Das radikal Böse Kritik

Das radikal Boese FilmkritikDer neue Film von Ausnahme-Regisseur Stefan Ruzowitzky befasst sich mit dem wohl dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts: der perfekt organisierten Massenermordung von Millionen unschuldiger Menschen in Osteuropa während des Zweiten Weltkriegs. Sein Doku-Drama „Das radikal Böse“ befasst sich dabei mit der Frage, was einen Menschen dazu treiben kann, sich an den systematischen Ermordungen zu beteiligen. Wie ist es möglich, dass aus ganz normalen Menschen, zumeist Familienväter mit Kindern, brutale und rücksichtslose Mörder ohne Gewissen werden? Wie können Menschen zu solchen Schandtaten fähig sein? Darüber hinaus geht Ruzowitzy der Frage nach, was „das Böse“ überhaupt ist und wie es entsteht. Der Regisseur bedient sich dabei einer Reihe von klassischen dokumentarischen Elementen und Stilmitteln. Originalaufnahmen, Expertenbefragungen und nachgestellten Szenen vermischt er zu einem ausgewogenen, homogene Ganzen und liefert so einen fesselnden Bericht darüber, wie die menschliche Psyche in Ausnahmesituationen oder im Zuge von Gruppendynamik funktioniert.

Stefan Ruzowitzky kehrt mit seinem neuen Film quasi zu seinen filmischen Anfängen zurück. Der in Wien geborene Filmemacher begann seine Karriere mit TV-Dokumentationen, ehe er mit deutschsprachigen Produktionen wie „Anatomie“ oder „Die Fälscher“ auch international Beachtung fand. Nach einem ersten, gelungenen Ausflug nach Hollywood vor wenigen Jahren („Cold Blood“) versucht sich Ruzowitzky nun erstmals im Genre des Dokumentarfilms. Auf das hochspannende Thema der Abgründe der menschlichen Psyche stieß er im Zuge seiner Arbeit an dem oscar-prämierten Drama „Die Fälscher“. Ruzowitzky beweist mit „Das radikal Böse“, dass er in der Lage ist, auch auf dokumentarischem Terrain stilsicher und handwerklich einwandfrei zu inszenieren.

Dies liegt vor allem auch an der Auswahl der interessanten Gesprächspartner und ausgewiesenen Experten, die fundierte und informative Einblicke in das komplexe Thema des Films liefern. So spricht Ruzowitzky z.B. mit einem Militärpsychologen, einem auf das Thema Psychoanalyse spezialisiertem Historiker oder auch einem Forscher, dessen Hauptaugenmerk und Forschungsgebiet auf den brutalen Genoziden in der Ukraine liegt. Die Experten liefern erhellende Einsichten in den Abgrund der menschlichen Psyche und zeigen auf, dass es trotz des damals vorherrschenden Gruppenzwangs oder auch den bei Befehlsverweigerung drohenden Sanktionen durchaus möglich gewesen wäre, sich den Befehlen der Oberen zu widersetzen und nicht bei der Abschlachtung mitzumachen. Beschuldigend oder vorwurfsvoll sind die Äußerungen der Gesprächspartner jedoch zu keiner Zeit.

Neben den raren Originalaufnahmen von der Ostfront, denen Ruzowitzky Spielszenen und nachgestellte psychologische Experimente (etwa dem „Milgram-Experiment“, dem Versetzen von Stromstößen bei falschen Antworten) entgegenstellt, sind es in erster Linie die von bekannten Schauspielern (Benno Führmann, Devid Striesow) vorgetragenen Originalaussagen aus Tagebüchern, Gerichtsprotokollen und Briefen, die ein erschütterndes Bild davon zeichnen, was in einem Großteil der Täter vorging: und da war von Reue oder Schuldbewusstsein bis zu ihrem Tod oftmals keine Spur.

Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.


Regie:

  • Stefan Ruzowitzky

Sprecher:

  • Devid Striesow
  • Benno Fürmann
  • Alexander Fehling
  • Volker Bruch
  • Sebastian Urzendowsky
  • Nicolette Krebitz

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