King Dinosaur

King-DinosaurBeim Namen Bert I. Gordon klingeln die Alarmglocken des Genre-Freundes: So zeichneten sich die Plots seiner Filme nicht nur durch die völlige Missachtung von Logik aus, vielmehr waren die Filme auch handwerklich sowie tricktechnisch meist von erbärmlicher „Qualität“. King Dinosaur, ein Billigst-SF-Schmus aus 1955, bildet da keine Ausnahme. Im Gegenteil hege ich die Befürchtung, dass dieser Streifen selbst für Gordons Verhältnisse unterirdisch schlecht geraten ist.

Zum Plot: Wissenschaftler entdecken einen neuen Planeten, den sie – wie originell! – „Nova“ nennen. Man plant, vier Wissenschaftler zu diesem Planeten zu schicken, um ihn zu erforschen. Dabei handelt es sich um zwei Männer und zwei Frauen. Der Anfang haut gleich mal mächtig auf den Putz: Ein Off-Erzähler quasselt dem Zuschauer, der sich doch eigentlich unterhalten lassen, nicht ein Drehbuch vorgelesen bekommen möchte, den Kopf voll. Visuell wird das Ganze durch willkürlich aneinandergereihte Filmschnippsel unterlegt.

Dann ist es endlich soweit: Die Rakete startet. Dabei handelt es sich nicht einmal um ein Modell – wozu Geld verschwenden, wenn es doch tonnenweise Foot Stockage gibt? Was uns als interplanetares Raumgefährt verkauft wird, ist wieder einmal eine V2. Wenige Sekunden nach dem Start landet die Rakete auf „Nova“, wobei die Landung wiederum die V2 zeigt, die mehr oder weniger gelungen in einen Wald-Hintergrund hineinkopiert wurde.
Frohgemut klettern unsere braven amerikanischen Helden aus dem Rumpf der Rakete. Der Schiffsrumpf ist nun natürlich ein Modell, das schon alleine der abweichenden Farbe wegen nicht zur V2 passt.

Sofort machen sich zwei der Protagonisten daran, den geheimnisvollen Planeten zu erforschen. Dank futuristischer Geräte wie eines Föns und eines Mikroskops kommen sie zu der erfreulichen Conclusio (die auf Tonband aufgenommen werden), dass der Planet erdähnliche Bedingungen bietet und sie ihre Raumanzüge nicht benötigen. Wahrhaftig ein Glück, denn wie sie in den Anzügen ohne Sauerstoffflaschen (!) atmen konnten, entzieht sich meiner Kenntnis – und vermutlich auch jener der Filmproduzenten.

Heißa – jetzt geht´s richtig los mit dem Erforschen! Unsere beiden Pärchen machen sich gleich mal dran, sich ein bisschen die Beine zu vertreten. Angezogen sind sie wie Camper. Also genau die richtige Ausstattung für den ersten Besuch auf einem fremden Planeten. Noch verwirrender ist die Frage, ob es nicht irgendwie zweckmäßig gewesen wäre, ein paar nützliche Utensilien wie etwa ein Basiszelt mit an Bord zu nehmen.
Fairerweise muss man zugeben, dass sie die Standard-Ausrüstung eines Amerikaners auf Forschungsreisen mitgenommen haben: Gewehre. Und ich verrate nicht zu viel wenn ich vorsichtig anmerke, dass sie diese auch einsetzen werden …

Nach einem unheimlich aufregenden Fußmarsch durch Wald und Flur, auf der man die versprochenen prähistorischen Tiere bestaunen darf – exotische Wesen wie Braunbären oder Elche – beziehen die Vier ihr Quartier an einem See. Bloß gut, dass unsere Helden offensichtlich bei den Pfadfindern waren und gut aufgepasst haben, denn wenigstens können sie sich aus dem Holz und den Büschen ein Dach über dem Kopf basteln. Wozu also Platz in einer Rakete mit einem Zelt verschwenden?

