Filmadaptionen von Bestsellern sind so eine Sache: Sie heimsen Kritik ein, wenn sie zu nahe an der Vorlage sind, aber auch, wenn sie sich zu weit davon entfernen. Die Verfilmung von Jan Weilers weit über eine Million Mal verkauftem Erfolgsroman „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ heimste durchwegs positive Kritiken ein. Ob sich dahinter nur die weltberühmte deutsche Höflichkeit der Rezensenten verbirgt oder Neele Vollmars erste große Regiearbeit tatsächlich zu überzeugen weiß, soll nachfolgend erörtern werden.
In einer Kritik, die hoffentlich auch Maria mundet.
Kulturschocker
Jan (Christian Ulmen) und Sara (Mina Tander) beschließen ganz spontan zu heiraten. Was Jan nicht bedacht hat: Saras Vater Antonio (Lino Banfi) ist Italiener und besteht als solcher darauf, dass die Hochzeit ganz groß im Rahmen seiner Familie in Apulien gefeiert wird. Notgedrungen willigt Jan ein und begibt sich schon weniger später mit Sara, seinem Schwiegervater in spe sowie seinen Eltern gen Süden.
In Italien angekommen macht sich bei Jan eine Art Kulturschock breit: Die Kleinstadt entpuppt sich als Kaff und Antonios Familie beäugt den seltsamen Deutschen mit höchstem Misstrauen. Auch die Tatsache, dass Jan kaum ein Wort Italienisch spricht oder versteht, trägt wenig zum Aufbau familiärer Bande bei. Folglich bleiben Konflikte nicht aus, und als auch noch wichtige Dokumente fehlen, die die Hochzeit erst ermöglichen würden, muss Sara kurzerhand nach Deutschland zurückreisen um diese aufzutreiben.
Derweil wird die Kluft zwischen Jan und Antonio immer offensichtlicher, bis der Zwist in einem Streit eskaliert und nicht nur die Hochzeit, sondern die Beziehung zwischen Jan und Sara selbst vor dem Aus steht …
Von wegen „Bella Italia“!
Deutschland und Komödien: Ein Quell steter Missverständnisse, der im Ausland meist für verstörte Gesichter sorgt. Ausnahmen wie Loriots brillante Gesellschaftssatiren bestätigen hierbei nur die Regel.
Eine Regel, die wiederum „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ auf eindrucksvolle Weise beansprucht. Das Bemühen, eine unkonventionelle Komödie rund um zwei unterschiedliche Kulturen zu produzieren, ist erkennbar, indes: Es nützt nichts.
Woran liegt es? An den Schauspielern? Nur bedingt, denn der italienische Teil des Cast erledigt seine Rollen solide und überzeugend. Lino Banfi als Italiener, der als Gastarbeiter nach Deutschland auswanderte und Jahrzehnte später als Vater der Braut wiederkehrt, ragt von den Darstellern deutlich heraus, während Mina Tander als Sara lediglich optischer Aufputz ist und nur selten mehr als ein paar Worte sagen darf. Den Rest des Filmes über zickt sie herum oder befindet sich nicht in den von Christian Ulmen dominierten Szenen.
Ulmen erlangte dank MTV eine Art Kultstatus und ist immer wieder vor der Kamera zu sehen. Zumindest in „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ vermag er jedoch kaum zu überzeugen. Zu glatt wickelt er seine Witze ab – Subtilität scheint nicht seine Stärke zu sein, was ihn andererseits für die Hauptrolle in diesem Film prädestiniert.
Denn manchmal möchte man sich als Zuschauer vor dermaßen viel Klischee-Wucht verstecken. Selbstverständlich fährt ein Italiener in Deutschland einen Mercedes, agiert die italienische Sippschaft so, wie man es aus unzähligen Filmen und TV-Serien kennt, und kann mit dem kühlen Deutschen nichts anfangen. Auf der positiven Seite muss man vermerken, dass es zum Essen nicht ausschließlich Spaghetti gibt und keines der Familienmitglieder Karriere bei der Mafia macht.
Und die Deutschen? Korrekt, sauber, ordentlich und pünktlich, logisch. Ach, und nicht zu vergessen: Ausländerfeindlich, wie in einer der Rückblenden gezeigt wird. Unter lautem Gejohle und Gelächter wird der blutjunge Antonio von einem deutschen Recken in einem Wirtshaus niedergestreckt, weil er es gewagt hat, eine hübsche deutsche Frau anzubaggern, mit der er ca. fünf Sekunden später liiert ist und sie heiratet. Verwirrend? Nicht wirklich.
