Seit 1997 produziert das in Hollywood ansässige Studio „The Asylum“ höchst erfolgreich B-Movies. Ein Erfolg, der nicht nur in der buchstäblich billigen Produktion der Streifen zu suchen ist, sondern vielmehr in der Methode begründet liegt, die Filmtitel bewusst an jene von Blockbustern anzulehnen. Somit erklärt sich der Titel des vorliegenden „100 Million BC“ von selbst: Hierbei wurde versucht, am Erfolg von Roland Emmerichs „10.000 B.C.“ zu partizipieren.
Dass „100 Million BC“ mit dem „Stargate-meets-Flintstontes“-Fantasy-Schmonzes wenig zu tun hat, dürfte schon deshalb wohl niemanden überraschen, da Asylums Filme möglichst rasch und günstig aus dem Boden gestampft werden. Ob der Science-Fiction-Film trotzdem zumindest marginalen Unterhaltungswert besitzt? Dieser Frage wird in dieser Rezension 2010 A.D. mit der gewohnt detektivischen Spürnase eines Filmfeinschmeckers nachgegangen.
Das Zeitreisenbüro Ihres Vertrauens
In den 1940er Jahren entwickelten US-Wissenschaftler das berüchtigte „Philadelphia-Experiment“, das Zeitreisen ermöglichte. Dr. Frank Reno (Michael Gross, bekannt aus den „Tremors“-Filmen und der Sitcom „Familienbande“) war einer der daran Beteiligten, der unter anderem seinen eigenen Bruder Erik (Christopher Atkins) rund 70 Millionen Jahre in die Zeit zurückkatapultierte. In einer heruntergekommenen Lagerhalle befindet sich das zum Einsatz bereitet Zeitportal.
Elitesoldaten der Navy Seals sollen unter der Führung von Dr. Reno die in der Zeit Gestrandeten in die Gegenwart zurückholen. Ein gefährliches Unternehmen, da anstatt Eichhörnchen und Rehen Dinosaurier auf die Menschengruppe warten. Bereits der erste Angriff dezimiert das Team. Doch allen Gefahren zum Trotz stoßen sie auf die Überlebenden der ersten Zeitreise und können diese in die Gegenwart zurückbringen. Allerdings hat die Rettungsaktion einen Haken: Ein Mann muss das Portal schließen und somit in der Vergangenheit bleiben. Dr. Reno opfert sich, kann aber nicht verhindern, dass sich ein riesiger Fleischfresser ebenfalls durch das Portal bewegt und im Los Angeles der Gegenwart landet.
Dort macht der ständig hungrige Verwandte des T-Rex weder vor fleißigen Müllmännern, noch Autos und Hubschraubern Halt. Als selbst die versammelten Polizeikräfte der Stadt – drei Mann – das Ungetüm nicht aufhalten können, naht die Rettung aus unvermuteter Richtung …
Ed Wood wäre stolz gewesen
Um es vorwegzunehmen: „100 Million BC“ ist ein augen- und hirnbetäubender Versuch, etwas einem Film ähnelndes auf die Beine zu stellen. Dabei ist der Filmstart sogar recht ansprechend und verspricht einiges an Spannung. Wenn man über diverse Kleinigkeiten hinwegsieht, wie Frisuren und Bärte, die bei den „Navy Seals“ mit Sicherheit nicht gestattet sind, erwartet den hoffnungsfrohen Zuschauer eine zunächst verheißungsvolle Story. Ausgangspunkt derselben ist wieder einmal das angebliche Philadelphia-Experiment, das durch die meist eher frei erfundenen Werke des US-Autors Charles Berlitz einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Auch der dramaturgische Ansatz, Dr. Renos eigenen Bruder zu einem der in der Erdvergangenheit Vermissten zu erklären, birgt Potenzial in sich. Und mehr noch: Sogar das Faktum des damals anderen Sauerstoffgehalts der Atmosphäre wird kurz angerissen! Zwar lag besagter Sauerstoffgehalt nicht niedriger, wie fälschlich behauptet wird, sondern war dreimal höher als heute. Doch immerhin werden derlei wissenschaftliche Fakten in Science-Fiction-Filmen meist gar nicht erst aufgegriffen.
Leider fällt das Kartenhaus der vagen Hoffnungen auf einen halbwegs ansprechenden Film bereits unmittelbar nach dem Übertritt in die 70 Millionen Jahre zurückliegende Zeit in sich zusammen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Zum einen ist das nach starkem Beginn nur noch rudimentär vorhandene Drehbuch zu nennen. Ein Zufall reiht sich an den nächsten, eine Lächerlichkeit übertrifft die andere. Beispielsweise laufen Dr. Reno und die Navy Seals rein zufällig den Vermissten über den Weg. Wie hoch stehen für diesen Zufall wohl die Chancen?