Da all dies genau so langweilig ist wie es sich liest, kommt nun der erste schweißtreibende Angriff einer extraterrestrischen Lebensform. Erschöpft lehnt sich das damals obligatorische blonde Dummerchen gegen einen Baum und wird von einer Schlange (ungefähr einen Meter lang) ganz böse erschreckt. Blondchen kreischt, läuft weg, direkt in die Arme eines der starken männlichen Helden. Ob die Schlange ihr einen Apfel anbieten wollte ist mir übrigens nicht bekannt.
Aber keine Angst: Es wird noch viel dramatischer! Das Unheil nimmt seinen Lauf, als die vier Forscher auf dem See eine Insel mit einem Vulkan entdecken.
Insel? Vulkan? King Dinosaur?
Ja, da muss es ja nur vor wilden Kreaturen so tummeln! Die Vier beschließen, später mal rüberzupaddeln. Da man aber nicht überstürzen sollte und sich selbst die lächerliche Laufzeit von knapp einer Stunde nicht von selber füllt, muss sich noch irgendetwas Spannendes ereignen.

Eine gute Gelegenheit hierfür bietet ein kleiner, romantischer Spaziergang von Blondchen und ihrem Freund. Verliebt hampeln die beiden über die eventuell grünen Wiesen (Farbfilm war 1955 bekanntlich noch nicht erfunden … oder zu teuer?). Schnitt auf ein Krokodil (merke: Auf anderen Planeten leben Krokodile direkt auf der Wiese!), das bedrohlich sein großes Maul aufreißt.
Was passiert? Richtig: Blondchens nicht minder bescheuerter Freund (ein perfektes Paar!) stolpert und müht sich ab, einen leichten Abhang hinunterzukullern, an dessen Ende er direkt auf dem Lederlieferanten landet. Und sofort entspinnt sich ein actionreicher Kampf zwischen Mensch und Monster. Respektive Mensch und Spielzeug, denn der Kroko erinnert eher an eine Luftmatratze in Krokodilform, denn an ein bedrohliches Tier.

Blondchen macht das einzig Richtige: Sie beobachtet aus der Ferne und kreischt.
Ihr Freund gewinnt den Kampf, schlägt das Kroko tot und schleppt sich schwer verwundet von dannen. Im Hauptquartier erhält er sofort beste medizinische Versorgung, indem das hässliche Blut mit einem Fetzen weggewischt wird. Dennoch hinterlässt er den Eindruck, jeden Moment abermals in eine andere Welt zu treten.

Exakt zwei Sekunden später – nämlich mit dem nächsten Schnitt – ist er wieder völlig in Ordnung. Er hat nicht einmal blaue Flecken.
Praktischerweise wacht er genau zum richtigen Zeitpunkt aus seinem Schönheitsschlaf auf: Nämlich, als ein riesiges Insekt sich dem Lager nähert. Ein echtes Film-Highlight! Hierbei wurde ein Insekt (worum genau es sich handelt kann ich nicht sagen) in den Film hineinkopiert. Und zwar buchstäblich! Sogar die Schatten (!) des Insekts wurden übernommen. Ein paar Sekunden lang ist das Tier gar nur noch als graue, halbtransparente Kontur zu erkennen. Definitiv ein Anwärter für den schlechtesten „Special Effect“ (oder eher „Defekt“) der Filmgeschichte. Immerhin kommen wir jedoch so in den Genuss der Mentalität der vier Raumfahrer: Sofort wird zur Waffe gegriffen und das Tier erschossen. Wohlgemerkt: Es hat niemanden angegriffen! Egal – was Angst macht, wird abgeknallt.
Nach diesen nervenzerfetzenden Actionsequenzen wird es Zeit, den Zuschauer Atem holen zu lassen. Am besten dadurch, ihn ungefähr fünf Minuten lang mit Wanderszenen, einem lustigen Lagerfeuer und Gequatsche zu berieseln.

