„Was denn – ein weiterer Zombiefilm?“, mag sich der eine oder andere denken, nachdem er den Untertitel „Radio Zombie“ gelesen hat. Zu Recht, denn an Zombiefilmen mangelt es nun wahrlich nicht. Und das, obwohl es sich dabei um ein relativ junges Subgenre des Horrors handelt. Erst 1968 malte George A. Romero mit seinem inzwischen zum Kult avancierten „Die Nacht der lebenden Toten“ jenes Bild eines Zombies, das die Medien dominiert.
„Pontypool – Radio Zombie“ stellt indes eine originelle und ungewöhnliche Variante der Thematik dar, die sich Aufmerksamkeit verdient. Weshalb dem so ist, wird in nachfolgender Kritik von „Radio Filme-Welt“ erklärt.
Im Studio hört dich jeder schreien!
Grant Mazzy (Stephen McHattie) befindet sich wieder einmal auf dem Weg zum Studio eines Lokalsenders, bei dem er als Radiomoderator arbeitet. Seine besten Tage hat der charismatische Grant längst hinter sich und muss sich deshalb mit einem lausigen Job im kanadischen Kaff Pontypool begnügen. Er ahnt nicht, dass dieser Tag nicht nur sein, sondern das Leben unzähliger Menschen für immer verändern wird.
Auf der Fahrt zum Studio hat er eine seltsame Begegnung mit einer anscheinend geistig verwirrten Frau. Noch denkt Grant nicht weiters darüber nach und verrichtet seinen Job, den er nach den strengen Vorschriften von Redakteurin Sydney (Lisa Houle) gestalten muss, die von Assistentin Laurel-Ann (Georgina Reilly) tatkräftig unterstützt wird. Zunächst scheint es nur eine Nacht wie jede andere zu werden: Meldungen über verschwundene Katzen und Verkehrsmeldungen aus einem fiktiven Hubschrauber dominieren das öde Geschehen.
Doch auf leisen Pfoten bricht die Apokalypse über Pontypool herein: Radiohörer rufen beim Sender an und berichten von erschreckenden Vorgängen, die sich bis zum völligen Wahnsinn steigern. Anfangs halten Grant, Sydney und Laurel-Ann die Berichte noch für makabre Scherze. Zu Unrecht, wie sich schon bald zeigen soll, als plötzlich die Station selbst ins Zentrum der Gewalt rückt …
Originelle Prämisse
Was an „Pontypool – Radio Zombie“ sofort ins Auge und Ohr sticht, ist die ungewöhnliche Herangehensweise an das Thema. Bilden normalerweise Szenen von Zombie-Angriffen den Mittelpunkt eines solchen Streifens, so verweigert sich Bruce McDonalds Film derlei plumpen Oberflächlichkeiten. Ausweidungen lebendiger Menschen, Blutbäder und ähnliches sucht man in „Pontypool – Radio Zombie“ vergebens. Zum Glück, denn die kanadische Produktion setzt auf Story, statt auf Splatter, auf Atmosphäre, statt auf endlose Darstellungen von Gewaltexzessen.
Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist ein Medium, das über die Vorfälle berichtet und plötzlich selbst ins Zentrum des Geschehens rückt. Weshalb dem so ist, wird an dieser Stelle nicht verraten, da es den zweiten großen Pluspunkt von „Pontypool – Radio Zombie“ vorwegnehmen würde, nämlich die Auflösung des Rätsels, weshalb zahlreiche Menschen sich zu verwandeln beginnen. Anders als etwa in „Resident Evil“ oder „28 Days Later“ hält nicht die Universallösung eines bösartigen Virus als Erklärung her.
Übrigens sollte man sich vom etwas unglücklich gewählten Untertitel „Radio Zombie“ nicht täuschen lassen, der auf eine Komödie hindeutet. Obwohl humoristische und satirische Elemente – unter anderem Seitenhiebe auf Islamismus – nicht fehlen, stellen sie keineswegs reinen Selbstzweck dar, sondern unterstreichen die Stärken und Schwächen der Charaktere, allen voran Grant Mazzy.
Charakterköpfe
Dieser wird von Stephen McHattie verkörpert, einem kaum bekannten Kanadier, der in bislang fast zweihundert Filmen und TV-Sendungen mitwirkte. Dabei hätte sich McHattie weitaus mehr Aufmerksamkeit verdient: Seine Performance ist schlichtweg atemberaubend, weshalb es überrascht, dass er (noch) kein Star der Filmwelt ist. Auch die anderen Schauspieler liefern sehr gute Darstellungen ab, was dem im Stile eines Kammerspiels inszenierten, beinahe ausschließlich in einem engen Studio agierenden Film sichtbaren Glanz verleiht.
Dabei versteht es das Drehbuch glänzend, seine wenigen Figuren hervorragend zu charakterisieren. Abseits einiger verzeihbarer Klischees finden sich glaubwürdige Charakterzeichnungen wieder, was natürlich der Atmosphäre entgegen kommt.
Im Kopf erzeugte Spannung
Wie eingangs erwähnt verzichtet Regisseur McDonald in „Pontypool – Radio Zombie“ auf Splattereffekte. Dies bedeutet keineswegs das Fehlen gruseliger Elemente, doch entstehen diese erst im Kopf des Betrachters, anstatt unzweideutig auf Zelluloid gebannt zu werden. Der Grund hierfür ist ein ungewöhnlicher: Basierend auf dem Roman von Tony Burgess wurde gleichzeitig mit der Filmproduktion ein Radiohörspiel verfasst. Für beide mediale Aufbereitungen lieferte Tony Burgess – der einen Cameo-Auftritt im Film hinlegt – persönlich das Script.
Freilich: Der experimentell angehauchte Film hat auch seine Schwächen. Dazu zählen der Auftritt eines reichlich überdrehten Arztes und ein paar Längen, die dem Streifen kurzfristig Geschwindigkeit wegnehmen. Doch über diese kann geflissentlich hinweggeschaut werden.
„Pontypool – Radio Zombie“ ist einer der unbestreitbar originellsten Horrorfilme der letzten Jahre. Ob man mit dem außergewöhnlichen Setting, dem Verzicht auf eindeutige Szenen und der intellektuell fordernden Erklärung der Geschehnisse etwas anfangen kann, ist natürlich Geschmackssache. Wer sich vor interessanten Herausforderungen nicht scheut, die Nase voll hat von ungezählten Zombie-Schlachtplatten und hervorragende schauspielerische Leistungen zu schätzen weiß, sollte unbedingt einen näheren Blick auf den Film werfen.
Darsteller
- Stephen McHattie … Grant Mazzy
- Lisa Houle … Sydney Briar
- Georgina Reilly … Laurel-Ann Drummond
- Hrant Alianak … Dr. Mendez
- Rick Roberts … Ken Loney
- Boyd Banks … Jay (Osama)
- Tony Burgess … Tony (Lawrence)
- Rachel Burns … Colin (Daud)
Regie
Bruce McDonald
Produktionsland, Jahr
Kanada, 2008
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