Apropos Navy Seals: Die angeblich bestens ausgebildeten Elitesoldaten verlieren unmittelbar nach der Ankunft in der Vergangenheit die Nerven. Man kann es ihnen bisweilen gar nicht verdenken, erweisen sich doch die Dinosaurier als völlig kugelresistent. Hingegen lernen die Soldaten aus diesem Umstand nichts hinzu und feuern munter weiter auf die Urzeitechsen, wiewohl sich nie der gewünschte Effekt einstellt.
Erstaunlich ist auch, in welch tadellosem Zustand sich die vier seit Jahren von Dinosauriern bedrohten Zeitreisenden befinden.
Spezialdefekte
Für Trash-Fans interessanter sollten die nur mit viel gutem Willen als „Spezialeffekte“ zu bezeichnenden Animationen. Die erste Begegnung mit einer urzeitlichen Bestie wird durch hektische Schnitte und Einsatz der berüchtigten Wackelkamera dermaßen verschleiert, dass völlig unklar bleibt, mit was es die wenig tapferen Mannen zu tun haben. Der Grund hierfür wird später offensichtlich: Für auch nur im entferntesten akzeptable CGI-Animationen reichte das Budget nicht aus. Tatsächlich fällt einem die Kinnlade runter, wenn in einem Film aus dem Jahr 2008 Dinosaurier durchs Bild wackeln, die wirken, als hätte man sie aus Karton ausgeschnitten und per Stop-and-Motion-Technik animiert. Beim Angriff eines Raptors friert dessen Unterkörper für rund zwei Sekunden auf dem Bildschirm ein. Später hüpft ein riesiger Fleischfresser durch die Nacht in LA und fängt auf diese Weise einen nicht minder schludrig in Szene gesetzten Hubschrauber.
Beinahe kann man sich des Verdachts nicht erwehren, diese völlige Inkompetenz wäre durchaus beabsichtigt. Immerhin handelt es sich um keinen Amateurstreifen einer Gruppe von Filmfans, sondern ein professionelles Filmprojekt samt kommerzieller Auswertung, die sogar auf blu-ray veröffentlicht wurde. Zudem konnte neben Michael Gross mit Christopher Atkins ein gestandener Schauspieler verpflichtet werden, der durch „Die blaue Lagune“ Berühmtheit erlangte, an diesen Erfolg jedoch nicht mehr anknüpfen konnte und sich mittlerweile in grottigen Produktionen wie dieser verdingen muss.
Von Charakterisierungen, geschliffenen Dialogen oder Spannung kann natürlich keine Rede sein: Im Wesentlichen dienen die Figuren als Dinofutter, nicht mehr und nicht weniger. Falls man an derlei Trash-Elaboraten Geschmack findet, dürfte man sich im Falle von „100 Million BC“ im Feinschmeckerladen wähnen: Schlechtere Spezialeffekte und gröbere Plotlöcher und Ungereimtheiten sind in einem Film des einundzwanzigsten Jahrhunderts nur schwer vorstellbar.
Ärgerlich an diesem Machwerk ist die Tatsache, dass der ansprechende Beginn nicht genutzt wurde, um zumindest einen unterhaltsamen Film zu produzieren. Selbst mit einem relativ schmalen Budget sollte dies zu erreichen sein. Stattdessen werden dem Zuschauer grauenhaft miese CGI-Animationen samt logikfreier Story zugemutet.
Fazit: Klare Empfehlung für Trash-Fans, allen anderen sei aus Sorge um das Wohl unschuldiger Bildschirme vom Konsum dieses Filmes abgeraten.
Darsteller
- Michael Gross … Dr. Frank Reno
- Christopher Atkins … Erik Reno
- Greg Evigan … Ellis Dorn
- Stephen Blackehart … Lt. Robert Peet
- Geoff Meed … Lopes
- Wendy Carter … Betty
- Marie Westbrook … Ruth
- Dean Kreyling … Chief ‚Bud‘ Stark
- Phil Burke … Stubbs
- Nick McCallum … Burke
- Aaron Stigger … Manriquez
- Daniel Ponsky … Billy Jones
- Dustin Harnish … Junger Frank Reno
- Prince Pheenix Wade … Myrick
- Gregory Paul Smith … Wissenschaftler
Regie
Griff Furst
Produktionsland, Jahr
USA, 2008
100 Million BC Trailer