritik größtenteils zu.

    (Spoiler)
    Allerdings finde ich folgende Beobachtung unbedacht:
    „Wieso die Macher darüber hinaus die Nebenhandlung des im Koma liegenden Sohnes von Dr. Matheson im Film platziert haben, die in keinerlei Bezug zur Story steht und absolut unnötig ist, bleibt zudem ein Rätsel.“

    Die Frage, ob die lebenserhaltenden Maßnahmen in der, im Film gegeben Situation, nötig sind, ist ein großer Bestandteil des Plots und wird am Ende wie erwartet gelöst – und zwar sogar gleich mit zwei verschiedenen Hintergründen.

    Außerdem stellt einen weiteren Bezug dar, dass erst durch den Unfall des Sohnes eine persönliche Bindung zwischen Silver und Matheson entstand.

  6. Also meiner Meinung nach tut der Film genau das was er soll: er unterhält und das gut mit einer an sich guten Story und einer sehr spannenden Essen, nämlich der Frage auf welcher Seite man stehen will. Gibt es übernatürliche Dinge oder nicht, was glauben wir, was wollen wir glauben? Der Film bewegt den Zuschauer gekonnt dazu, sich mit dem Thema bewusst zu befassen, was man an den Reaktionen oder sagen wir Kritiken gut erkennen kann. Sicherlich ist er nicht der Film des Jahres, aber eben dennoch atmosphärisch und gut inszeniert. Manche glauben der Film endet mit losen Handlungsfäden und verschenke somit Potential, andere zweifeln die „wissenschaftliche“ Seite der Darstellung an, doch es bleibt ja ein Film der unterhalten soll, er will keine Dokumentation sein. Denn jeder von Euch war sich doch bis zum ende gar nicht sicher, ob De Niro nicht vielleicht doch übersinnliche Fähigkeiten hat. Zugegebn, über das pathetische ende lässt sich streiten, da es für mich nicht weit genug ausholt um alles zu erklären, aber dennoch einguter Film mit toller Besetzung.

  7. Besser spät als nie, habe ich mir nun auch Red Lights angeschaut.
    Natürlich tragen die Top Schauspieler- Weaver und de Niro den Film, aber auch Cillian Murphy konnte in dem Film mal sein ganzes Talent unter Beweis stellen und hat mich überzeugt.
    Man darf mit dem jungen Filmemacher Rodrigo Cortés nicht zu sehr ins Gericht gehen, entgegen der Kritik fand ich „buried“ hingegen zu Red Lights boring.
    Gerade der ständige Wandel, der den Film durchzieht macht ihn interessant und gerade das Ende fand ich persönlich gelungen, weil es überraschend-erfrischend anders ist. Man sollte mal auf der DVD/BD unter Extras die Filminfos anschauen, die Interviews sind interessant.
    Ich jedenfalls bin gespannt auf die nächsten Jahre mit Cortés, da gibt es sicher noch Steigerungspotential.

    MfG Jan

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