Erich Mielke – Meister der Angst Kritik

Erich Mielke Meister der Angst FilmkritikIn seiner neuen Dokumentation widmet sich der Berliner Drehbuchautor und Regisseur Jens Becker einem der einflussreichsten Männer der DDR, der das Ministerium für Staatssicherheit zu einem der mächtigsten Geheimdienste der Welt aufbaute: Erich Mielke. Becker konzentrierte sich in den letzten Jahren vor allem auf dokumentarische Werke („20x Brandenburg“, „Berliner Rand“), inszenierte aber auch fiktive Stoffe, wie z.B. eine Folge der erfolgreichen Krimi-Reihe „Tatort“, Mitte der 90er-Jahre. Fiktives und auf Fakten und stichhaltigen Informationen beruhende dokumentarische Elemente bringt er nun in seinem neuesten Film, „Erick Mielke – Meister der Angst“, zusammen.

Dokumentationen über die DDR im Allgemeinen und ihre führenden Politiker und die mächtigsten Männer im Arbeiter- und Bauernstaat gibt es nicht wenige, doch filmisch wurde ein Mann bisher kaum beachtet, der doch zu den rücksichts- und skrupellosesten Politikern der DDR zählte: Mielke, der 1957 zum Minister für Staatssicherheit ernannt wurde und der mächtigste Mann bei der Stasi bis zum Ende der DDR bleiben sollte. Mielke war ein bedingungsloser Anhänger und Verfechter des Sozialismus und maßgeblich am Ausbau der DDR zu einem flächendeckenden Unterdrückungs- und Überwachungsstaat verantwortlich. Nach dem Ende der DDR kam er u.a. wegen „Hochverrats“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in Haft, Ende 1993 wurde er wegen eines in den 30er-Jahren begangenen Mordes zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Im Alter von über 90 Jahren starb Mielke im Jahr 2000 als gebrochener, einsamer und von fast allen Seiten verhasster Greis.

Regisseur Becker bedient sich klassischer Element des Doku-Films, um ein ausgewogenes und facettenreiches Bild der komplexen und schwierigen Persönlichkeit Mielkes zu zeichnen, über den – obwohl sogar der BND und die CIA Akten über ihn führten – alles in allem bisher doch wenig bekannt war. Der Film ändert das und die erhellenden, informativen Einsichten in alte, originale Videoaufzeichnungen, rare Fotos und Ton-Dokumente zeigen nachhaltiger denn je, wie Machtbesessen und -versessen der Mann nicht nur im beruflichen sondern auch im privaten Leben und Alltag war. Besonders gelungen und ausgiebig sind die ausführlichen Interviews mit Bekannten und Weggefährten, so z.B. mit den ehemaligen Mielke-Anwälten Stefan König und Hubert Dreyling, dem JVA-Leiter Wolfgang Fixson und dem bekannten und profilierten russischen Historiker Nikita Petrow.

Zu sehen gibt einige der wichtigsten, aber auch weniger geläufige Aufnahmen und Original-Szenen, etwa die wenigen öffentlichen, überwiegend politischen Auftritte vor der Kamera, seine unvergessen-peinliche Ansprache vor der DDR-Volkskammer Ende 1989 („Ich liebe doch alle Menschen“) oder auch jene Szenen vor Gericht Anfang der 90er, die einen steinalten, verbitterten und bleichen Mann im Rollstuhl zeigen, der unendliche Schuld auf sich geladen hat. Das große Problem des Films sind aber seine fiktiven, erfundenen Spielszenen, die nicht nötig gewesen wären und sich als Fremdkörper erweisen.

Der Schauspieler Kaspar Eichel schlüpft in die Rolle Mielkes in dessen Zeit in der Berliner Justizvollzugsanstalt Moabit (ab 1990) in der er im Gespräch mit einer Psychologin sein Leben Revue passieren lässt. Die Szenen, die Eichel dabei zeigen, wie er als wenig geläuterter Mielke bedeutungsschwangere und schier endlose Monologe über die Kamera direkt an den Zuschauer richtet, sind ebenso unsinnig wie überflüssig. Darüber hinaus liefern sie keine neuen Erkenntnisse und sind letztlich nichts weiter als subjektive, fiktionale Äußerungen und Einschübe, die nicht viel mit der Realität zu tun haben (ebenso wenig im Übrigen wie die Albträume, von denen Mielke immer wieder im Gefängnis geplagt wird). Ein Element, das es in einer Dokumentation nur in Ausnahmefällen braucht.

Fazit: „Erick Mielke – Meister der Angst“ liefert einen umfassenden und erhellenden Einblick in das berufliche und private Leben des umstrittensten Politikers der DDR. Lediglich die eingeflochtenen fiktiven Spielfilmszenen sind störend und überflüssig, da sie keine neuen Erkenntnisse liefern und letztlich größtenteils nur auf Mutmaßung und Spekulation beruhen.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.

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