Bankenkrisen, Eurobonds und pleite gegangene Staaten haben Europa in den letzten Jahren arg zu schaffen gemacht. Immer wieder sorgte das Fehlverhalten einiger weniger, in Wirtschaft und Politik mächtiger Personen, für große gesellschaftliche Schäden. Davon hat der Lehrer Niels (Aljoscha Stadelmann) endgültig die Nase voll. Kurzerhand setzt er auf einem verlassenen Herrschaftssitz in Brandenburg das um, wovon viele träumen, aber niemand es doch wirklich zu tun wagt: Niels gründet seinen eigenen Staat: Freiland. In Freiland gibt es eigene Pässe, Ministerposten, ja sogar eine eigene Hymne, im staatseigenen neuen Rundfunk ausgestrahlt. So sehr sich Niels anfangs in der ungewohnten Rolle als Staatschef gefällt – die mit der Rolle einhergehenden Befugnisse und Machtansprüche wachsen ihm schon bald über den Kopf. Und kurz darauf folgen bereits die ersten Staatskrisen in Freiland: Das Geld wird knapp und die Bewohner werden immer unzufriedener.
„Freiland“ ist das Spielfilmdebüt des Jung-Regisseurs Moritz Laube, der hier eine hoch interessante, filmisch bis dato kaum umgesetzte Utopie in Gang setzt und die Frage aufwirft: Was wäre, wenn man mitten in Deutschland ganz einfach einen eigenen, neuen Staat gründen würde? Würde es funktionieren? Die Antwort auf diese Frage wird bereits nach nicht mal einer Stunde des satirischen Films deutlich, der durchaus gut zu unterhalten weiß, auch wenn er auf darstellerischer Ebene nicht immer überzeugt. Dies mag mitunter auch dem Umstand geschuldet sein, dass kein Drehbuch vorlag, sondern lediglich ein mehrseitiges Manuskript. Also galt es, den Großteil der Dialoge spontan zu improvisieren, was jedoch auch wiederrum einen gewaltigen Teil des naiven, verspielt-sympathischen Charmes des Films ausmacht.
Für seinen ersten Spielfilm suchte sich der 35-jährige, in Frankfurt a. Main (also dem Epizentrum von Bankenvierteln und gutbezahlten Managern) geborene Filmemacher Moritz Laube ein durchaus hochinteressantes, spannendes Thema aus. Er setzte die Utopie einer Staatsgründung in Deutschland um und dachte dabei an die wesentlichen Aspekte und Inhalte, die ein Staat ausmacht und über die er verfügen sollte: von Pässen, Bewohnern und Arbeitsplätzen über eine Hymne, Ministerämter und eigene Staatsmedien. Die Umsetzung des Ganzen wirkt (zu Beginn) daher mitunter alles anderes als unglaubwürdig, die Implementierung eines neuen, frischen Staates innerhalb des Staates BRD scheint zeitweise beim Betrachten der Ereignisse auf der Leinwand sogar als durchaus realistisch und möglich. Aber nur die erste Hälfte des Films.
Dann nämlich treten im Kleinen so langsam all jene Probleme und Staatskrisen auf, die man von den großen Vorbildern kennt: Unzufriedenen Bewohner, fehlende Arbeitsplätze und immer leerer werdende Staatskassen. Dem Film tun die improvisierten Dialoge und Szene dabei durchaus gut, sie verleihen im Drive und Frische und passen ganz ausgezeichnet zum regelrecht einfältigen Charme des Films. Dass an der vergnüglichen Satire jedoch auch eine ganze Menge an zweitklassigen, ungelernten Amateur-Darstellern beteiligt waren, merkt man dem Film deutlich an. Viele Figuren agieren unglaubwürdig, steif und wirken deplatziert, wie etwa ein von Moderator Klaas Heufer-Umlauf verkörperter junger Reporter.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.