Rassismus, ein Thema das nicht totgeschwiegen werden darf. Ein Phänomen das verstärkt nicht nur in Deutschland und Österreich während und vor dem zweiten Weltkrieg zu beobachten war, sondern auch in Ländern wie beispielsweise in den USA die Menschen spaltete und für Konflikte sorgte. Mit Rassismus setzt sich auch der durchaus bekannte und beliebte Film American History X auseinander, in dem der verbitterte Kampf zwischen „Weißen“ und „Schwarzen“ beschrieben wird. Ein Film, der nicht nur wegen der Thematik, unter die Haut geht. Hier gibt es die ausführliche Kritik zu American History X.
Kritik
Eines der unrühmlichsten Kapitel der Menschheitsgeschichte ist mit Sicherheit der Nazismus.
Kein Wunder, dass die selbsternannten Befreier der Menschheit von Joch und Unterdrückung, unsere Freunde aus den USA, nicht gerne darüber reden, dass Nazismus eine nicht 1945 durch ihre Hilfe überwundene Phase menschlicher Niedertracht war, die alleine auf böse Deutsche bzw. Österreicher beschränkt war.
Stichworte „German-American Bund“, „Silver Shirts“, „Black Legion“ oder „Christian Front“.
Gerade in den USA, wo das Recht auf völlige Meinungsfreiheit schamlos für abgrundtief menschenverachtende Propaganda missbraucht wird, kriechen selbsternannte Herrenmenschen unbehelligt aus ihren dumpfen Löchern und vergiften die geistige Atmosphäre mit im Grunde lachhaft dümmlichen Ideologien.
Insofern sind Filme wie American History X, die sich mit unrühmlichen Zuständen in der Gegenwart und noch dazu vor der eigenen Haustür beschäftigen, erstens Mangelware und zweitens meist doch nur typische Schwarz-Weiß-Malereien darstellen.
Eine der eher gelungenen Ausnahmen stellt dieser Film dar.
Derek (Edward Norton, überragend wie in jeder seiner Rollen) ist überzeugter Nazi und lässt sich von den kranken ideologischen Wahnideen von Cameron (Stacey Keach) nur allzu gerne beeindrucken. Auf seiner Brust ist unauslöschlich ein Hakenkreuz eintätowiert, seine Haare sind stets army-tauglich kurz, und wer nicht ein weißer, in den USA geborener, braver Staatsbürger ist, sollte ihm besser nicht über den Weg laufen.
Eines Tages versuchen drei Schwarze sein Auto zu stehlen, doch Dereks Bruder Danny (Furlong, bekannt aus Terminator 2) beobachtet sie dabei und holt seinen Bruder.
Dieser zögert nicht lange und sieht endlich seine Mission erfüllt: Sich als lokaler Held einen Namen zu machen, indem er ein paar schwarze Missetäter umlegt. Brutal ermordet er zwei der Schwarzen und wird zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Derweil wächst Danny im gleichen Dunstkreis wie Derek auf und droht, den Weg seines Bruders zu beschreiten. Als Derek wieder entlassen wird, muss Danny allmählich jedoch feststellen, dass sich sein großes Vorbild radikal geändert hat. Der hasserfüllte Derek mutierte im Gefängnis zu einem Vorzeigeamerikaner der Mittelschicht.
Entsetzt muss er erfahren, dass Danny immer tiefer in die Naziszene abgerutscht ist und ihm sogar ein Schulverweis droht, weil er ein Referat über Hitlers Mein Kampf verfasste. Um ihn vor dem falschen Weg zu bewahren, erzählt er Danny, wie er im Gefängnis geläutert wurde, was diesen anfangs verwirrt, doch allmählich beginnt er zu begreifen, dass Gewalt keine Lösung ist und nur neue Gewalt zeugt, die oftmals den Falschen trifft.
Doch unaufhaltsam dreht sich die viel beschworene Spirale der Gewalt.
American History X ist ein höchst zwiespältiger Film. Die Absicht ist klar ersichtlich und gut gemeint: Nur das Miteinander zählt und der Starke könnte zum Schwachen werden und Hilfe brauchen, so wie Derek im Gefängnis, wo er von vermeintlichen Nazi-Freunden brutal vergewaltigt wird.
Trotzdem erstickt der Film schlichtweg an seiner Überladenheit und seinem Pathos. Natürlich wird Dereks bester Freund im Gefängnis ein Schwarzer, der ihm – zumindest wird das angedeutet – sogar das Leben rettet. Warum er plötzlich zum guten Menschen wird, ist nicht ersichtlich – die traumatische Erfahrung alleine wird dieses Wunder wohl nicht bewirkt haben können.
Ungewöhnlich einsichtig wird jedoch der ideologische Überbau dargestellt, der aus dem höchst intelligenten jungen Derek einen rassistischen Mörder macht: Die Wurzel des Übels pflanzte sein Vater mit einigen nicht selten zu vernehmenden, rassistischen Äußerungen. Nachdem er von ein paar Schwarzen erschossen wurde schließt Derek daraus, dass sein Vater recht hatte.
Zu diesem perfiden psychologischen Unterbau passt wiederum gar nicht das Klischee des durchschnittlichen Rechtsradikalen: Strunzdoofe Haudraufs, die sich nachts besaufen und harte Musik mit rassistischen Texten mögen. Doch liegt nicht die wahre Gefahr darin, wie auch „normale“ Menschen unbedacht cleveren Rattenfängern aufliegen?
Eine Anmerkung sei mir noch gestattet: Die in vielen amerikanischen Produktionen verbreitete Ansicht, der Knast mache aus bösen Menschen gute, erscheint mir persönlich sehr gewagt.
Alles in allem ein sehenswerter Film, der leider viele Schwächen aufweist und sich letzen Endes zu inkonsequent einem schwierigen Thema nähert.
Darsteller
- Edward Norton
- Edward Furlong
- Beverly D’Angelo
- Jennifer Lien
Regie
Tony Kaye
Produktionsland, Jahr
USA, 1998