Fall 39 Kritik

fall-39Unheimliche oder gar vom Bösen besessene Kinder zählen zu den Lieblingsfiguren im Horrorgenre. Seien es die mit paranormalen Fähigkeiten ausgestatteten Kinder aus dem Science-Fiction-Klassiker „Das Dorf der Verdammten“, Satansbraten Damien aus der „Das Omen“-Filmreihe oder die von Dämonen besessene Regan aus „Der Exorzist“. Auf die Spitze trieb es Roman Polanski mit „Rosemaris Baby“, in welchem eben jenes Baby seine Mutter noch vor der Geburt in den Wahnsinn treibt.

Mit „Fall 39“ erblickte ein weiterer Genrebeitrag das Licht der Leinwand. Jedenfalls außerhalb des Produktionslandes USA, wo der Streifen gar nicht erst in den Kinos anlief. Ein für gewöhnlich wenig ermutigendes Zeichen für die Qualität eines Films. Ob „Fall 39“ dennoch sehenswert ist oder doch eher einen Fall für die Tonne darstellt, wird nachfolgend erläutert.

Lasset die Kindlein zu ihr kommen!
Emily (Renée Zellweger) ist aus Überzeugung Sozialarbeiterin und nimmt sich sämtlicher Fälle mit völliger Hingabe an. Obwohl sie bereits komplett ausgelastet ist, wird ihr ein weiterer Fall zugeschanzt. Und dieser „Fall 39“ hat es in sich. Das Elternpaar Margaret (Kerry O’Malley), und Edward (Callum Keith Rennie) scheinen mit der Erziehung ihrer zehnjährigen Tochter Lilith (Jodelle Ferland) überfordert, aber nicht gewillt, Hilfe vom Sozialamt anzunehmen. Emily kann folglich in der Sache nichts unternehmen.

Ein Anruf des zu Tode verängstigten Mädchens verändert die Lage schlagartig. Sofort springt Emily in ihren Wagen und alarmiert den Polizisten Mike (Ian McShane). Nachdem der Beamte die Tür eingetreten hat, bietet sich den Beiden ein grauenhafter Anblick: Margaret und Edward haben Lilith im Backrohr eingesperrt und das Gas eingeschaltet! Mit vereinten Kräften überwältigen Mike und Emily das Elternpaar und können Liliths Leben retten.

Während ihre Eltern in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden, soll die kleine Lilith in einem Heim untergebracht werden. Sie fleht jedoch Emily an, sie bei sich zu Hause aufzunehmen. Tatsächlich lässt sich die kinder- und partnerlose Sozialarbeiterin erweichen. Ein Schritt, den Emily schon bald bereuen muss. Denn Lilith ist ganz offensichtlich nicht das schüchterne Mädchen, als das sie sich präsentiert. Ganz im Gegenteil: Sie scheint an einer entsetzlichen Bluttat die Schuld zu tragen …

Wenig subtil
Mit der Regie von „Fall 39“ (Originaltitel: „Case 39“) wurde der gebürtige Hesse Christian Alvart („Antikörper“) betreut. Eine reichlich zweifelhafte Ehre, betrachtet man, wie viele deutsche Regisseure bislang in Hollywood scheiterten. Den Aushängeschildern Emmerich und Petersen stehen zahlreiche abschreckende Beispiele gegenüber. Ob Alvart mit diesem Streifen eine Eintrittskarte ins Konzert der ganz Großen gelöst hat, dürfte fraglich sein. Denn auch wenn „Fall 39“ keine völlige Katastrophe ist: Es gibt erheblich spannendere und originellere Horrorfilme als diesen. Beispielsweise der im gleichen Jahr produzierte „Orphan – Das Waisenkind“, in welchem – Zufall? – ebenfalls ein unschuldig wirkendes Mädchen die Hauptrolle spielt und das Leben der Adoptiveltern auf den Kopf stellt.

