Sechs Jahre, nachdem James Cameron mit „Aliens“ einen weltweiten Kassenschlager gelandet hatte, feierte der bis dato lediglich als Produzent von Musikvideos bekannte David Fincher sein Regiedebüt. Die Bürde des dritten Teils der nicht nur finanziell enorm erfolgreichen, sondern zudem von Millionen Fans verehrten „Alien“-Reihe, lastete schwer auf den Debütanten-Schultern. Die Kritiken zu „Alien 3“ waren großteils kühl bis vehement ablehnend. Ob die Kritikermeute zu Recht Säure statt Tinte versprühte, soll nachfolgend geklärt werden.
Alien on Board
Ellen Ripley (Sigourney Weaver), Hicks, Newt und der Android Bishop (Lance Henriksen) treiben im Hyperschlaf an Bord der Sulaco durch die Untiefen des Weltalls. Doch anstatt direkten Kurs auf die Erde zu nehmen, strandet eine Rettungskapsel der Sulaco mit den einzigen Überlebenden des ganz und gar nicht friedvollen Zusammentreffens der menschlichen sowie außerirdischen Spezies auf dem wenig anheimelnden Planeten Fury 161.
Nachdem sie erwacht und wieder bei Kräften ist stellt Ripley entsetzt nicht nur fest, dass Hicks und Newt die Bruchlandung nicht überlebt haben, sondern vielmehr muss sie erkennen, wo sie sich befindet: Inmitten einer Strafkolonie!
Die ausschließlich männlichen Sträflinge sind aber von Ripleys Auftauchen ebenso beunruhigt, haben sie doch eine Art religiösen Bund gebildet, der sie zur Enthaltsamkeit und Keuschheit zwingt. Rasch stellt sich heraus, dass Ripley nicht die einzige Überlebende an Bord der Rettungskapsel war – eine Alien-Kreatur wütet unter den mit keinerlei Waffen ausgestatteten Häftlingen. Und schlimmer noch: Ripley muss fürchten, eines der Wesen in ihrem Körper zu beherbergen …
Finchers Regiedebüt stieß bei der Mehrheit der Kritiker, wie auch der Fans auf wenig Gegenliebe und gilt vielen gar als schlechtester Teil der „Alien“-Reihe. Dabei bewies der damals erst dreißigjährige US-Amerikaner später mit Filmen wie „Sieben“ oder „Fight Club“ seine kongeniale Fähigkeit der Umsetzung als unverfilmbar geltender Stoffe, sowie, dass er Anspruch und verstörende Unterhaltung unnachahmlich zu kombinieren versteht.
Wo also liegen die Gründe für den Misserfolg von „Alien 3“, oder vereinfacht gefragt: Was lief schief?
Eine ganze Menge, wie sich später herausstellen sollte! Das Drehbuch wurde noch während der Produktion umgeschrieben und Finchers Vorstellungen und Visionen größtenteils verworfen. Der fertige Streifen kann somit nicht als Finchers Version betrachtet werden – umso bemerkenswerter ist es, dass „Alien 3“ trotz widrigster Umstände durchaus zu unterhalten weiß.
In der Strafkolonie
Eine der wenigen vom ursprünglichen Drehbuchentwurf erhalten gebliebenen Ideen war jene, dass Ripley in einer stark religiös geprägten Gesellschaft stranden sollte. Allerdings wurde diese Idee insofern verfremdet, als es sich bei dieser Gesellschaft nicht einfach mehr um nach Erleuchtung Suchende handelt, sondern um Schwerkriminelle, die auf einem fremden Planeten ihre Strafzeit abbüßen müssen.
Dieses ebenfalls reizvolle Konzept wird jedoch nicht ernsthaft verfolgt, sondern bleibt oberflächlich und plakativ, wie, um einfach nur einen neuen Schauplatz präsentieren zu können. Wieso die Gefangenen sich der Religion zugewandt haben, wird nicht weiter erläutert. Folgerichtig liegt eine der größten Schwächen von „Alien 3“ gerade in diesem mangelnden Mitteilungsbedürfnis.
In den Vorgängerfilmen floss noch viel Zeit in erklärende Handlungen und Dialoge. „Alien 3“ hinterlässt den bitteren Nachgeschmack eines Filmes, der notdürftig so rasch wie nur möglich produziert, geschnitten und veröffentlicht wurde.
Charakterlos
Diesem Umstand fallen die Charakterisierungen zum Opfer, die in „Alien“, wie auch „Aliens“ noch zu den Stärken der jeweiligen Filme zählten. Die einzelnen Figuren bleiben allesamt platt, farblos und völlig uninteressant. Selbst Ripley agiert über weite Strecken hinweg emotionslos. Für heftiges Kopfschütteln sorgt die reichlich überflüssige „Liebesgeschichte“ zwischen Ripley und dem Arzt der Kolonie, Clemens (Charles Dance). Komplett unvermittelt landen die beiden im Bett. Ehe Clemens auch nur die geringste Chance zur Profilierung erhält, wird er bereits wieder aus der Story entfernt.
Angesichts der praktisch nicht vorhandenen Charakterisierungen bleibt man als Zuschauer außen vor, sobald die Alien-Kreatur mit ihrem blutigen Treiben beginnt.
Immerhin gelingt es Fincher dennoch, die Fäden des Filmes zumindest notdürftig zu verbinden. Das Resultat ist ein ansehnlicher Monsterfilm, den mit „Alien“ und „Aliens“ jedoch kaum noch etwas verbindet.
Einziger visueller Höhepunkt ist eine lange Kamerafahrt aus Sicht der „Alien“-Kreatur. Hier ist Fincher eindeutig (und sichtlich!) in seinem Element und kann immerhin andeuten, wozu er fähig gewesen wäre, wenn man ihm freie Hand gelassen hätte.
Insofern sind die teils harschen Kritiken durchaus berechtigt. Allerdings muss man diese denn doch relativieren: Verglichen mit den Vorgängerfilmen ist „Alien 3“ eine riesige Enttäuschung. Wer sich lediglich gut zwei Stunden lang unterhalten lassen möchte, trifft mit Finchers erstem Kinofilm zwar keine optimale, aber eine nicht üble Wahl.
Und um versöhnlich zu enden: „Alien 3“ war trotz allem die Hollywood-Eintrittskarte für Fincher, der uns daraufhin einige Meisterwerke bescherte. Und Sigourney Weaver brachte der Kahlschlag ihrer Haarpracht eine mehr als ansehnliche Gage ein.
Darsteller
- Sigourney Weaver .. Ellen Ripley
- Charles Dance … Clemens
- Charles S. Dutton … Dillon
- Lance Henriksen … Bishop
- Pete Postlethwaite … David
Regie
David Fincher
Produktionsland, Jahr
USA 1992
Alien 3 Trailer