
2025: Seit 15 Jahren ist sie fester Bestandteil der US-amerikanischen Straftat-Prävention: die „Purge“-Nacht, in der allen Bürgern gestattet ist, für einen Zeitraum von zwölf Stunden jegliche Delikte zu begehen, inklusive Mord. Ohne die Hilfe von Polizei oder Krankenhäusern, soll die „Säuberung“ dafür sorgen, dass das restliche Jahr über, die Zahl der Straftaten minimiert wird. Doch die Rufe nach einer Abschaffung der „Purge“ wurden in der Vergangenheit immer lauter, auch die Senatorin Charlene Roan (Elizabeth Mitchell) fordert, die gewaltsamen Übergriffe, für die die Menschen keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten müssen, für immer zu beenden. Sie selbst wurde einst Opfer der Säuberung, überlebte aber, während ihre komplette Familie ausgelöscht wurde. Deshalb lässt sich Roan als Präsidentschaftskandidatin aufstellen, um ein Gesetz zur Abschaffung auf den Weg bringen zu können. Ihr Sicherheitschef Leo Barnes (Frank Grillo) hat in der kurz darauf beginnenden „Purge“ alle Hände voll zu tun, da Roans Feinde die Politikerin während der zwölf Stunden der Gewalt und des Schreckens, aus dem Weg räumen wollen.
Mit seinem massentauglichen Terror-Horror-Franchise „The Purge“ schuf Regisseur und Drehbuchautor James DeMonaco eine der erfolgreichsten Horror-Reihen der jüngeren Vergangenheit, die bei Fans weltweit Kultstatus genießt. Schon nach dem kommerziellen Erfolg des Erstlings von 2013, legte DeMonaco – der bei den Filmen nicht nur Regie führt sondern auch die Story liefert – bereits ein Jahr später mit „The Purge: Anarchy“ (2014) nach. DeMonaco hatte vor „The Purge“ erst einen Film inszeniert: das episodische Werk „Staten Island“ mit Ethan Hawke und Vincent D’Onofrio. Gedreht wurde der dritte Teil der Reihe, der schon wie die Vorgänger den US-Waffenwahn anprangert und auf Missstände in Politik und Gesellschaft verweist, im Herbst 2015 im US-Bundesstaat Rhode Island. Die dortige 40 000-Einwohner-Stadt Woonsocket wurde für die Dreharbeiten zur Hauptstadt Washington D.C. umfunktioniert.
Immer wieder setzt Regisseur DeMonaco auf das bewährte Rezept der reinigen Gewaltnacht, das schon die Vorgänger so verstörend und abgründig wirken ließ. Zu sehen gibt es erneut vor allem bessergestellte und wohlhabende Bürger, die die Nacht nutzen, um zu plündern, zu rauben, zu vergewaltigen und zu töten. Gewalt als säuberndes Element, um den Alltagsfrust zu vergessen, sich einmal so richtig auszutoben und die Gesellschaft vom Abschaum und vermeintlichen Bodensatz – den Obdachlosen, Minderheiten, illegalen Einwanderern, Junkies etc. – zu befreien. Die verstörenden Masken mit ihren grinsenden, Furcht einflößenden Fratzen sind dabei natürlich ebenso wenig neu und überraschend wie auch die vor Anarchie und orgiastischer Tötungs-Lust strotzenden Gewaltszenen. Dieser Umstand sorgt dafür, dass sich auch dieser Film fast ausnahmslos an Fans der Reihe richtet und Kinobesucher, die mit der Machart und den drastischen Bildern vertraut sind.
Dennoch gelingt es DeMonaco mit einigen neuen Einfällen, Abwechslung in die bekannte Rezeptur zu bringen. Für Überraschungen sorgen diesmal u.a. eine bluthungrige Gang junger Frauen sowie eine ehemalige, weibliche „Purge“-Legende, die die Seiten gewechselt hat. Anstatt sich an der gesetzlosen Gewaltorgie zu beteiligen, fährt die Frau durch Washington. Nicht um Terror und Tortur zu frönen, sondern um den Opfern zu helfen und sich um Verletzte zu kümmern. Mittlerweile hat sich die „Purge“-Nacht auch zu einem eigenen Wirtschaftszweig in den USA entwickelt: unzählige Touristen (oder wie sie im Film genannt werden: „Mord-Terroristen“) reisen Jahr für Jahr in das Land der wahrlich unbegrenzten Möglichkeiten, um am blutigen, gnadenlosen und staatlich genehmigten Säuberungsakt teilzunehmen.
Am gelungensten an diesem Film aber sind die aktuellen politischen Bezüge und Verweise, die DeMonaco hier eingebaut hat. Wenn korrupte Politiker einfach so Gesetze ändern lassen bzw. erlassen, um ihre Ziele zu erreichen und rigorosen Maßnahmen durchzusetzen und auf den Wahlkampf-Veranstaltungen zur kommenden Präsidenten-Wahl, neben Populismus auch pathetische, inhaltsleere Reden vorherrschen, so wird klar: hier wird auf die in diesem Jahr anstehende Präsidenten-Wahl, die kitschigen Wahlkampf-Events im Vorfeld sowie Donald Trump angespielt, der sich bereits häufiger rassistisch äußerte und so manch eine Minderheit wetterte. Ihm wäre die reale Umsetzung einer solchen „Purge“-Nacht doch glatt zuzutrauen.
Fazit: Obwohl das Grundrezept aus Anarchie, Mord-Lust und blutiger Gewalt nicht neu ist, überzeugt der Film mit einigen gelungenen neuen Einfällen sowie aktuellen politischen und gesellschaftlichen Bezügen.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.
Das Prinzip ist ausgereizt. Punkt. Ich hoffe, die Macher belassen es bei diesem dritten Teil.