Um zunächst das Positive hervorzukehren: Renée Zellweger und die junge Jodelle Ferland verkörpern ihre Rollen exzellent und äußerst glaubwürdig. Außerdem verzichtet Alvart größtenteils auf unnötig plakative Szenen, die einzig und allein dem Selbstzweck dienen. Über den Rest muss man zwar nicht das Tuch des Schweigens ausbreiten. Große Worte muss man dennoch nicht unbedingt darüber verlieren.

Ein Jammer! Immerhin beginnt der Film sehr vielversprechend und durchaus spannend. Diese Spannung bleibt aufrecht, solange das Mysterium rund um Lilith das Interesse des Zuschauers fesselt. Schließlich bietet der Beginn mehrere Interpretationsmöglichkeiten: Sind die Eltern religiöse Fanatiker, die mit dem Einsetzen der Pubertät ihres Kindes nicht zu Rande kommen? Ist Lilith tatsächlich „böse“? Oder steckt womöglich etwas ganz anderes dahinter, das erst nach und nach aufgedeckt wird?

Bloß keine Experimente oder Überraschungen!
Leider lässt der Film viel zu bald die Katze aus dem Sack. Beginnend mit dem vorbelasteten Namen Lilith bis hin zu wenig subtilen Hinweisen auf die Hintertriebenheit des Mädchens, schmeißt „Fall 39“ schon im ersten Filmdrittel jegliche Spannung über Bord und rollt gemächlich auf ausgetretenen Pfaden dem überraschungsfreien Ende entgegen.

Natürlich kann nicht jeder Film mit einem überzeugenden Plottwist verblüffen oder das Genre revolutionieren. „Fall 39“ schleppt sich aber dermaßen müde über die Laufzeit, dass die Frage erlaubt sei, warum er auf fast zwei Stunden gestreckt wurde. Zumal gerade die zweite Filmhälfte das ohnehin längst Offensichtliche wieder und immer wieder betont und somit auf den Nerven des Zuschauers herumtrampelt.

Das an sich realistische Szenario wird überdies hinaus paranormalem Hokuspokus geopfert, den man in ähnlicher Form bereits unzählige Male zuvor in Filmen sah. Dies alles ist nun nicht gerade grottenschlecht, aber dermaßen kreuzbrav inszeniert und ohne jegliche originelle Note versehen, dass man nur noch das rasche Filmende herbeisehnt. Welches konsequenterweise erneut so ziemlich alle Horrorklischees bedient.

Fazit: Gute Schauspielerleistungen und eine solide Regie können nicht über die belanglose Mittelmäßigkeit des Streifens hinwegtäuschen.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Rainer Innreiter.


Darsteller

  • Renée Zellweger … Emily Jenkins
  • Jodelle Ferland … Lilith Sullivan
  • Ian McShane … Detective Barron
  • Bradley Cooper … Doug
  • Callum Keith Rennie … Edward Sullivan
  • Adrian Lester … Wayne
  • Kerry O’Malley … Margaret Sullivan
  • Cynthia Stevenson … Nancy
  • Alexander Conti … Diego
  • Philip Cabrita … Javier
  • Vanesa Tomasino … Javiers Frau
  • Benita Ha … Therapeut
  • J. Winston Carroll … Richter
  • Michael Bean … Emilys Arbeitskollege
  • Lesley Ewen … Emilys Arbeitskollegin
  • David Patrick Green … Psychiater
  • Dee Jay Jackson … Busfahrer
  • Taya Calicetto … Emily als Kind
  • Alisen Down … Emilys Mutter
  • Dagmar Midcap … Nachrichtensprecherin
  • Andrew Airlie … Doktor
  • Sarah-Jane Redmond … Barrons Frau
  • Yvonne Valdez … Mrs. Lynch
  • Paul Duchart … Priester

Regie
Christian Alvart

Produktionsland, Jahr
USA, 2009

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