TV-Movie der Woche
Schließlich erinnert „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ mehr an ein TV-Filmchen vom Fließband, als an einen aufwändig produzierten Kinofilm. Die Schauwerte sind bescheiden, bieder fängt die Kamera einfach nur ein, was der Zuschauer sehen soll, statt die Möglichkeiten des Mediums auch nur annähernd auszuschöpfen.
Der Plot wird zu einem großen Teil in Form von Rückblicken erzählt, die nicht weniger billig wirken und jeglichen Erzählfluss hemmen. Die meist missglückten „Pointen“ und vor allem die fürchterlich altmodische „Situationskomik“ lockern das zähe Geschehen keinesfalls auf, im Gegenteil: Wenn Jan trotz seiner Meeresfrüchteallergie gefühlte zehn Minuten lang Muscheln schlürfen muss und keine Ahnung hat, dass man sich in einer katholischen Kirche bekreuzigt, holt einen das Gespenst des dumpf-deutschen Humors wieder ein.
Nun mag die Intention der jungen Regisseurin Neele Vollmar bestens gewesen sein. Leider haut sie von Anfang an völlig daneben. Eineinhalb Stunden lang läuft ein langweiliger, von nicht zündenden Pointen und mit dem Holzhammer erzwungener Situationskomik Streifen ab, dessen Inhalt man vermutlich bereits beim Verlassen des Kinosaales wieder vergessen hat.
Als Lückenfüller zwischen den Werbeblöcken auf RTL mag „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ akzeptabel sein. Auf der großen Leinwand wirkt das Machwerk völlig deplatziert.
Ach, und wenn mir eine persönliche Anmerkung noch gestattet ist: Künftige Regisseure, die diese Zeilen lesen, mögen bitte die nächsten zehn Jahre von folgenden „Scherzen“ absehen:
1.) Ein der Landessprache nicht mächtiger Fremder spricht ein Wort falsch aus und erntet damit Gelächter, da er unabsichtlich Geschlechtsteile benennt.
2.) Eine der Landessprache nicht mächtige Fremde spricht ein Wort falsch aus und erntet damit Gelächter, da sie unabsichtlich Geschlechtsteile benennt.
Mille Grazie!
Darsteller
- Christian Ulmen … Jan
- Mina Tander … Sara
- Lino Banfi … Antonio
- Maren Kroymann … Ursula
- Gundi Ellert … Gisela
- Peter Prager … Eberhard
Regie
Neele Vollmar
Produktionsland, Jahr
Deutschland, Italien, 2009
Maria, ihm schmeckt’s nicht! Trailer
Die Rezension ist einfach ein VOLLTREFFER.
Der Film ist damit noch sehr gut weg gekommen. Und nicht nur der Film sondern auch Regie und Darsteller.
Alles war einfach nur schlecht.
Angeblich sollte er ja lustig sein. Auf die lustige Stelle habe ich leider vergeblich gewartet, einen ganzen, langweiligen, schlechten Film lang.
Gruß
C_W
Lieber M.,
1. wärst du ein profesioneller Rezensionist, würdest du NICHT deine persönliche Meinung in Form einer persönlichen Anmerkung hinterlassen. Die von dir als humorlos gesehene Pointe des Fremden, der in das Fettnäpfchen tritt und Wörter falsch ausspricht, ist keineswegs auf die Regisseurin zurückzuführen. Diesen Scherz findet man inhaltlich genauso wie er erzählt wurde in Jan Weilers Roman wider. Auch mit den Titten und den Dächern. Aber über Humor lässt sich bekanntlich streiten.
2. hast du wohl wenig Ahnung vom Inhalt des Buches, denn du schreibst, dass die Kamera bieder alles einfängt, was man sieht.
Nun, ich bitte dich zu der Szene zurückzuspulen, in der Jan das Wohnzimmer betritt und Antonio begrüßt. Von Kameraführung hast du wenig Ahnung, denn v.a. in dieser Szene hat die Regisseurin die schweißnassen Hände Jans und den knochenbrechenden Handgruß Antonios gut umgesetzt. Wie gesagt, lies dir die Szene mal im Buch durch und dann schau sie dir im Film an, dann wirst du anders urteilen. Die Kameraführung würde ich also nicht bemängeln, denn wenn man darüber nachdenkt wie die Kamera alles einfängt, ist das alles andere als „billig“.
3. über den Rest gebe ich dir recht: Ulmen ist zwar ein exzellenter Schauspieler, aber nicht für diesen Film. Ich habe mich nach dem Film wirklich gefragt, was daran bitte als Komödie betitelt werden sollte. Das Buch war saukomisch, aber der Film nicht: er ist in einer sehr tristen Umgebung aufgenommen worden und die Witze kommen einfach nicht rüber. Vielleicht hätte man insgeheim die Stimmung und die Atmosphäre nicht so klamm gestalten sollen.