Ende der Schonzeit Filmkritik

Ende der Schonzeit1942, irgendwo im Schwarzwald mitten im Zweiten Weltkrieg: Emma (Brigitte Hobmeier) und Fritz (Hans-Jochen Wagner) sind seit viele Jahren verheiratet und leben auf einem Bauernhof, der abgeschieden im Wald liegt. Sie haben nicht viel Geld, doch alles in allem sind sie zufrieden mit ihrem Leben und froh, dass sie vom Krieg auf ihrem Bauernhof nicht allzu viel mitbekommen. Da Fritz jedoch impotent ist, kann er keinen Stammhalter zeugen, der den Hof weiterführen könnte. Eines Tages entdeckt Fritz den Juden Albert (Christian Friedel), der sich im Unterholz vor den Nazis versteckt. Ohne seiner Frau davon zu berichten, bietet er ihm einen Unterschlupf auf dem Hof an. Obwohl Emma wenig begeistert ist und dem Juden mit Vorurteilen begegnet, entwickelt sich zwischen Fritz und Albert schon bald eine enge Freundschaft. Doch nach einiger Zeit bittet Fritz Albert darum, an seiner Stelle mit Emma ein Kind zu zeugen. Albert gibt sein Einverständnis, doch die Schwangerschaft tritt nicht sofort ein. Dieser Umstand führt zu einer immer härteren Belastungsprobe für die fragile und komplizierte Beziehung zwischen den dreien.

„Ende der Schonzeit“ ist der Debütfilm der Regisseurin Franziska Schlotterer, die hier ein erdrückendes, famos gespieltes Drama um eine Dreiecksbeziehung in vor dem Hintergrund der NS-Diktatur vorlegt. Für die Rolle der Emma wurde Schauspielerin Brigitte Hobmeier als „Beste Darstellerin“ auf dem World Filmfestival Montreal ausgezeichnet. Nach weiteren Festival-Einsätzen u.a. beim 31. Münchener Filmfest 2012 und den Biberacher Filmfestspielen 2012 gewann „Ende der Schonzeit“ auch den begehrten Publikumspreis beim 23. Kinofest Lünen.


„Ende der Schonzeit“ lebt von seinen großartigen Darstellern und ist von einer ungemein präsenten, bedrückend-beklemmenden Stimmung und Atmosphäre geprägt, die wohl kaum einen Zuschauer kalt lässt. Dabei ist der Film hinsichtlich Story und Inszenierung sehr minimalistisch und reduziert gehalten. Im Zentrum der Story steht das biedere Bauernehepaar Emma und Fritz, das auf einem einfachen Hof samt Tier und Landwirtschaft abgeschieden irgendwo in den Tiefen des Schwarzwaldes lebt. Die Beiden besitzen nicht viel, haben sich insgesamt aber mit dem Leben auf dem Bauernhof und der täglichen harten Arbeit auf dem Feld und im Stall abgefunden. Wäre da nicht das Problem mit Fritz‘ Impotenz, weshalb er nicht in der Lage ist, einen Nachkommen zu zeugen, der später einmal den Hof übernehmen kann. Unter diesem tragischen Umstand leidet die Beziehung erheblich, die Stimmung zwischen dem Paar ist stets eine angespannte und von den Launen und starken Stimmungsschwankungen von Fritz geprägt.

Mitten in diese schwierige Situation stolpert der unbedarfte, ein wenig einfältige Jude Albert, der von Fritz zufällig im Unterholz entdeckt wird. Anstatt den Juden an die Nazis zu verraten, nimmt er ihn bei sich auf und gewährt ihm ein sicheres Versteck sowie eine tägliche Mahlzeit, zunächst zum Unmut von Emma, die Albert mit Vorurteilen begegnet. Dann kommt Fritz eine Idee: Wieso nicht den Juden als Erzeuger des so dringlich benötigten Stammhalters einsetzen? Albert geht schließlich auf den furchtbaren Handel „Sex gegen Schutz“ ein und ab diesem Zeitpunkt entwickelt sich der Film zu einer erdrückenden Dreiecksgeschichte, bei der es am Ende nur Verlierer geben kann. Getragen wird der Film dabei zu aller erst von seinem famosen Ensemble. Wie die Darsteller Brigitte Hobmeier, Hans-Jochen Wagner und Christian Friedel dabei das immer wirrer und komplizierter werdende Gefühlschaos und die emotionale Achterbahnfahrt aller Beteiligten darstellen und für den Zuschauer nachvollziehbar machen, ist herausragend und nimmt einen vom ersten Moment an gefangen. Bis zur überraschenden Auflösung am Ende entwickelt sich mit Beginn der sexuellen Beziehung zwischen Emma und Albert eine hochemotionale Ménage-à-trois, die von Angst, Sinnlichkeit, Liebe und Gewalt bestimmt wird. Positiv an dem Film ist zudem, dass er keine abgehalfterten und klischeeüberfrachteten Nazi-Bilder bemüht. Das Böse und allgegenwärtig Bedrohliche taucht nur hier und da in Form eines Freundes von Fritz auf, ein Mitglied im Partei-Ortverband, der gelegentlich bei den Beiden nach dem Rechten schaut. Dadurch, dass fast der gesamte Film auf dem Hof von Emma und Fritz spielt, wirkt das Dreiecksdrama wie abgekoppelt vom Treiben und Tun der Nationalsozialisten und spielt sich in einem eigenen Kosmos weit weg vom Terror des Krieges ab.

Fazit: „Ende der Schonzeit“ ist ein bedrückendes, hochemotionales Drama um eine Dreiecksbeziehung vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs. Franziska Schlotterers Debütfilm wird dabei in erster Linie vom brillanten, fesselnden Spiel der drei Hauptdarsteller getragen.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider


Regie:
Franziska Schlotterer

Darsteller:

  • Brigitte Hobmeier
  • Hans-Jochen Wagner
  • Christian Friedel
  • Thomas Loibl
  • Rami Heuberger
  • Max Mauff
  • Mike Maas
  • Michaela Eshet
  • Ayala Meidan
  • Holger Braune

Das könnte dir auch gefallen:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.