TRON: Legacy Filmkritik

TRON: Legacy FilmkritikGehen Hollywood die Ideen aus? Was früher eine mitunter nervige Standardfloskel ständig nörgelnder Kulturpessimisten war, bekommt mittlerweile eine ernsthafte Komponente. Nun stellen Fortsetzungen oder Remakes keine „Erfindung“ jüngeren Datums dar. Aber die Plünderung des eigenen kulturellen Schatzes fällt einfach auf, umso mehr, wenn Jahrzehnte zwischen dem letzten Film einer Reihe und der Fortsetzung (oder einem Prequel, auch so eine moderne Erscheinung) liegen.

Fallbeispiel „TRON“. Dieser Disney-Film von 1982 enttäuschte seinerzeit an den Kinokassen (wenngleich er alles andere als ein Flop war, wie vielfach behauptet wird), mauserte sich aber im Laufe der Zeit zum Kultfilm. Fast 30 Jahre später erfährt der Streifen plötzlich eine Fortsetzung. Inszeniert von Joseph Kosinski, der bis „TRON: Legacy“ keinen Kinofilm vorweisen konnte. Skepsis ist also angebracht, ob das Vermächtnis eines Kultfilms drei Jahrzehnte später zu überzeugen vermag.

Ab in den Computer …
Einst war Kevin Flynn (Neo-„Oscar“-Preisträger Jeff Bridges) ein gefeierter Computerspieleentwickler. Bis er Ende der 1980er-Jahre spurlos verschwand. Seine Softwareschmiede „Encom“ gehört somit zwar seinem Sohn Sam (Owen Best), doch dieser sieht angesichts der Profitgier des Vorstands die Gründerideale seines schmerzlich vermissten Vaters verraten. Dies geht soweit, dass er das eigene Unternehmen sabotiert.

Zufällig stößt Sam in einer ehemaligen Spielhalle auf den privaten Computer seines Vaters. Neugierig geworden schaltet ihn Sam an – und wird wie dereinst sein alter Herr in den Cyberspace des Rechners teleportiert, wo er gleich nach der Ankunft gefangengenommen und als „feindliches Programm“ behandelt und in gefährliche Gladiatorenkämpfe geschickt wird. Einen davon überlebt er nur durch das beherzte Eingreifen der schönen Quorra (Olivia Wilde). Diese erweist sich als einzige Verbündete seines Vaters, der seit 20 Jahren im Cyberspace gefangen ist.

Das Wiedersehen zwischen Vater und Sohn wird aber von betrüblichen Entwicklungen in der künstlichen Welt überschattet. Kevins elektronisches Alter Ego Clu hat nach einer Rebellion die Macht im Cyberspace übernommen und trachtet danach, seine Herrschaft auf die reale Welt auszuweiten. Nur die Flynns und Quorra stehen zwischen dem machthungrigen Clu und seinen wahnwitzigen Plänen …

TRON: Legacy: Schöne Verpackung …
Fast 200 Millionen Dollar durfte Regieneuling Joseph Kosinski bei seinem Leinwanddebüt verpulvern. Eine Aufgabe, die ihm sichtlich Spaß gemacht haben dürfte. Nach dem zähen und wenig aufregenden Einstieg legt „TRON: Legacy“ erst mit dem Eintauchen in den Cyberspace so richtig los. Wer den Kultfilm aus 1982 kennt und schätzt, wird sich im Sequel wie zu Hause fühlen. Das Design und die Ästhetik des ersten Teils werden lobenswerterweise nicht völlig verworfen, um es der Moderne anzupassen, sondern leicht modifiziert recycelt. Einer der beiden klügsten Schritte der Produzenten!

Die andere clevere Entscheidung betrifft das Engagement von „Daft Punk“. Das französische House-Duo war für den Soundtrack zuständig, der sich nahtlos in das „TRON: Legacy“- Ambiente einfügt, ohne die musikalischen Wurzeln des Originals zu verleugnen. In einem Cameo sind die beiden Franzosen als – natürlich! – DJs einer Techno-Bar zu bewundern.

