Dinner für Spinner Filmkritik

Welches ist das beste Remake? Ganz einfach: Eines, das von den meisten Zuschauern gar nicht als solches erkannt wird! Fallbeispiel „Dinner für Spinner“: 1998 verfilmte Francis Veber das gleichnamige Theaterstück unter dem Originaltitel „Le Dîner de cons“ – mit Erfolg, was natürlich Hollywoods Begehrlichkeiten weckte. Da überrascht es beinahe schon, dass es 12 Jahre bis zum Remake dauerte, das amerikanischer kaum sein könnte: Jay Roach besetzte die Hauptrollen mit bekannten und beliebten Darstellern, glättete jegliche sozialkritische Falte aus dem Stoff und liefert Fast-Food-Kino der mainstreamigen Sorte. Ob „Dinner für Spinner“ (doppeldeutiger Originaltitel: „Dinner for Schmucks“) dennoch mundet oder ein Fall für die Lebensmittelpolizei ist? Beißt einfach selbst in den sauren Apfel der Kritik!

Yippie, ich bin ein Yuppie!
Trotz seiner Intelligenz und seines Fleißes hat es Tim (Paul Rudd) noch nicht ganz nach oben geschafft und tingelt in mittleren Management-Etagen herum. Bis zu jenem Tag, an dem sein fieser Boss Lance (Bruce Greenwood) einen Toppmanager feuert und den Posten neu ausschreibt. Tim wirft sich ins Zeug und präsentiert eine gleichermaßen verrückte, wie auch erfolgreiche Idee, um für das Unternehmen einen neuen, finanzkräftigen Kunden zu gewinnen. Lance ist angetan von Tims Engagement, möchte ihn aber einer letzten Prüfung unterziehen. Er lädt ihn zu einem speziellen Dinner ein, bei dem die Eingeladenen statt ihrer Lebenspartner einen möglichst abgedrehten Trottel mitbringen, über den sich Lance und seine Freunde amüsieren können.

Auf dem Nachhauseweg ringt der ehrgeizige Neo-Yuppie mit seinem Gewissen, ob er sich an diesem unmoralischen Dinner beteiligen soll. Alle Zweifel lösen sich auf, als der Finanzbeamte Barry (Steve Carell) in seinen Wagen läuft. Zwar bleibt dieser unverletzt, erweist sich in weiterer Folge jedoch als hartnäckige Klette, die Tims Leben völlig umkrempelt. Barrys Leidenschaft und einziger Lebensinhalt ist das Nachstellen berühmter Gemälde oder historischer Ereignisse durch tote Mäuse, was ihn zu einem veritablen Tischpartner für das Spinner-Dinner qualifiziert. Andererseits trampelt er nicht nur auf Tims Nerven herum, sondern erweist sich als Gift für dessen Ruf und seine Beziehung zur langjährigen Freundin Julie (Stephanie Szostak).

Die Steve-Carell-Show
Auch wenn Paul Rudd formell die Protagonisten-Rolle inne hält: Sein Kollege Steve Carell stiehlt ihm erwartungsgemäß sämtliche Szenen. Wie kaum ein anderer Komiker beherrscht es Carell, trotz seiner oftmals albernen Trottelhaftigkeit ein Mindestmaß an Würde zu behalten und sogar Sympathien zu erwecken. Natürlich stellt sich in „Dinner für Spinner“ die Frage, weshalb Tim eine solche Nervensäge an seiner Seite erduldet, die ihn ein ums andere Mal blamiert, seine Karriere aufs Spiel setzt und sogar seine Freundin Julie verprellt. Derlei Ungereimtheiten muss man im Komödiengenre einfach schlucken, um sich des schieren Vergnügens nicht zu berauben, die Protagonisten beim Fettnäpfchenspringen zu beobachten.