Eines der Pärchen beschließt später, sich die Vulkan-Insel einmal etwas genauer anzugucken. Aus der Rakete wird ein Schlauchboot geholt (Ist das eigentlich eine ernsthafte Expedition oder ein Camping-Ausflug?).
Auf der Insel angekommen dürfen wir erst mal wieder ein paar Naturaufnahmen genießen. Zwischenzeitlich wirkt der Film wie eine BBC-Doku.
Doch nun geht es erst richtig los! Der männliche Protagonist hält sein Gewehr ohnedies bereits schussbereit, als wäre er auf Hirschjagd, nicht auf einer Forschungsreise. Und welch ein Glück, da ist er: King Dinosaur! Ein furchteinflößender Leguan, dem man ein Plastikhorn auf die Schnauze geklebt hat.

Noch gruseliger finde ich aber das Verhalten der Protagonisten: Augenblicklich schießt der Mann auf das Tier. Auch hier: Völlig unmotiviert. Vermutlich haben so auch die Kriege zwischen europäischen Siedlern und Ureinwohnern in den USA begonnen: Nicht erst lang gefackelt, Gewehr raus und dem Indianer eine in den Pelz gebrannt.
Aber die Frau an der Seite (bzw. im Rücken) des Helden bekommt auch ihr Fett weg: Er stößt sie eher unbeabsichtigt von sich und sie knallt mit dem Hinterkopf an einen Felsen. Ich vermute mal – auch auf Grund der Reaktion des Mannes darauf – dass dieser Vorfall nicht im Drehbuch stand.
Unverschämterweise fällt das Monster nicht tot um oder haut ab, sodass die beiden Menschen in eine Höhle flüchten, wo sie der Dinosaurier belagert. Rein zufällig kommt ein Krokodil (oder gilt das auch als Dinosaurier? Man weiß es einfach nicht) zu Besuch und fängt Streit mit dem Saurier an. Ein im wahrsten Sinne des Wortes blutiger Kampf entbrennt … Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen möchte ich herausstreichen, dass dieser „Kampf der Monstren“ heute als lupenreine Tierquälerei den Tierschutzbund auf den Plan rufen und den Filmproduzenten (mit Recht!) einigen Ärger einhandeln würde.

Doch weiter im Text: Statt die Gunst der Stunde zu nutzen und abzuhauen, bleiben die beiden Forscher natürlich in der Höhle. Dabei stellt der Mann mit dem untrüglichen Auge des Experten fest, dass es sich bei dem Riesenleguan um einen Tyrannosaurus Rex handle.
Selbst wenn man lediglich über rudimentärste Kenntnisse der Vorzeit verfügt, kann man beim besten Willen keine auch nur entfernte Ähnlichkeit zwischen einem Leguan und einem Tyrannosaurus Rex feststellen. Offensichtlich versteht sich der Wissenschaftler mehr aufs Schießen, als aufs Denken. Wenigstens hat er noch so viel Grips in der Birne, eine Leuchtrakete abzufeuern, um das andere Pärchen, das auf dem Festland geblieben ist (was die beiden getrieben haben will man gar nicht wissen), herbeizurufen.
Die Hilfe naht … natürlich stilecht im Schlauchboot. Aber was ist das für eine geheimnisvolle Kiste mit allerlei bunten Anzeigegeräten, das Blondchens Freund mitschleppt?

„King Dinosaur“ bekommt schon wieder Besuch, diesmal von einer anderen Echse. Ärgerlich, so ein unangemeldeter Besuch, wenn man es sich gemütlich machen und ein paar Erdenmenschen verknuspeln wollte. Es kommt zum nächsten Kampf, und diesmal sind die beiden Menschen schlau genug abzuhauen. Inzwischen sind ihre Freunde eingetroffen und zu Viert macht man sich auf den Weg an den Strand.
Dabei läuft man an einem (natürlich ins Gigantische verzerrte) Gürteltier vorbei. Zwar handelt es sich um ein vegetarisch lebendes Tier, das keine Gefahr darstellt und den Menschen nicht einmal Aufmerksamkeit schenkt, aber wenn man schon einmal da ist und ein paar Sekunden Zeit zum Verschnaufen benötigt, knallt man ihm doch am besten ein paar Kugeln in den Körper.
Langsam frage ich mich, ob es sich bei den vier Menschen nicht um Psychopathen handelte, die die NASA mal eben elegant loswerden wollte.

