From Paris with Love

An der Seine liegend ist Paris naturgemäß nah am Wasser gebaut. Dass die meist eher als weich abgestempelten Franzosen auch eine härtere Gangart einlegen können, bewies zuletzt neben Kopfstoßspezialist Zinedine Zidane Starregisseur Luc Besson („Das Fünfte Element“, „Nikita“). 2008 lieferte er mit dem fulminanten „96 Hours“ einen internationalen Blockbuster ab, der sich hinter der US-Konkurrenz nicht zu verstecken brauchte. Zwei Jahre später versucht er mit „From Paris with Love“ an diesen Erfolg anzuknüpfen. Ob ihm dies mit John Travolta in der Hauptrolle gelungen ist, erfahrt ihr in dieser liebevollen Kritik.

John Travolta ist: Der Waxxer!
James Reese (Jonathan Rhys Meyers) ist jung, beruflich erfolgreich, mit der wunderschönen Caroline (Supermodel Kasia Smutniak) verbandelt und dennoch nicht gänzlich zufrieden. Zwar verdingt er sich als Assistent des amerikanischen Botschafters Bennington (Richard Durden) in Paris, doch seine Aufträge sind von ausgesuchter Banalität und eher unspektakulär. Am Spannendsten muten noch die Schachspiele mit dem ältlichen Botschafter an.


Photo credit: Rico Torres

Eines Tages wird sein Leben völlig auf den Kopf gestellt. Dabei klingt sein Auftrag ganz simpel: Er soll den US-Agenten Charlie Wax (John Travolta) vom Flughafen abholen. Dieser hat sich bereits mit einem Zollbeamten wegen einer Kleinigkeit angelegt und muss vom genervten Reese mit sanfter Gewalt ins Auto gezerrt werden. Was Reese nicht weiß: Der glatzköpfige Wax ist nicht bloß irgendein Agent, sondern der beste Mann im Geschäft. Was er auch alsbald unter Beweis stellt, indem er ein chinesisches Restaurant in dessen Bestandteile zerlegt.

Zunächst behauptet Wax noch, er wäre Drogenhändlern auf der Spur. Doch rasch stellt sich heraus, dass Terroristen Anschläge planen. Und nur er kann sie stoppen, wozu er auf Reeses Hilfe angewiesen ist …

96 Weeks later
Regisseur Pierre Morel und Luc Besson machen rasch klar, worum es sich bei „From Paris With Love“ handelt. Nämlich um nicht mehr oder weniger als ein inoffizielles Sequel zu „96 Hours“. Ein Amerikaner, der in Paris die Mordrate verzigfacht, Autoverfolgungsjagden, jede Menge böser Jungs und ein strahlender Held. Na, klingelt’s? Jedenfalls nicht in den Kinokassen: „From Paris With Love“ dürfte meilenweit hinter den Einspielergebnissen des Actionkrachers mit Liam Neeson in der Hauptrolle bleiben. Mit Fug und Recht, denn der Vergleich mit „96 Hours“ macht sicher: Der eine Film zählt zu den besten Actionstreifen der letzten Jahre. Sein Nachfolger hingegen entpuppt sich als spannungsfreies Fließbandprodukt.

John Travolta ist einfach zum Schießen


Photo credit: Eric Caro

Selbst Fans von John Travolta dürften dem Film schwerlich etwas Positives abgewinnen können. Der einstige Tanzflächenkönig nähert sich gefährlich den Proportionen einer Discokugel. Dass dies ausgerechnet bei einem Actionkracher nicht gerade die Glaubwürdigkeit steigert, versteht sich von selbst. Um die Kampfmaschine John Travolta, alias Charlie Wax, wirkungsvoll in Szene setzen zu können, muss Regisseur Morel auf Schnittorgien zurückgreifen. Folglich ähneln sich die Actionsequenzen in ihrer verwirrenden Abfolge von Bildern frappant.

Sei’s drum, wenn wenigstens die Story für Spannung sorgen würde. Doch auch in diesem Punkt enttäuscht Ideenlieferant Luc Besson gnadenlos. Amerikanischer Superheld erledigt quasi im Alleingang ganze Wagenladungen an Terroristen, Drogehändlern und sonstigen Schurken. Mit diesen wenigen Worten ist beinahe die ganze Handlung auf den Punkt gebracht. Zugegeben: Das Drehbuch zu „96 Hours“ verdiente sich genauso wenig einen Preis für Originalität. Doch immerhin bot dieser Film treibende Action, Spannung und bitteren Zynismus. Nichts davon bietet „From Paris With Love“ auf. Zwar fliegt im Minutentakt irgendwas in die Luft – Bleikugeln, Autos, böse Jungs -, aber daraus ergibt sich nicht automatisch Spannung.


Photo credit: Rico Torres

Denn was hierfür dem Film fehlt, sind zum einen Sympathieträger, zum anderen Hürden auf dem Weg zum vermeintlichen Showdown. Völlig mühelos mischt Superagent Wax die Pariser Unterwelt auf und findet dabei sogar noch Zeit, eine Prostituierte zu vernaschen. Selbst ein dramaturgischer Kniff aus der Mottenkiste macht das Kraut auch nicht mehr fett. Dies alles hat man schon unzählige Male gesehen, noch dazu mitunter weitaus besser in Szene gesetzt, was übrigens im gleichen Maße auf die lauen „Gags“ zutrifft.

Das Model und der Schnüffler


Photo credit: Magali Bragard

Auf herausragende schauspielerische Leistungen hätte wohl ohnehin kaum jemand ernsthaft gesetzt. Während das polnische Model Kasia Smutniak sprichwörtlich gute Figur macht, bleibt Teenie-Schwarm Jonathan Rhys Meyers völlig blass und ohne jegliches Profil. Anstatt dem Film Schwung zu verleihen, nimmt er stets jegliches Tempo heraus. Gemeinsam mit Smutniak gibt er ein hübsches Pärchen ab, das jedoch auf dem Roten Teppich oder dem Cover eines Klatschblättchens besser aufgehoben wäre, denn als Actiondarsteller.

Lässt sich dem Streifen dennoch etwas Positives abgewinnen? Natürlich! Wer angesichts der strunzlangweiligen Handlung immer wieder einmal einnickt läuft garantiert nicht Gefahr, irgendetwas Spannendes oder Interessantes zu verpassen.

Fazit: Erbärmlich schwacher Actionfilm ohne einen Funken Spannung und dramaturgisch auf Augenhöhe mit x-beliebigen Soap-Operas.


Darsteller

  • John Travolta … Charlie Wax
  • Jonathan Rhys Meyers … James Reese
  • Kasia Smutniak … Caroline
  • Richard Durden … Botschafter Bennington
  • Amber Rose Revah … Nichole
  • Yin Bing … Wong
  • François Bredon … Gangsterboss
  • Chems Dahmani … Rashid
  • Eric Gordon … Außenminister
  • Sami Darr … Zuhälter
  • Julien Hagnery … Chinese
  • Rebecca Dayan … Assistentin des Außenministers
  • Mostéfa Stiti … Dir Yasin
  • Michaël Vander-Meiren … Zöllner

Regie
Pierre Morel

Produktionsland, Jahr
Frankreich, 2010

From Paris with Love Trailer



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