Die gebotene Verpackung ist weitgehend hervorragend gelungen. Aber auch bei einem Film kommt es auf die inneren Werte an, die – leider – in „TRON: Legacy“ dürftig ausgefallen sind. Immer dann, wenn die visuellen Aspekte im Vordergrund stehen, weiß der Streifen zu überzeugen. Zumal er komplett in 3D gedreht wurde, was dem Cyberspace buchstäblich eine weitere Dimension verleiht. Pionierarbeit wurde damit natürlich keine geleistet, setzt Hollywood doch seit dem unglaublichen „Avatar“-Erfolg auf die 3D-Karte, was sich zumindest finanziell lohnte. Ja, das sieht alles schick, toll und manchmal wirklich beeindruckend aus. Aber es stellt nichts Außergewöhnliches dar. Im Gegensatz zu „TRON“, der 1982 absolut konkurrenzlos auf weiter Flur agierte.

… aber wenig dahinter
Hingegen wirkt „TRON: Legacy“ bei der Entwicklung der Geschichte selbst enorm schwerfällig. Sicher: Eine ausgefeilte, komplexe Story durfte man sich nicht gerade erwarten. Doch dass der Film außer toller Optik rein gar nichts zu bieten hat, enttäuscht. Bei den schwachen Dialogen kann selbst „Dude“ Jeff Bridges nichts retten. Immer wieder werden Themen eingeschoben und kurz angerissen, nur um gleich darauf wieder verworfen zu werden und in Vergessenheit zu geraten.

Ganz zu schweigen von den nicht existenten Charakterisierungen. Hier die Guten, dort die Bösen. Völlig überraschungsfrei hangelt sich die Story mühsam bis zum kitschigen Schluss entlang. Dabei hätte gerade „TRON: Legacy“ Raum für allerlei interessante Themen oder zumindest Konflikte geboten. Stattdessen bietet Joseph Kosinski abgestandene Actionkost samt der üblichen Klischees, wie etwa der unerwarteten Hilfe in letzter Sekunde.

Ist „TRON: Legacy“ ein schlechter Film? Nicht, wenn man sich einzig und allein auf die visuellen Effekte konzentriert. Führt man sich allerdings vor Augen, dass dies der Film ist, auf den „TRON“-Fans dreißig Jahre lang warteten, überwiegt die Enttäuschung ob des Gezeigten. Schlussendlich wird die Zeit zeigen, welchen Stellenwert dieser Streifen in der Filmgeschichte einnehmen wird. „TRON“ ist ein Kultklassiker. Nach „TRON: Legacy“ hingegen wird bereits in ein, zwei Jahren wohl kein Hahn mehr krähen.


Darsteller

  • Jeff Bridges … Kevin Flynn / Clu
  • Garrett Hedlund … Sam Flynn
  • Olivia Wilde … Quorra
  • Bruce Boxleitner … Alan Bradley / Tron
  • James Frain … Jarvis
  • Beau Garrett … Gem
  • Michael Sheen … Castor / Zuse
  • Anis Cheurfa … Rinzler
  • Conrad Coates … Bartik
  • Daft Punk … DJs in Bar
  • Ron Selmour … Obdachloser
  • Dan Joffre … Ernie der Wachmann
  • Darren Dolynski … Junger Mann an Bord des Recognizers
  • Kofi Yiadom … Gegner beim Disc-Battle
  • Steven Lisberger … Shaddix
  • Donnelly Rhodes … Großmutter Flynn
  • Belinda Montgomery … Großmutter Flynn
  • Owen Best … Sam Flynn mit 7 Jahren
  • Jeffrey Nordling … Richard Mackey
  • Christine Adams … Claire Atkinson

Regie
Joseph Kosinski

Produktionsland, Jahr
USA, 2010

TRON: Legacy Trailer

Das könnte dir auch gefallen:

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.