Einige Verwechslungen sind naturgemäß völlig an den Haaren herbeigezogen und speziell eine Szene in einem Lokal, in der Tim mit einer Ex-Freundin konfrontiert wird, die sich als Julie ausgibt und dem adretten Manager auf Drängen eines finanzkräftigen Geschäftspartners ihrem Ex einen Heiratsantrag abpresst, hat man in sehr ähnlicher Form bereits etliche Male in Filmen gesehen. Trotzdem schafft es die pure Präsenz von Steve Carell, diesen eigentlich alten Hut neu zu verpacken und ihm ein paar Lacher abzuringen.

Neben Carell glänzt Zach Galifianakis in einer Nebenrolle als dessen skurriler Boss. Der mit „The Hangover“ bekannt gewordene Galifianakis verblüfft wieder einmal mit einer im positiven Sinne grotesken Performance und liefert sich mit Carell ein buchstäbliches „Psychoduell“. In einer amüsanten Gastrolle ist übrigens Bauchredner und Standup-Comedian Jeff Dunham zu sehen, dessen Puppe „Achmed the dead terrorist“ wohl bekannter als ihr Besitzer geworden ist.

Glattpolierter Mainstream
„Dinner für Spinner“ bietet über weite Strecken hinweg solides Unterhaltungskino. Allerdings nur dann, wenn Steve Carell das Heft übernimmt. Einmal mehr bekommt der Zuschauer harmlosen Mainstream vorgesetzt, was schlussendlich zu leichter Verärgerung führt: Wie leicht hätte man dem Plot ätzende Pointen oder sarkastische Gesellschaftskritik abringen können. Stattdessen wählt Regie-Routinier Jay Roach den einfachen Weg und umschifft sämtliche potenzielle Klippen, indem er den Plot geradlinig abwickelt und eifrig bemüht ist, die am Rande des Wahnsinns agierenden „Spinner“ zu liebenswerten, schrulligen Comicfiguren zu verklären.

Mit zwei Stunden ist der Film viel zu lange geraten und dreht sich ein paar Mal im Kreis. Kurzum: Der dürftige Plot hätte eine kräftige Straffung gut vertragen.
Nachhaltigen Eindruck hinterlässt nur Barrys makabres Hobby, tote Mäuse in rekonstruierten Kunstwerken quasi zu neuem Leben zu erwecken. Diese simple Idee – im französischen Original baut der „Spinner“ Gebäude aus Streichhölzern – verblüfft durch ihre liebevolle Umsetzung, die fast schon einen eigenen Film verdient hätte. Da tummeln sich etwa Mäuse im „Letzten Abendmahl“, verbringen ihre Flitterwochen in Paris (natürlich samt obligatorischem Fenster mit Blick auf den Eiffelturm) oder stellen den ersten motorbetriebenen Flug der Geschichte nach. Das ist gleichermaßen putzig, wie auch auf sympathische Weise schräg.

Fazit: Dank Steve Carell und Zach Galifianakis unterhält „Dinner für Spinner“ ansprechend. Bleibende Eindrücke hinterlassen lediglich die Mäuse-Dioramen. Der Rest ist harmloses Mainstream-Geblödel, das sich für einen launigen Kino- oder DVD-Abend bestens eignet, aber rasch wieder vergessen ist.


Darsteller

  • Steve Carell … Barry
  • Paul Rudd … Tim
  • Zach Galifianakis … Therman
  • Jemaine Clement … Kieran
  • Stephanie Szostak … Julie
  • Lucy Punch … Darla
  • Bruce Greenwood … Lance Fender
  • David Walliams … Müeller
  • Ron Livingston … Caldwell
  • Larry Wilmore … Williams
  • Kristen Schaal … Susana
  • P.J. Byrne … Davenport
  • Andrea Savage … Robin
  • Nick Kroll … Josh
  • Randall Park … Henderson
  • Lucy Davenport … Birgit
  • Chris O’Dowd … Marco der blinde Fechter
  • Jeff Dunham … Bauchredner

Regie
Jay Roach

Produktionsland, Jahr
USA, 2010

Dinner für Spinner Trailer



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