Der Architektur-Dozent Erik (Ulrich Thomsen) entscheidet sich, zusammen mit seiner Lebensgefährtin Anna (Trine Dyrholm) und der gemeinsamen Tochter, für eine alternative Lebensform: sie wollen die frisch geerbte Villa zu einer Kommune mit Gleichgesinnten umfunktionieren. Schon lange langweilt sie das gut bürgerliche Leben und andere Mitbewohner würden zudem attraktive Mieteinkünfte in die Haushaltskasse bringen. Also veranstalten sie eine Art „Casting“, um geeignete Menschen zu finden, die ihre Ansichten und Weltanschauungen teilen. Die erste Zeit im neuen Heim ist geprägt von viel Spaß unter den Bewohnern, familiärem Zusammenhalt und einer neu gewonnenen Freiheit. Allmählich jedoch zeigt sich, dass die Utopie vom offenen, glücklichen Kommunenleben nur schwer mit menschlichen Gefühlen und persönlichen Bedürfnissen vereinbar ist. Als sich Erik nämlich in die hübsche Studentin Emma (Helene Reingaard Neumann) verliebt, die später sogar als Mitbewohnerin in die Kommune aufgenommen wird, beginnen die Probleme.
„Die Kommune“ ist der neue Film von Thomas Vinterberg, der neben Lars von Trier und Anders Thomas Jensen zu den bekanntesten dänischen Filmemachern der Gegenwart gehört. Er war ein Mitbegründer der „Dogma 95“-Bewegung, die es sich zum Ziel setzte, z.B. auf Künstlichkeit, Filter und Effekte bei neuen Filmen zu verzichten und nur an Originalschauplätzen zu drehen. Die Filme sollten wieder näher an der Wirklichkeit und echten Menschen sein. So wie „Die Kommune“, Vinterbergs erstem Film seit dem Erfolg „Am grünen Rand der Welt“, da der Däne früher selbst einmal in einer solchen lebte. Teils autobiografisch ist das Werk auch deshalb, da Vinterberg – wie die Filmfigur Erik – einst seine Frau für eine jüngere Geliebte verließ. Die Tragikomödie lief dieses Jahr im Wettbewerb der Berlinale. Dort erhielt Trine Dyrholm für ihre Darbietung den Silbernen Bären.
„Die Kommune“ gewinnt allein schon deshalb an Glaubwürdigkeit und Authentizität, da Regisseur Vinterberg fast seine komplette Kindheit und Jugend selber im abgeschotteten Mikrokosmos einer Kommune lebte. Viele im Film gezeigte Ereignisse und zwischenmenschliche Konflikte, sollen sich so oder so ähnlich damals in seiner Kommune abgespielt haben. Der Film teilt sich hinsichtlich seiner Stimmung und Atmosphäre grob in zwei Hälften. Die erste ist eher durchzogen von witzigen und heiteren Momenten sowie skurrilem Humor, welcher sich vor allem in den großartigen Szenen des Auswahlverfahrens manifestiert. Hier zeigt der Filmemacher sein Gespür für das Inszenieren von menschlichen Wesenszügen und Charaktereigenschaften. Diese macht er mit wenig Aufwand und in Form leiser Zwischentöne durch Gestik und Mimik der Bewerber deutlich.
Zwar ist auch die zweite Hälfte des Films immer wieder von sarkastischem Humor durchzogen, dennoch ändert sich die Stimmung mit Bekanntwerden der Affäre und dem Einzug von Emma merklich. Vinterberg wendet zu Beginn viel Zeit auf, um die Bewohner und vor allem auch die Gründer der Kommune, Eriks Familie, mit allen Stärken und Schwächen als handelnde Personen im Film zu etablieren. Wenig Beachtung schenkt er der Welt außerhalb der Kommune. Man kann den Film daher auch gut als kammerspielartige Tragikomödie bezeichnen, nur spielen sich die vielen Konflikte, Gefühlswirrungen sowie die Höhen und die – immer häufiger auftretenden – Tiefen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens nicht in einem Raum sondern einer Villa ab. Trotz der Vielzahl der Protagonisten droht der Film zudem nie, inhaltlich überladen zu wirken. Der Schwerpunkt der klinisch genau betrachteten Beziehungen liegt deutlich auf Erik und Anna: ihr Umgang miteinander während der Anfänge der durch sie initiierten Kommune bis hin zu den Brüchen, die ihre Liebe mit Auftreten von Emma erfährt.
Fazit: Minimalistische, kammerspielartige Tragikomödie über das Leben, die Liebe und das zwischenmenschliche Leid innerhalb einer dänischen Kommune, die stark von den persönlichen Erlebnissen des Regisseurs geprägt ist.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.