Das zahme Kapuzineräffchen Saï findet sich nach einem Flugzeugabsturz plötzlich und unerwartet außerhalb seines Käfigs in den unendlichen Weiten des brasilianischen Regenwaldes wieder. Das Äffchen ist in Gefangenschaft aufgewachsen und hat daher nie zuvor Bekanntschaft mit dem Amazonas und dessen Flora und Fauna gemacht. Auch muss Saï nun lernen, alleine und ohne fremde Hilfe tagtäglich aufs neue zu überleben. Ihn erwarten unbekannte tierische Bewohner und eine exotische Umgebung, die unzählige Gefahren birgt. Und so macht Saï in den folgenden Tagen Bekanntschaft mit allerlei Feinden, wie einem Jaguar, einer Anakonda oder einem gefräßigen Fluss-Krokodil. Saï muss schnell lernen sich anzupassen um in den Weiten des größten Urwalds der Erde eine neue Heimat zu finden.
„Amazonia“ ist eine brasilianisch-französische, in 3D-gedrehte Co-Produktion, deren Vorbereitung und Herstellung einige Jahre in Anspruch nahm. Allein zwei Jahre dauerten die wissenschaftlichen Recherchen sowie die Drehbucharbeiten, ein halbes Jahr ging für die Entwicklung der Technik (Linsen, 3D-Equipment) drauf und die Dreharbeiten im Dickicht des Amazonas-Regenwaldes zogen sich über anderthalb Jahre hin. Regie führte der Franzose Thierry Ragobert, der für seinen neuen Film Dokumentarfilm-Aufnahmen mit einer fiktionalen Handlung mischte. Der Aufwand hat sich jedoch gelohnt: Obwohl der Film ab und an Gefahr läuft, in allzu kitschige und sentimentale Gefilde abzudriften, sorgen die imposanten Natur-Bilder und spektakulären Amazonas-Aufnahmen für eine herausragende Visualität.
Im Prinzip hätte Regisseur Ragobert auf die fiktiven Elemente und den dramaturgischen Unterbau seiner halbdokumentarischen neuesten Filmarbeit verzichten können. Durch den an den klassischen Spielfilm angelehnten Erzählstil erreicht er jedoch, dass sich sein Film vor allem auch für eine jüngere Zielgruppe eignet, ähnlich wie Disneys fiktionaler Dokufilm „Schimpansen“. Speziell Kinder und Jugendliche werden es daher sein, die mit dem putzigen Hauptdarsteller bei dessen Erkundungstour durch den Amazonas mitfiebern. Der Film erzählt ausschließlich aus der Sicht von Saï, mit dessen großen Kulleraugen man die unglaubliche Vielfalt der Wildnis erkundet. Nur selten wird die Perspektive des kleinen Kapuzineräffchens verlassen. Gelegentliche kitschige und allzu sentimentale Einschübe und Off-Kommentierungen („Verloren im brasilianischen Urwald“) lassen sich aufgrund der prachtvollen 3D-Bilder jedoch verschmerzen.
Denn die sind – neben Saï natürlich – der eigentliche Star des Films. Die gestochen scharfen, extrem plastischen 3D-Bilder des Überlebenskampfes in einer erbarmungslosen, unwirtlichen Natur sind bemerkenswert und versetzen den Zuschauer des Öfteren in ungläubiges Staunen. Die Kamera ist stets ganz dicht bei dem Äffchen, wie es die ihn umgebende exotische Landschaft erforscht, vorbei an meterhohen Riesen-Bäumen, kunterbunten Pflanzen und fremdartigen, wunderschönen Tieren. „Amazonia“ ist eine stark bebilderte, liebevolle Hommage an die Schönheit und Vergänglichkeit des Ökosystems Regenwald.
Diese Filmkritik schrieb unser Redakteur Björn Schneider.