Es ist nicht nur der sie verfolgende Dinosaurer, der sie zur Eile gemahnt. Nein – die geheimnisvolle Kiste, die Blondchens Freund mitgenommen hat, ist nämlich … eine Atombombe! Und sie geht in wenigen Minuten hoch! Da heißt es natürlich ordentlich die Beinchen galoppieren zu lassen (unter anderem vorbei an einem Mammut, das man logischerweise in einem Dinosaurier-Film unbedingt vermuten würde).
Aber zum Glück geht alles gut, die vier hauen im Schlauchboot ab und der König der Saurier bleibt auf der Insel zurück. Er hat vermutlich vergessen, dass Reptilien schwimmen können. Und das erweist sich als relativ unangenehm für ihn, denn alsbald die Menschen auf dem Festland angekommen sind (nicht, ohne eine weitere völlig sinnlose Szene dem staunenden Auge zu präsentieren: Da paddeln die vier wie von Sinnen – irgendwie verständlich, wenn gleich eine Atombombe explodiert – ans Festland. Kurz bevor sie ankommen, hüpft der Dino-Experte ins Wasser … und drückt Blondchen zu Boden! Mehrmals! Die Menschheit wird wohl niemals erfahren, was das zu bedeuten hatte. Kaum weniger kann da verblüffen, dass Blondchen und die andere Frau von einem Schnitt auf den nächsten ihre Plätze getauscht haben) und sich zu Boden geworfen haben (bzw. eher gestolpert und hingefallen sind; Blondchen ist ein echter Tollpatsch!), was ein bisschen wie eine angedeutete Orgie aussieht, sehen wir einen Atompilz.

Ja, das sind halt noch Expeditionen vom alten Schlag! Wenn man von einem Tier angegriffen wird, rächt man sich, indem man dieses und alle anderen Tiere einäschert. Die nächsten Forschungsreisenden haben dann zwar relativ wenig zu entdecken, aber Opfer muss man halt bringen! Und deshalb wollen wir nicht kleinlich sein und die Frage stellen, wie durchgeknallt man sein muss, um eine Atombombe beim ersten Flug zu einem fremden Planeten mitzukarren.

„King Dinosaur“ ist wirklich jämmerlich. Der Plot ist unfassbar idiotisch, die Handlungen sind teils unlogisch, die Charaktere fade und nicht einmal die Effekte sind gelungen. Unverständlich wenn man im Hinterkopf behält, dass zwei Jahre vorher ein ebenfalls mit geringem Budget ausgestatteter Film namens „Dinosaurier in New York“ (früher bekannt als „Panik in New York“) ziemlich beachtliche Effekte mit einer halbwegs intelligenten Story und guten Schauspielern kombinierte.

Manche schlechte Filme sind so schlecht, dass das Anschauen Spaß macht. Nicht einmal dieses Vergnügen lässt einem „King Dinosaur“. Dazu sind die Story zu haarsträubend und die Handlungen der Akteure einfach zu aggressiv: Da wird auf alles geknallt, was sich bewegt! Gerade von Wissenschaftlern würde man doch erwarten, dass sie ein bisschen Interesse an dem hegen, was um sie herum passiert.
An keiner Stelle wird der Film auch nur ansatzweise spannend. Die Kameraführung ist selbst für ein B-Movies extrem statisch.

Und die erklärenden Off-Kommentare, wie zu Beginn des Filmes, sind höchstens dazu geeignet, das Publikum einzuschläfern.
Leider ist diese Form der Zuschauerfolter nicht ausgestorben, sondern wird mitunter sogar noch heute in Großproduktionen wie „Alexander“ verwendet.


Darsteller

  • William Bryant … Dr. Ralph Martin
  • Wanda Curtis … Dr. Patricia Bennett
  • Douglas Henderson … Dr. Richard Gordon
  • Patti Galagher … Nora Pierce

Produktionsland, Jahr
USA (Film) / Deutschland (V2-Rakete), 1955

Regie
Ben I. Gordon

King Dinosaur Trailer

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